Die BESTE Aussage des ganzen threads (dein ganzer letzter post)
zu obigem Satz von dir:
Genau darauf bin ich bei uns auch irgendwann gestoßen, meine Jüngere war auch schon im Kindergartenalter "auffällig" oder "anders"...in Teilbereichen wie Konzentration, Geduld, Frusttoleranz, Zornschwelle, Bewegungsdrang (stillsitzen & Co.), Risikobereitschaft, Bewußtsein für Gefahren, Reaktion auf Planänderungen usw... zusätzlich zu vielen körperlichen Problematiken ... dabei aber blitzgescheit und die ersten 3 Jahre noch sehr oft fröhlich... und dann kam der Kindergarten dazu... je mehr Menschen sie kennenlernte und je mehr sie auf "nicht so nette" stieß, desto problematischer wurde es... mein Kind immer schwieriger und auf- und ausfallender...
Ach Gott, was hat die Schulmedizin nicht alles versucht... und man (als Mutter) möchte, daß das Kind gesund wird... Krankenhäuser und Fachärzte, ich war da teils so oft, daß ich eigentlich Nebenkosten anteilig hätte zahlen müssen... sogar auf Mucoviszidose wurde sie zweimal getestet... ich könnte ein Buch schreiben, was ich in Krankenhäusern und bei manchen Ärzten erlebte, unfaßbar manchmal...das war VOR dem ersten ADHS-Verdacht... bis ca. 5. Lj. ...
Das erste Mal stutzig, ob das wohl alles so das Gelbe vom Ei sei mit Schulmedizin, wurde ich...wegen der Verstopfung... nach dem zweiten KH-Aufenthalt wegen drohendem Darmverschluß und Darmräumung mit Hilfsmitteln (nach 1,5 Jahren Quälerei für das Kind mit Stuhlweichmachern und Co...und den Versuchen das abzusetzen wegen der Peristaltik und der daran beteiligten Muskeln... ging ich auf eigene Kosten zu einer Heilpraktikerin/Osteopathin... tja, was soll ich sagen? 4 Wochen behandelt, WEG... hat mich mal eben 150 Euro gekostet incl. Medis und osteopathischer Behandlung... für mich sehr viel...
Ich kam teils seeehr an meine Grenzen bei meinem Kind... in fast jeder Richtung...
Ich beschäftigte mich also (ungern aber vorbeugend) auch intensiv mit ADHS, Ritalin, und den Gegenstimmen...
da mir früh klar war, spätestens wenn sie in die Schule kommt, wird das unweigerlich nach ca. 6 Monaten das erste Mal aufs Elterngesprächsparkett in der Schule geschmissen... also bereitete ich mich vor...
Je mehr ich mich damit beschäftigte, desto klarer wurde mir:
Wenn du sie auf eine "normale" Schule schickst, geht das "schief", als Alleinerziehende haste heutzutage schneller das Jugendamt inne Bude sitzen, als du gemeinhin annehmen würdest (aber das führt mal wieder thematisch zu weit weg... ) Ich wußte jedenfalls, daß ich spätestens nach nem halben Jahr Grundschule Ansagen bekommen hätte von "ADHS, Ritalin, vielleicht sogar hin bis zu "verhaltensauffällig, schwer erziehbar"
Die bringt sich das knochenhart und fängt im Unterrricht an zu singen oder tanzen, bzw. träumt aus dem Fenster und setzt sich auch nicht da hin und löst mal eben 10 Rechenaufgaben, wenn sie dazu grad keinen Bock hat, bzw. wenn man sie ZWINGEN will, etwas zu tun... sie ist nämlich äußerst empfindsam (so will es mal nennen) was die Art und Weise angeht, WIE man ihr sowas vermittelt... die spürt die unterschwelligen Gefühle ihrer Umwelt oft derart haarfein raus, daß sie sofort instinktiv weiß, ob etwas zum Beispiel abfällig gemeint ist, ob man ihr nicht glaubt, oder genervt ist...usw usw... und sie hat Phantasie und erfindet Geschichten, daß dir der Mund offen stehen bleibt... nicht selten werden Situationen von ihr für andere unverständlich überbewertet und hoch geputscht bis hin zur Tobsuchtsanfällen... wer das noch nicht selber erlebt hat, der weiß vermutlich nicht wirklich wovon ich da rede...

(dabei dann selber noch ruhig zu bleiben, ist hartes Training, aber hallo...hast du selber nen echt schlechten Tag, oha... )
Dafür kommt sie auf anderen Ebenen mit Kloppern um die Ecke, daß einem die Kinnlade nach unten klappt... kleines Beispiel zum Grinsen (7 Jahre alt):
Mama, komm mal gucken, was ich im Bad entdeckt habe. Ich gehe mit und sie stellt sich auf den Hocker zwischen die 2 Spiegel, die sich genau gegenüber hängen, damit man sich auch von hinten sehen kann... guckt sie da rein, wo sich also die Spiegel spiegeln und meint
Guck mal, ich hab die Unendlichkeit entdeckt... Ich gebe zu, ich war einen kleinen Moment echt sprachlos, hab dann genickt und meinte
Ja, ich denke, da hast du irgendwie recht, super erkannt, du bist echt schlau ...
Frag sie als Lehrer in einem scharfen Ton:
"****, würdest du jetzt BITTE die Aufgaben rechnen?" Klare Antwort von meiner Tochter: "NÖ, hab ich jetzt echt keine Lust zu, ich würde grad viel lieber..." Ich muß die Situation in der Schule sicher nicht weiterspinnen, wie das, je nach Lehrer dann aussieht? Brüll sie an und du erlebst u.U. einen wahren Alptraum an "feedback", wie sie DAS findet... und ihr Wortschatz war schon mit 12 Monaten sehr beachtlich... oder sie stellt auf stur und verweigert komplett... und dabei hätte es einfach gereicht, ihr ruhig, freundlich und bestimmt zu sagen: "
Setz dich **** und rechne bitte dein Blatt"
Was hab ich also nach meiner Beschäftigung mit dem Thema gemacht? na klar, der Fisch fängt bekanntlich am Kopf an zu stinken, also bin ICH erstmal schön in Therapie gegangen, bzw. wir gingen beide parallel... 8 Wochen Reha in einer Mutter-Kind-Klinik für Traumatologie u.a. gingen dem voraus... was ich da gelernt habe, war zum Einen sehr erhellend für mich selber und zum Anderen eine Riesenerleichterung im Umgang mit meinem "etwas anstrengendem" Kind, obendrein wenn man alles alleine stemmt...und selber ja auch nicht ohne Folgeschäden durchs bisherige Leben ging...
Aber da war immer noch das Problem mit der Schule, von dem ich ja wußte, daß da definitv eins auf uns zukommt...also habe ich mich nach Alternativen umgesehen... und fand eine Waldorf-schule im Nachbarort, die ein ganz anderes Lernkonzept, pädagogisches Vorgehen, usw. haben... sowie auch gerade in den ersten Jahren ganz andere Dinge in den Fokus stellen: nämlich Erdung, Gleichgewicht von Körper und Seele, Lernen wie man GERNE lernt, eine soziale Gemeinschaft werden und ZUSAMMEN arbeiten und sich gegenseitig dabei unterstützen, Musik, Werken, Handarbeiten, Eurhythmie, Sport, Gartenarbeit, Kunst, Formen, ein großer Unterrichtsbereich der ersten Jahre: Ackerbau, Selbstversorgung usw... viel an die frische Luft, die mußten selber einen Pflug zum Umgraben ziehen und solche Sachen...
die ersten beiden Schuljahre heißt das "bewegliches Klassenzimmer" keine Stühle und Tische... sondern Kissen auf dem Boden, Kletterparcours genauso wie Kuschelecke in der Klasse... und wenn ein Kind grad am Anfang mal keine Lust auf Buchstaben hat, und lieber Klettern möchte oder müde ist und sich hinlegen möchte? wo ist das Problem? Das beteiligt sich aus Neugier, was die andern da machen, von selber bald wieder... SPIELERISCH fangen die an mit Lernen... ab der dritten Klasse gehen sie für anfangs eine Schulstunde pro Tag in einen Raum mit Tischen und Stühlen, das wird gesteigert... ... in der vierten Klasse gehts es erstmals in die 1 Etage in ein "echtes" Klassenzimmer... zwischendurch geht es jetzt stundenweise in den alten Klassenraum zum Klettern... langsam "runterdosieren"

Dabei darf man nicht denken, daß es dort keine Regeln gäbe, die nicht auch konsequent durchgesetzt werden, aber die sind logisch und sinnvoll und die Kinder bekommen erklärt, warum dies oder das so sein muss und können das gegebenenfalls sogar diskutieren, aber da müssen sie schon sehr überzeugend sein... *gg* ... aber: sie merken dabei, daß sie ernstgenommen werden! Finde ich ganz wichtig!
Die Stärken und Schwächen werden bei den Kindern erstmal lange lokalisiert, die Unterstufe ist erst in der 6. Klasse beendet und erst dann wird entschieden, in welche Richtung das Kind sich orientieren könnte... und es entscheidet das mit 12 maßgeblich MIT, dort wird der Kindeswille tatsächlich ernster genommen als so mancher andere Wille... *gg* genauso wie die ELTERN an der Schule das Sagen haben... und auch eigene Projekte dort anstoßen und mit Schülern durchführen können, wie unsere Imkerei, Schreinerei, Schmiede... u.v.m. dafür haben sie "erst" nach 13 Jahren Abitur... Dinge wie Notendruck, Leistung bringen und sich dafür mal richtig abstrampeln, damit fängt man gaaanz langsam in der 6. Klasse an und dieser Druck und Streß wird dann langsam erhöht... sie MÜSSEN ja leider lernen damit umzugehen, spätestens in der Arbeitswelt ist Schluß mit Lustig... aaaaber sie bekommen vorher erklärt, warum dies leider nötig ist und wissen WARUM und WOFÜR sie sich abstrampeln... ich war manchmal baff, wie selbstsicher und locker viele der Kinder an dieser Schule teils schon in der 7. Klasse sind, die eigenverantwortlich und organisatorisch ganze Teile von Schulfesten planen und durchführen... beeindruckend...
Was soll ich noch erzählen, ICH habe gelernt, mit einem "besonderen" Kind anders und besser umzugehen, daß sie sehr viel unterschiedliche Beschäftigung und Bewegung benötigt (und lerne und wachse hoffentlich noch weiter dabei mit) sie dankt es damit, daß sie langsam aber fortschreitend ruhiger und selbstbewußter wird oder selber dazulernt sich zu kontrollieren aber sich dabei nicht zu verlieren, also sich selber zu reflektieren... was zu einem nicht unerheblichen Teil AUCH an einem menschlich und fachlich hervorragenden Klassenlehrer liegt, der an einer andersartigen, alternativen Schule unterrichtet, Göttin sei Dank wird sie diesen ja 8 Jahre behalten... er begleitet also auch die ersten beiden Jahre der Oberstufe mit dem beginnenden Leistungsdruck noch mit... was ich sehr genial finde... denn DRUCK mag mein Kind so garnicht... ich bin immer noch manchmal erstaunt, wie gut sie sich von diesen Lehrern dort anleiten läßt und mir fällt auf, daß die Kinder trotz Autorität ihre Lehrer lieben, weil sie sich von ihnen respektiert, angenommen und ernstgenommen fühlen und DAS ist Grund, warum Waldorfschulen oft als "eingeschworene Gemeinde" gelten... der Zusammenhalt, Respekt und die Loyalität unter Lehrern, Schülern und Eltern ist dort sehr groß... auch wenn sicher nicht alles und jeder dort perfekt oder sympatisch ist...
Sie braucht Geduld, Zeit, Konsequenz, ruhige und vor allem klar verständliche Ansagen, individuelle Erfolgserlebnisse, wo SIE ihre Stärken hat und nicht dort, wo ein Lehrer meint, daß sie die dort haben MUSS... und diese Freiheit wird ihr dort gewährt, weil der Lehrer sich INTENSIVST aus Überzeugung und Freude an seinem Lehrauftrag mit jedem einzelnen Kind (und seiner Familie) beschäftigt...auffallend viele Lehrer dort sind so... muß wohl an einer 5-jährigen Zusatzausbildung liegen, die sie alle absolvieren müssen und in der sie lernen, daß sie keine leeren Gefäße mit irgendwas vollzustopfen haben, sondern daß jedes Kind individuell anders ist und mit Respekt SEINE Stärken entdecken und entwickeln darf und durchaus anders sein darf, gepaart mit dem Fokus auf andere wichtigere Unterrrichtsinhalte und Regeln als die gängigen Schulen insbesondere in den ersten Schuljahren...
An dieser Schule ist übrigens merkwürdigerweise kein einziges Kind, das Ritalin bekommt und es gab in den 30 Jahren Geschichte ganze drei Schulverweise, wo sie letztendlich irgendwann kapituliert haben... guter Schnitt, wie ich finde... es gibt allerdings einige Schüler, denen der Druck in der Oberstufe doch irgendwann zu hart wird, die zum Gymnasium wechseln und dort dann auffallend locker durch die Oberstufe gehen wie ein heißes Messer durch ein Stück Butter...
womit ich erneut bei deinem Zitat ankomme
@NuzuBesuch
Ja, wir müssten das System an die Kinder anpassen... und ihnen dann vielleicht auch mal tatsächlich Selbstbestimmungs-Rechte einräumen... definitiv! Und könnten dabei als Gesellschaft viel mehr lernen und wachsen... als wir das mit unserem starren System jemals könnten... Kinder waren noch nie so unfrei in userer ach-so-angeblich-freien Gesellschaft wie heute... sich mit vielen Nachbarskindern treffen und auf der Straße Fußball, Verstecken, Gummi-twist oder Räuber und Gendarme spielen? Gibts kaum noch, Mama macht Termine und taktet die Woche durch, sie fährt die Kinder auch überall hin. Weitere Strecken mit einer Gruppe Kinder zum Sportverein latschen bei Wind und Wetter? Im Wald Buden oder Dämme bauen? Ist verboten. Mit 10 Kindern zur Teufelswiese, alle mit Schlitten bewaffnet, klitschnaß und durchgefroren nach Hause kommen? Undenkbar... usw...usw... DAS ist die Ursache für die meisten der ADHS-Diagnosen... davon bin ich persönlich überzeugt... wobei ich "echtes" ADHS nicht komplett ausschließen will, trotzdem einer so starken Medikamentierung wohl in 98 % aller Fälle ablehnend gegenüber stehen würde...
Der andere Weg kostet unendlich Kraft, Zeit und Nerven und obendrein noch Geld... etwas, das wohl viele Eltern, selbst wenn sie zu zweit sind, kaum noch zur Verfügung haben oder in anderen Fällen tatsächlich nicht bereit sind zu investieren... das gibt es sicherlich auch... und natürlich die vielen vielen Eltern, die von Schulmedizin, Obrigkeits-Glaube, Wissenschafts- und Fachleutengläubigkeit, Medien usw... eine Erklärung und Lösung bekommen, die sie schlicht glauben, u.a. weil es für viele unvorstellbar ist, daß jemand Kindern aus Eigennutz wissentlich in großem Stil schaden würde... und das ist leider schon direkt der erste Denk-Fehler...in einer LEISTUNGS-gesellschaft, wo fast NICHTS anderes mehr zählt oder gar erwünscht ist, als zu funktionieren und das möglichst produktiv, angepaßt und systemkonform bitte... und ja nicht unbequem werden... oder gar unangenehme Wahrheiten oder Blickwinkel aussprechend... Individualität, Freiheitsdenken und Selbstbewußtsein steht in einer solchen Leistungs-Gesellschaft nicht grad oben auf der Wunschliste der erwünschten Eigenschaften... egal wie oft sie das dick und fett als Köder oben drüber schreiben, ich schlucke diese falsche Fliege sicher nicht...
Oder anders ausgedrückt: wer nicht studiert hat, keinen wissenschaftlich akademischen Titel vorweisen kann, der KANN ja nicht recht haben, wenn Fachleute was anderes sagen... dabei bin ich schon an so viele Fach_idioten geraten, daß es erschreckend gruselig ist...und JA, ich maße mir tatsächlich manchmal an, es dann besser zu wissen als ein Herr Dr. oder Prof. Sowieso oder auch nur der sog. Sachbearbeiter... und wurde oft genug dann darin bestätigt, sehr zu deren Ärger... und ich kann auch sehr gut damit leben, wenn manch einer mich deswegen für einen Klugscheißer hält, ich bin aus dem Alter raus, wo mich belastet, was andere über mich denken... was nicht heißt, daß es mich nie interessiert... ich lasse meinerseits gerne jedem Anderen ebenfalls seine eigenen Wahrheiten und die daraus resultierenden Entscheidungen und Handlungen... so wie ich das für mich in Anspruch nehme... was beinhaltet u.U. ruhig auch mal falsch gelegen zu haben... diesen Luxus gönne ich mir einfach...
In diesem Sinne, eine noch erquickliche Nacht in die Runde wünschend
Luckysun