Ohne Zweifel gibt es Menschen, die durch die Rolle ihrer Eltern traumatische Erfahrungen gemacht haben. Das betrifft nicht einmal eine bestimmte Generation, sondern ziemlich viele Menschen. Es gibt Autoren die behaupten, dass jeder Mensch traumatisiert sei - von Geburt an. Weil allein das Geborenwerden (egal ob natürliche Geburt oder Kaiserschnitt) für das Baby traumatisierend sein soll. Und darunter verstehen sie dann nicht etwa ein kurzzeitiges Trauma - sondern eines, dass später aktiv bearbeitet werden müsse. So wird z.B. empfohlen, in insbesondere "Kaiserschnitt-Babys" später durch einen engen Spielzeugtunnel krabbeln zu lassen, um ihre Geburt "noch einmal, aber angstfrei" zu erleben und die folgenden Szenen aus der Klinik "nachzuspielen".Wir haben fast alle was abgekriegt, und wir haben keine Schuld (!!!) an unseren Traumata und den Folgen und Schwierigkeiten, die wir dadurch tragen müssen. Wir können nur versuchen, liebevoll mit uns umzugehen und uns nach und nach die Menschen, Orte und Dinge (z.B. gute Literatur zu Trauma-Bewältigung) zu suchen, durch die wir heilen können.
Je nachdem, wie man den Traumabegriff auflegt, sollen bis zu neunzig Prozent der Menschen traumatisiert sein. Das finde ich reichlich hochgegriffen, denn auch wenn fast jeder Mensch mal traumatische Erfahrungen macht, sind doch die wenigsten dauerhaft traumatisiert.
Sehr kritisch sehe ich auch Lektüre zu dem Thema. Bücher im Stil von "Behandle Dein inneres Kind", "Du bist dein bestes Date" usw. suggerieren das es da etwas Bahnbrechendes geben würde, worauf man im Alltag nicht kommt. Tatsächlich kommen da dann aber Binsenweisheiten, z.B. möge man im Wald tief durchatmen, langsam ein Stück Kuchen genießen oder eine Katze bewusst streicheln.
Je nach Autor geht das immer abgehobener, bis hin zu einer Rosine, die man vor dem Schlucken 30 Sekunden kauen soll, um sich der zunehmenden Süße bewusst zu werden...
Wer sich wegen Depressionen oder Traumata schlecht fühlt, dem würde ich sofort raten, sich fachliche Hilfe zu suchen, dabei aber sehr aufzupassen: Es gibt viele schwarze Schafe, also bestenfalls mit Schmalspurausbildung, in der Branche.