Hallo Walden,
freut mich, daß ich das Problem dann doch noch einigermassen erkannt habe.
Und sorry, wenn es etwas wirr war - ist schwer in Worte zu fassen und wann redet man schon mal darüber. Ich wenigstens so gut wie nie. Also kann ich doch noch ein bisschen...
Oha Trixie,
ich muss das von dir Geschriebene wohl noch ein paar mal lesen, um es richtig zu erfassen.
Aber gefühlsmässig ist es eben das, wovon die alte Dame sprach und auch in der Wohnung des Mannes hab ich eben das Gefühl, dass da was ist, was ich nicht ganz einordnen kann bzw. womit ich nicht umgehen kann.
Die Dame erklärte mir auch, dass es bei demenzkranken Menschen meist genau so abläuft, wobei ich mit demenzkranken Menschen gut umgehen kann und da das Problem nie hatte. Ich arbeit mit dem Konzept der Validation nach Feil und hab da immer das Gefühl, dass ich bei dem betroffenen Menschen ankomm.
Bei Demenz"kranken" erkenne ich es auch anders, genau wie Du. Ganz anders als bei einem Schock findet bei der Demenz das Vergessen nicht schlagartig statt, sondern dynamisch. Die Seelenenergie hat also auch nicht die Veranlassung, den Geist vor der Wahrnehmung der Erkrankung zu schützen. Ich kann mir aber vorstellen, daß man als Ärztin, wenn man nur kurz oder sporadisch und nicht alltäglich Kontakt mit Demenzkranken hat, den Eindruck bekommt, daß die Seele den Geist und den Körper verlasse. Ich dagegen habe aus der pflegerischen Erfahrung eher den Eindruck, daß die Demenzkranken durch das Vergessen ihrer Biographie und der sich daraus entwickelnden persönlichen Eigenschaften im Grunde eher zu sich selber (und damit zum Kern ihrer Seele) zurückfinden. Je tiefer der Mensch im Vergessen ist, umso leichter fällt mir persönlich der Eindruck, in Kontakt zu kommen. Das Wort ist dann kein Hinderungsgrund mehr, sondern wird zum Türöffner. Und entscheidend ist letztlich das gemeinsame Gefühl. Das Bewusstsein bleibt bei der Demenz erhalten, was aber geht ist die Bewusst-"heit" für das Reale. Nicht mehr und nicht weniger.
Ganz anders bei Unfalltraumata. Hier geht das Bewusstsein schlagartig verloren, der Mensch wird ja bewusstlos, so daß weder Quantität noch Qualität des Bewusstseins mehr von aussen feststellbar vorhanden ist. Das Ziel dieser Reaktion auf das Trauma ist das Nicht-Wahrnehmen des tatsächlichen Geschehens.
Nun haben wir ja aber in unserem Organismus keinen Bestandteil, der zum Nicht-Wahrnehmen in der Lage ist. Alles was wir haben sind Sinnesorgane und ein die Reize verarbeitendes Gehirn, mit dem Ziel der Wahrnehmung.
So erkläre ich es mir, daß diese "Lücke" der Bewusstlosigkeit vom Organismus nicht verstanden werden kann. Das Bewusstsein wird also im Zuge der Genesung in sich selber suchen, wo das schlagartig Vergessene vorhanden sein könnte. Jede Amnesie will ja wieder gefüllt werden mit Erinnerung. Daher erschafft sich das Unterbewusstsein meines Erachtens einen "imaginären Teil" im Bewusstsein, mit dem es kommuniziert, um die Lücke zu füllen und sich als Ganzheit wahrnehmen zu können, trotz der Amnesie.
Insofern denke ich, daß die dem Schock folgende Bewusstlosigkeit und die daraus resultierende Amnesie die Ursache für die Abspaltung eines Seelenteils ist, wie die Schamanen es sagen würden. Es ist ein sehr häufiges Phänomen, das Traumata allgemein betrifft. Alles was schockt schafft kleine Bewusstseinsverluste, damit entstehen kleine Amnesien und eine Abspaltung im Bewusstsein, die versucht, das Verlorene zu füllen.
Aber bei dem von mir geschilderten Fall hab ich das Gefühl, dass ich zwar mit dem Mann kommuniziere, aber eigentlich auch nicht, schwierig zu beschreiben.
Und das eben kostet mir enorm viel Energie.
Was dazukommt, ist dass der Mann ein gewisses Wurschtigkeitsverhalten an den Tag legt und seinen Körper bewusst noch mehr zugrunderichtet, als es durch den Unfall schon geschehen ist. Dieses Verhalten hat er auch schon VOR dem Unfall gezeigt. Ich hüte mich davor, ihm zu erklären was gut und was nicht gut für ihn ist, weil mich das im Grunde nix angeht, dennoch ist es oft schwer mitanzusehen.
Ich sprach ja im ersten Post schon von "der Tat". Der Geruch des Mißbrauchs schwingt hier mit bei dem, was Du berichtest. Wenn ich Dich richtig verstehe, so liegt also im Wesen Deines Patienten die Neigung, etwas zu mißbrauchen. Möglicherweise ist es ja bezüglich der pflegerischen Betreuung so, daß er das offensichtliche Hilfeangebot nicht annimmt (z.B. Kommunikation) und stattdessen ein anderes Angebot macht. Da dieses Angebot aber nicht bei Dir ankommt und Du es nicht willst, raubt es Dir möglicherweise Deine Helferenergie.
Vielleicht könntest Du mal darüber nachdenken, was der Patient für ein Angebot macht. Je nachdem wieviel seiner Seelenenergie ausserhalb seiner perönlichen Energie existiert, nimmt er selber die Rolle des Helfers ein und macht Dich zur Hilfsbedürftigen. Darin liegt dann ein sicherlich unbewusster Mißbrauch seinerseits. Eine Art Machtmißbrauch des Patienten, der in der Pfleger-Patienten-Beziehung ja der eigentlich Starke ist, denn um ihn dreht sich alles. Manche Personen nutzen das bewusst oder unbewusst aus.
Die Ärztin sagte mir übrigens, dass sie ein paar Schwachstellen an mir wahrnimmt und dass ich dadurch gut aufpassen muss. Unter anderem sprach sie meine Tätowierungen an.
Je nach Medizin wird das so gesehen, ja. Die Haut wird ja auch als "Spiegel der Seele" betrachtet, daher liegt der Gedankengang auch nahe, daß eine Veränderung dieses Spiegels auch die Seele selber in irgendeiner Weise beeinflusst. Keine Ahnung, was davon zu halten ist - ich meine es ist überzeugungs- bzw. glaubensabhängig.
Jedenfalls find ich deinen Text sehr gut und werd weiter drüber nachdenken, solche Dinge bring ich bei Supervisionen o.ä nicht so gern vor,
deshalb ist mir deine Antwort viel Wert.
So, genug der Worte, lg. W.
dito!
LG,
Trixi Maus