Hi Gen Fu!
Ja, wenn man zum Thema Zeit kommt wird einem klar, das man eigentlich gar nichts weiß. Denn ohne Zeit zu verstehen kann man die Realität nicht verstehen, also den Gesamtablauf. Und ich frage mich, ob man mehr haben kann als bloß Theorien.
Allerdings... und das ist etwas wo es sich lohnt das zu verstehen:
Angenommen, es gibt absolut keine Objektivität, angenommen alles ist auf einer Basis aufgebaut die so unendlich frei ist, das alles sein kann... jeder Gedanke, jede Idee... Das hieße: Man wird niemals eine objektive Wahrheit finden können, keine objektive Erklärung, außer wiederum der, das man mit der eigenen subjektiven Ansicht durchaus richtig liegt. Und zwar obwohl sie anderen wiederspricht. Unter Strich steht: Es ist so wie Du denkst. Jeweils genau J e t z t. (Der zweite Satz ist wichtig... ).
Worum es mir daher geht ist, das ich eine Art Konzept entwickle, das an der Realität gemessen sowohl funktioniert, wie auch von Vorteil ist. Ich meine, es ist leicht ein begrenzendes Konzept zu entwickeln, eine Theorie aufzustellen "Es ist so und so, weil..." Aber an einen Punkt zu kommen an den man will, weil man verstanden hat das es möglich ist und auch wie... das ist m.A.n. Sinn der Sache. Und wenn diese Basis aus Freiheit Wirklichkeit ist, dann bedeutet das auch: Die Begrenzung die man erfährt ist sowohl der momentan wahre Status Quo, wie auch etwas das überwunden werden kann. Das Mittel dazu müsste das Denken selbst sein. Oder auch "Nicht-Denken" bzw. "richtig-denken".
Aber, das nur eher allgemein. Hat aber auch viel mit Zeit zu tun. Ich habe ja versucht meine Theorie zu erklären was Zeit betrifft... und die Frage an der ich da sitze ist: Was entscheidet, wie ein Moment-Zustand zum anderen wird? Wobei auch die Antwort auf diese Frage wäre: Es ist wie man denkt/glaubt. Das ist im Grunde wirklich eine interessante Theorie, weil sie alles im Paradoxen auflöst.
Aber auch hier taucht ein kleines Problem auf ? Sind wir wirklich dieselbe Person (dasselbe Geschöpf), oder nehmen wir es nur aufgrund unserer permanenten Identität so wahr ? Gibt es möglicherweise kein permanentes Ich, sondern vielmehr ein Fluss, ein unendlicher Wandel von Energien ?
Das eine schließt das andere nicht aus. Objektiv gesehen kann es durchaus sein, das wir sozusagen in jedem Moment ein "anderer Gedanke" sind, ein vollkommen neues Bewusstsein... aber dessen Ausdruck, die Aussage "Ich bin Gen Fu/Condemn/Jesus" ist immer dieselbe. Wie bei meinem "Bilder-Beispiel"... Es ist für jeden Moment ein absolut neues und einzigartiges Bild... aber im Inhalt ist es mit den anderen verbunden.
Es ist aber auch denkbar, das sich das Bewusstsein sozusagen hierarchisch aufteilt. Vom Absoluten aus immer weiter unterteilt.... das "Ich" ist dann eine Art Basisbewusstsein der Persönlichkeit, das sich mit den gewissen Eigenschaften die sie unverwechselbar machen identifiziert, sie ausagiert usw. Ich stelle mir das ein bisschen so vor wie eine Sonne ("Ich") um die Planeten kreisen (Eigenschaften, Identifikationen). Aber: Auch das "Ich" ist nicht das was wahrnimmt... es ist ebenfalls etwas das wahrgenommen wird und durch den Ablauf wird die Illusion erzeugt, es sei sozusagen der Mittelpunkt.
Das ist wirklich ein sehr paradoxes Thema.. Denn es wäre gleichzeitig "hierarchisch" wie auch parallel. Das "ICH" stünde sozusagen über den Eigenschaften (Gedanken mit denen es identifiziert ist)... gleichzeitig ist es aber auch "nur" ein paralleler Gedanke... selbst eine Art Eigenschaft des nächst Höheren.
Was ich denke ist, dass das Zeitgefühl etwas mit der Identität zu tun hat. Tiere haben keine permanente Identität, heißt das sie verstehen nicht was Vergangenheit ist ? Das hängt wahrscheinlich auch von dem Tier ab. Ich meine primitivere Lebensformen, wie Insekten usw. Erleben Diese überhaupt so etwas wie Zeit ?
Ich weiß nicht, ob es bei Tieren so ist. Erinnerung gibt es da schon auch glaube ich. Aber: Das Zeitgefühl etwas mit Identität zu tun hat... davon bin ich überzeugt. Unsere Identität ist durch die Vergangenheit geprägt. Und das ist ein sehr interessanter Effekt, wenn man das mal in sich selbst untersucht... Nimm mal das Beispiel eines Problems. Irgendetwas das Dich belastet. Wenn Du Dich jetzt fragst, wie groß Deine Hoffnung ist es sehr sehr schnell und problemlos in den Griff zu bekommen, wirst Du feststellen das sie nicht sehr groß ist. Sonst wäre es kein Problem das Dich belastet. Aber warum ist sie es nicht? Wäre man hoffnungslos, wenn es kein Wissen aus der Vergangenheit gäbe? Ich denke nicht. Gleichzeitig ist es aber so, das man es nicht abrufen muss, sich nicht vor Augen führen muss, damit es sozusagen im Hintergrund eine Wirkung erzeugt. Damit will ich sagen: Wir machen über die Zeit hinweg Erfahrungen. Sie sind in irgendeiner Form gespeichert... und egal ob man sie sich direkt vor Augen führt, also konkret erinnert, oder ob man die Aufmerksamkeit vollkommen auf den gegenwärtigen Moment richtet: Die Vergangenheit bleibt wie eine Art Schatten im Hintergrund... und im negativen Fall ist es ein belastender Schatten der z.B. hoffnungslos macht.
Was ich denke ist: Alles was man erlebt und was in irgendeiner Weise unausgewogen ist, womit ich meine: Man sieht/sah es als Ursache für Freude oder Leid an, speichert sich sozusagen als eine Art Muster. Es ist als Gedanke und Erinnerung abrufbar, aber auch wenn das nicht geschieht ist es für das Jetzt prägend. Und insofern bestehen wir, unsere Identität, meiner Ansicht nach aus allem was in der Vergangenheit nicht ausagiert wurde. Im negativen Fall ist es belastend, im positiven Fall sieht es positiv aus, ist aber dennoch eine Identifikation und eine Art Kompensation... Also etwa "Ich bin der weltbeste Pianist, ich habe mit 4 Jahren angefangen und schon hunderte großer Konzerte gegeben, und ohne das wäre ich gar nichts."
Das sieht einerseits positiv aus, andererseits ist es wiederum etwas das unausgewogen ist, denn ohne diese Fähigkeit wäre da Leid. Und ich glaube, das wir daher alles aus der Vergangenheit mitnehmen, dem wir Ursächlichkeit zuschreiben, irgendeine Form der Macht über einen. Und so kommt es dann auch, das wir einen klaren roten Faden erfahren... denn wir projezieren sozusagen die Vergangenheit in die Zukunft. Wir können gar nicht anders. Ich kann nicht Jahre lang von Frauen enttäuscht werden und dann auf einen Schlag vollkommen zuversichtlich und unbelastet auf eine zugehen. Oder Jahre lang von den Eltern oder irgendwem erzählt bekommen man sei dumm oder bei irgendetwas unfähig, und ohne diese Prägung das betreffende Thema in der Zukunft erfahren. Erst muss der Ausgleich stattfinden.
Übrigens sagt S.N.Maharaj (ein "Erleuchteter") von sich, er habe keine Vergangenheit. Natürlich kann er sich als Person an ein Früher erinnern. Aber er bildet keine neuen prägenden Erinnerungen. In jedem Moment ist für ihn alles vollkommen ausgeglichen, ohne Konflikt, daher ohne irgendein Bedürfnis für die Zukunft. Denn das ist ja auch etwas, das Zeit erzeugt: Angenommen Du hast einen Streit und erfährst eine krasse Demütigung. Dann strebt etwas in Dir massiv nach Ausgleich. Das kann Rache sein, das kann irgendetwas sein um Deinen Stolz wieder herzustellen usw. Überall da, wo wir die Tendenz haben besser sein zu wollen, oder herausragend, es gerne mal allen beweisen zu wollen, ist die Ursache dafür eine Form der Demütigung die nach Ausgleich sucht.
Wenn wir keine zeitlich-überdauernde Identität hätten, könnten wir unsere Erlebnisse gar nicht zuordnen, weil wir kein Bezugssystem hätten.
Ich würde also so weit gehen, zu sagen dass wir nur deswegen selbstbezogene Erinnerungen haben, weil wir eine feste Identität bestitzen. Zeit ist dementsprechend ein relatives Maß, abhängig von unserem persönlichen Ich. Ich möchte zwar den Menschen nicht überschätzen, aber in der Tat hat nur er ein reflektiertes I (Ich), genau aus diesem Grund ist er auch dazu imstande Erinnerungen zu überdenken.
Die Frage ist da ein bisschen, für wie objektiv hält man die Wahrnehmung... "WIE" man etwas wahrnimmt? Wenn man sagt das sie entscheidend sei, dann kann man auch definitiv sagen, das wir eine Zeitüberdauernde Identität haben. Würde man sich fragen, ob da etwas wirklich über Zeit hinweg objektiv existiert... dann muss das nicht so sein.
Stell es Dir mal so vor:
Denk Dir mal ein leeres Buch. Und ich schreibe jetzt auf die erste Seite die Charakterisierung einer Person und deren Handlung für einen MOment. Auf die nächste Seite beschreibe ich dieselbe Persönlichkeit, aber in einem neuen Moment... andere Handlung, andere Umstände... Es ist dieselbe Persönlichkeit die zwei verschiedene Zeitmomente erfährt. Aber: Sie ist es nur vom Inhalt her. Das, woraus sie "gemacht" ist... sowohl die Buchstaben, Worte, wie auch das Papier auf denen sie stehen sind immer wieder neu. Und wenn man das auf Bewusstsein übersetzt: Denk Dir ein unendliches Bewusstsein... ein "Meer aus Sein"... wie ein großer Raum für alle Arten von Gedanken. Und in diesem Raum existiert nun mehrere Millionen mal der Gedanke "Ich bin GenFu"... und jeder dieser Millionen Einzelgedanken verbindet sich mit anderen Gedanken, die mehr oder weniger einzigartig sind, so dass sich aus ganz vielen Einzelstücken eine gesamte Lebensgeschichte zusammensetzt, eine scheinbar stabile und zeitüberdauernde Persönlichkeit, während in Wirklichkeit jeder Moment vollkommen neu ist. Sowohl jede einzelne Wahrnehmung, wie auch der scheinbar immer gleiche Basis-Ich-bin-Gedanke....
Nur: Ich finde das solche Überlegungen nicht so wichtig sind. Ich sehe die Priorität eher darin wie man es wahrnimmt. Ob etwas in jedem Moment objektiv vollkommen neu ist, vom Inhalt her aber zeitlichen Bezug hat und als zeitüberdauernd wahrgenommen wird, oder ob etwas tatsächlich jetzt erscheint... eine gewisse Zeit überdauert... und dann wieder vergeht... das finde ich nicht so entscheidend. Allerdings tendiere ich persönlich zur ersten Theorie und glaube, das objektiv gesehen jeder Moment brandneu ist. Das um einen herum, genau wie man selbst, nichts existiert das überhaupt mit Zeit in Verbindung gebracht werden könnte. In der Gesamtsumme entsteht aber genau dieser Eindruck.
Warum mir das gerade einfällt ? Weil ich in meiner Vergangenheit etwas gewühlt habe. Es ist tatsächlich so, dass Fotos, Aufnahmen usw. so erlebt werden können, als hätte es nie eine Spanne zwischen diesen und den damaligen Momenten gegeben. Gegenwart und Vergangenheit verschmelzen, und es ist irgendwie so, als ob es keinen wirklichen Unterschied darin gäbe. Alte Gefühle werden wach, längst vergrabene Eindrücke kommen wieder hoch, als wäre nie Zeit dazwischen gewesen.
Ja... ich glaube wie gesagt, das wir gewisse Muster fortsetzen bis sie aufgelöst werden. Du wirst feststellen, das Du Dich perfekt an alles erinnern kannst das für Dich große Bedeutung hatte, unbedeutendes vergißt Du unglaublich schnell. Bedeutung wiederum hat für Dich, was für Dich eng mit dem Thema Freude und Leid zusammenhängt... Alles was für Dich ursächlich zu sein scheint, sozusagen Macht über Dich hat. Im Grunde liegt darin auch ein Irrtum... Denn all dem, dem Du Ursächlichkeit zuschreibst, schreibst Du auch "Nicht-Ich" und Andersartigkeit zu. Wir erkennen bei nichts die Wirklichkeit der Existenz, sondern immer nur unsere Interpretation. Und erst wenn man die Interpretation einer Wahrnehmung deren Wirklichkeit (Bewusstsein wie man selbst... ohne Aussage) annähert, wird es sozusagen verinnerlicht und verschwindet aus der Wahrnehmung. Denn man nimmt immer nur das Unausgewogene wahr.
Was würdest du dazu sagen, siehst du auch einen Zusammenhang zwischen Identität und Zeit ? Ich glaube zu wissen, dass es zumindest in die richtige Richtung geht.
Ja... definitiv. Ich denke, ohne Zeit (auch wenn sie objektiv nicht existiert, wovon ich ausgehe) keine individuelle Identität. Eine Art von Existenz mit Sicherheit und diese Existenz ist wohl auch eher Wirklichkeit zu nennen als das was wir hier wirklich und "Ich" und Identität nennen. Aber Persönlichkeit, Erfahrungen, Individualität... das braucht definitiv Zeit.
VG,
C.