Alles über die Baby-Boomer - okay Boomer?

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Vielleicht klappt es noch?
Die geprügelte Generation: Kochlöffel, Rohrstock und die Folgen | Ein eindringlicher Bericht aus den Kinderzimmern der Fünfziger- und Sechzigerjahre https://amzn.eu/d/5vSTCZA

»Ein dringend notwendiger Beitrag zur gegenwärtigen Erziehungsdebatte.« Sabine Bode, Autorin von »Die vergessene Generation«

Ein Großteil der deutschen Nachkriegskinder ist ins Leben hineingeprügelt worden. Doch wie konnte es sein, dass Schläge mit Teppichklopfer, Kochlöffel und Rohrstock in der Schule und zu Hause völlig üblich waren? Und was wurde aus diesen Kindern, die in der Gewissheit aufwuchsen: Ich bin ein Nichts, ich gehöre bestraft?

Ingrid Müller-Münch spürt diesen Fragen nach und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur gegenwärtigen Erziehungsdebatte.

»Dieses Buch war längst überfällig.« Günter Wallraff

In den Rezensionen des Buches schildern Leser ihre eigenen Erfahrungen
 
Danke für den Link mit den Rezensionen, @Fiona ... :)

Ich möchte kurz anmerken, ich persönlich wurde zum Glück nie geprügelt, aber mein Vater (1920 geboren) ist - bis ich das Abi machte (weil er es nicht hatte machen können) - regelmäßig wegen Nichtigkeiten völlig ausgetickt. Er hatte so einige beleidigende Worte für mich übrig und machte sich auch auf meine Kosten lustig.
Die Devise lautete in den ersten Jahren daher: lieb und folgsam sein, bloß nix falsch machen, bloß nicht auffallen.

Viel später erfuhr ich, dass mein Vater an meiner viel älteren (Halb)Schwester (Jahrgang 1946) aus seiner ersten Ehe zuweilen Hand anlegte. Er war hochgradig cholerisch - aber nur innerhalb der vier Wände!
Zu Gästen, die wir regelmäßig empfingen, war er dagegen überaus höflich und zuvorkommend. Kaum jemand ahnte, wie schnell er hochgehen konnte (außer seine Kollegen in der Arbeit, wie wir erst Jahre nach seinem Tod erfuhren).

Anders als meine Schwester, hatte ich also wahrlich Glück ...
Und es stellte sich (als ich erwachsen war) heraus, dass meine Mutter (1933 geb.) von den Schlägen bei meiner Schwester wusste (ob die häufig vorgekommen waren, kann ich nicht sagen, vielleicht gab es auch "nur" bei Wutanfällen im Affekt mal welche).
Und so habe sie meinem Vater wohl schon im Vorfeld meiner Geburt gedroht: Falls er mich auch nur ein einziges Mal anfassen sollte, würde sie ihm die Pfanne über den Schädel ziehen ...

Erziehungstechnisch wenigstens einen Elternteil auf meiner Seite zu haben, war also mein großes Glück, auch wenn meine Mutter seinen regelmäßigen Wutausbrüchen nichts entgegensetzte, und selbst auch so ihre Härten und Ansprüche an mich hatte.

Ach ja ... an einen Elternsprechtag erinnere ich mich noch gut ...
Wie alt war ich? 12, 13 Jahre? Also Anfang/Mitte der 1980er. Sprich, Prügelstrafe an Schulen war da ja schon längst Geschichte.
Da meinte mein Vater sehr höflich, aber in vollem Ernst zu einem meiner Lehrer: "Keine Sorge, ich stehe hinter Ihnen ... falls meine Tochter nicht spurt, dann hauen sie ihr einfach eine runter ..."
Der Lehrer schaute mich natürlich entsetzt an ... und ich meinen Vater. Dann klärte er meinen Vater erst mal darüber auf, dass es schon seit Jahren Lehrern untersagt war, bei Schülern Prügelstrafen zu verhängen.
Ganz was Neues für meinen Vater.
Er war fast schon entsetzt, dass es an Schulen keine körperliche Strafe mehr für Schüler gab ... 😂

Tja ...
 
Zuletzt bearbeitet:
Rückblickend denke ich nach wie vor, dass man ( die Boomer-Generation einschließlich mir) viel zu lange sich alleine gelassen gefühlt hat und glaubte: " das passiert nur mir". Das kann überwunden werden, indem die User aus jener Generation sich hier weiterhin austauschen.

Zusätzlich möchte ich anregen, dass jemand aus der X und
aus der Y Generation einen Thread aufmacht zum gleichen Zweck. Herauskristallisieren, welche Probleme
und Anforderungen es gab und damit nicht allein dazustehen kann helfen, sich endlich mal verstanden zu fühlen.
Auch , damit die ewige Suche nach Schuld aufhört.

Im besten Falle entwickeln sich dann Perspektiven
für künftige Gedanken und Verhalten.
 
Gute Idee, @Anderssein ... (y)

_____________________

Zu meinem Vater möchte ich noch eines ergänzen, weil ich natürlich nicht alles erzählt habe ...
... und es hier vermutlich auch nicht werde.

Er wurde mit zunehmendem Alter ruhiger und ich spürte in den letzten Jahren vor seinem Tod das, was man als "Altersmilde" bezeichnet. Natürlich ist er immer etwas schwierig geblieben, was letztlich meine (sehr starke) Mutter stoisch ertrug.
Aber ab etwa 70 Jahren ließen seine Ausbrüche deutlich nach.

Ein wichtiger Einschnitt für ihn war vermutlich auch die Tatsache, dass sich meine Mutter 1986 scheiden lassen wollte.
Damit hatte er überhaupt nicht gerechnet.
Und sehr hilfreich war damals vermutlich auch, dass er die Möglichkeit bekam, über seine Erlebnisse im KZ Auschwitz zu sprechen, das er in Deutschland als gebürtiger Oberschlesier stets vermied.
So nahm er Ende der 1980er erstmals und ab Anfang der 1990er regelmäßig an Treffen ehemaliger KZ-Häftlinge teil.
Die fanden damals in Polen (Oberschlesien) statt. Im Zuge dessen gab er auch mehrere Interviews und wurde an Schulen und anderen Einrichtungen als Zeitzeuge befragt. Kurz vor seinem Tod wurde in Polen auch eine Dokumentation gedreht.

Für mich waren seine Erzählungen zu seiner KZ-Inhaftierung (Juli 1940 bis Jan. 1942) letztlich ein großes Aha-Erlebnis.
Damit konnte ich ihn mit anderen Augen sehen, das, was ich als Kind mit ihm erlebte, langsam verarbeiten und ihm dann auch schließlich vergeben.
 
Gute Idee, @Anderssein ... (y)

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Zu meinem Vater möchte ich noch eines ergänzen, weil ich natürlich nicht alles erzählt habe ...
... und es hier vermutlich auch nicht werde.

Er wurde mit zunehmendem Alter ruhiger und ich spürte in den letzten Jahren vor seinem Tod das, was man als "Altersmilde" bezeichnet. Natürlich ist er immer etwas schwierig geblieben, was letztlich meine (sehr starke) Mutter stoisch ertrug.
Aber ab etwa 70 Jahren ließen seine Ausbrüche deutlich nach.

Ein wichtiger Einschnitt für ihn war vermutlich auch die Tatsache, dass sich meine Mutter 1986 scheiden lassen wollte.
Damit hatte er überhaupt nicht gerechnet.
Und sehr hilfreich war damals vermutlich auch, dass er die Möglichkeit bekam, über seine Erlebnisse im KZ Auschwitz zu sprechen, das er in Deutschland als gebürtiger Oberschlesier stets vermied.
So nahm er Ende der 1980er erstmals und ab Anfang der 1990er regelmäßig an Treffen ehemaliger KZ-Häftlinge teil.
Die fanden damals in Polen (Oberschlesien) statt. Im Zuge dessen gab er auch mehrere Interviews und wurde an Schulen und anderen Einrichtungen als Zeitzeuge befragt. Kurz vor seinem Tod wurde in Polen auch eine Dokumentation gedreht.

Für mich waren seine Erzählungen zu seiner KZ-Inhaftierung (Juli 1940 bis Jan. 1942) letztlich ein großes Aha-Erlebnis.
Damit konnte ich ihn mit anderen Augen sehen, das, was ich als Kind mit ihm erlebte, langsam verarbeiten und ihm dann auch schließlich vergeben.
Oh je.
Bei meinem Vater spürte ich die Altermilde erst am Sterbebett. Ganz leise flüsterte er mir noch Wichtiges für mein Leben ins Ohr, als sei er ein völlig anderer Mensch.
Er war zwar nicht im KZ, stand aber in Kriegsgefangenschaft 2 x vor dem Erschiessungs Komando.
Was er mir ins Ohr flüsterte, war wirklich wichtig und half mir bei Entscheidungen.
Meine Mutte war sehr enttäuscht von mirq, denn gleichzeitig bot sich mir die super Gelegenheit an, in eine Wohngemeinschaft zu ziehen. Hätte ich es nicht getan, wäre mein Zimmer schnell an jemand anderes gegangen.

Sie fühlte sich von mir im Stich gelassen und ich ging in meine Selbstständigkeit mit stark schlechtem Gewissen. Es nützte nichts, ihr zu sagen, dass mein Vater mir zu diesem Schritt geraten hatte. Sie meinte immer:"Niemals hätte er mir das gesagt", Die Folge war: Ich fühlte mich nun derart für ihr Leid, allein zu sein verantwortlich,
dass ich den Kontakt viel intensiver aufrecht hielt, als es für mein "erwachsen sein" gut tat.
 
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Sie fühlte sich von mir im Stich gelassen und ich ging in meine Selbstständigkeit mit stark schlechtem Gewissen. Es nützte nichts, ihr zu sagen, dass mein Vater mir zu diesem Schritt geraten hatte. Sie meinte immer:"Niemals hätte er mir das gesagt", Die Folge war: Ich fühlte mich nun derart für ihr Leid, allein zu sein verantwortlich,
dass ich den Kontakt viel intensiver aufrecht hielt, als es für mein "erwachsen sein" gut tat.
Das ist heftig ... 🙁

Meine Mutter war zum Glück bis zu ihrem Tod gut eingebettet in ihrem Freundeskreis.
Sie war es ja schon gewohnt, dass ich 200 km von ihr weg einen Vollzeit-Job, schwierigen Partner und Kind hatte.
Also sahen wir uns nicht so oft.
Erst nach unserem Rückzug nach Baden-Württemberg und meiner Trennung vom Partner gab es wieder engeren Kontakt.
 
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