Novartis verweigert den USA Natriumthiopental

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naja... ganz pragmatisch gedacht: wird halt ein anderer Pharmakonzern ein generika liefern

ausser etwas Propaganda für Novartis und einen anderen Lieferanten auf der Rechnung ändert sich da wohl nicht allzuviel.... leider
 
Interessant finde ich halt, dass den USA anscheinend echt das Thiopental ausgeht, und dass Novartis (Sandoz) nicht allein dasteht mit seinem Verbot.
 
Tarbagan, wir reden ja über Alternativen...

Benzodiazepine sind für diesen Fall absolut unbrauchbar, da sie (vergleichsweise) geuer sind und viel zu lange brauchen würden

Midazolam: Anschlag nach 45 - 90 sec.
Thio: Anschlag nach 15 - 45 sec.

außerdem sind sie keine Anästhetika
brauchen sie auch nicht sein. Die ersten beiden dienen hauptsächlich dazu, dass "Ruhe ist". Und das kann man eben mit vielem erreichen, daher meine Aussage, dass es zu Thiopental X Alternativen gibt.

Außerdem: Schon mal jemandem, ders nicht gewohnt ist, hochdosiert Benzodiazepine gegeben?
Ich weiß nicht, was für dich hochdosiert ist. Bis paradoxe Wirkungen auftreten? Das geht auch mit weniger Mittelchen, dafür sehr schnelle Applikation. Das Ziel in diesem Stadium ist doch erstmal, dass derjenige "schläft". Das ist möglich. Man kann Midazolam auch zur Narkoseeinleitung oder für künstliches Koma nutzen.

Etomidat ist fünfmal so teuer wie Thiopental.
Na und? Preis ist für mich kein Argument. Für einen Staat ist das wohl pillepalle. Wieviele Kandidaten haben die pro Jahr? 10? 20? keine Ahnung. Die Preisdifferenz von Thiopental zu Eto insgesamt pro Jahr sind dann wie viel Dollar? Vllt. 100? Davon ab, würde ich auch ehr Propofol als Etomidat verwenden. Es ist aber eines der X-Alternativen.

Ketamin ist zwar günstig (ich glaub sogar günstiger als Thiopental, aber kA), aber seine Pharmakodynamik ist für diese Problemstellung nicht brauchar.
Problemstellung in dieser Phase ist den Betroffenen "schlafen zu legen". Dass ist mit Ketamin möglich, besonders in Verbindung mit Benzos wg. der Trips.

Naja, ist doch logisch, oder? Um die nötige Resorptionsgeschwindigkeit zu erreichen, bieten sich genau 2 Applikationsarten an: als Injektion (i.v.) oder durch Inhalation. Wenn man letzteres wählt, muss man extra zwei verschiedene Apparaturen anbringen, was übermäßigen zusätzlichen Aufwand bedeutet, denn auch das simple Drücken eines Knopfes ist bei einer Hinrichtung nicht so unkompliziert. Außerdem kann sich der Kandidat leichter zur Wehr setzen und es ist schwerer zu kontrollieren (der Kandidat kann ja sein Atemverhalten willentlich manipulieren).
Ob du da eine Spritzenpumpe, oder wie auch immer die das bewerkstelligen, hast, oder 'nen Vapor. Der Kandidat kann sich eh nicht wehren, weil er festgeschnallt ist.
Nochmal, wenn man wirtschaftlich argumentieren möchte sollte man in letzter Konsequenz komplett drauf verzichten. Dann macht man die extra Todestrakte dicht, braucht keine extra Kammer, muss keine Gerätschaften extra warten, kann auf Logistik verzichten...



Du, auf die Relaxanzien gehe ich vllt. morgen genauer ein. Im Grunde brauchts da bissel Kardiophysiologie um es zu erklären. Ist mir jetzt zu viel.

Eine Quelle bzgl. deiner Aussage mit Esmeron würde mich sehr interessieren.
Die Herzwirkung von Succi basiert auf einer "Entgleisung" (ich meine nicht M.H.) und ist ehr Nebenwirkung als Wirkung und damit ungünstiger kalkulierbar.

Relaxanzien wirken an den motorischen Endplatten, auf die das Herz in seiner Funktion nicht angewiesen ist. Das ist auch der Grund, warum auch die glatte Muskulatur ~unbetroffen bleibt, vom Succi. Es kann aber unter Umständen zu einer Störung zwischen Intra und Extrazellulärraum kommen, wodurch kein Aktionspotenzial mehr ausgelöst werden kann. Dieses betrifft dann natürlich auch das Herz, dass dann unter Umständen stehen bleibt.
Nur, wie gesagt ist das nicht wirklich kalkulierbar. Das Succi depolarisiert halt, also löst noch einmal einen Reiz aus (kann man manchmal sehen) und besetzt dann dauerhaft die entsprechenden Rezeptoren, während andere Relaxanzien diesen Reiz nicht auslösen, sondern die Rezeptoren lediglich "abschirmen". In beiden Fällen wird die chemische Weiterleitung unterbrochen.

Die Herzaktion funktioniert vollständig anders. Das Herz isn funktionelles Synzytium; funktioniert wie eins.

Dass die Reizweiterleitung anders ist, stimmt nur halb

Nein, sie ist grundsätzlich anders (siehe oben).
Mit deiner Logik könntest du auch sagen, sie sei nicht anders, weil in beiden Fällen Kalium beteiligt ist, oder Natrium, oder überhaupt Zellen, Moleküle, Atome, Seele...

Eine Wirkung auf das Herz ist weder ziel der Relaxanzien, noch ist sie steuerbar. Natürlich könnte auch jemand allergisch auf einen Wirkstoff reagieren, was in Folge des Schocks zu herzstillstand führt. Das ist nicht der Punkt.
 
Wäre ich Boss eines Pharma-Riesen hätte ich das genauso entschieden... möglicherweise aber nicht aus Menschlichkeit oder Überzeugung, sondern eher aus Image-Gründen.... Bei mir würde sich beides treffen, aber geschäftlich gesehen wäre es eher eine "Image-Angelegenheit"... verbessern wird es die USA nicht. Wird nicht dazu führen das Hinrichtungen ausgesetzt werden.
 
@ zwiIIing:

Es geht nicht darum, jemanden "schlafen zu legen", und auch nicht darum, dass "Ruhe ist" - sondern darum, dass "Ruhe bleibt". Wer schläft kann aufwachen. Und hier wird jemandem eine derartige Menge Kaliumchlorid gegeben, dass das Herz einfach den Geist aufgibt. Da muss aus ethischen Gründen so sicher wie möglich sein, dass der Kandidat nichts - nichts! - mitbekommt. Ähnlich einer Operation. Das hat schon so seinen Sinn, warum man nicht die klassischen Sedativa verwendet, um Patienten ruhig zu stellen.
Hier wären wir schon beim zweiten Punkt; nachdem festgestellt worden ist, dass die benötigte Dosis von Thiopental in manchen Fällen nicht zu einer absoluten Bewusstlosigkeit, sondern nur einer starken Betäubung des Kandidaten geführt hat, hat man die Dosis für die Injektion von 1 Gramm auf 5 Gramm erhöht. Hab grad verglichen: 1 Gramm wär etwa das 5 bis 10-fache einer therapeutischen Dosis, um einen Menschen sukzessive ins Land der Träume zu schicken. 5 Gramm sind ...?

Und hier sind wir also schon bei einem der Hauptprobleme, warum man wohl Thiopental nicht so leicht austauschen wird wollen: Man hat hier Information, auf die man zugreifen kann. Wir befinden uns hier nicht in einem "normalen" Spielraum, bei dem die therapeutische Praxis uns viel mitteilen kann. Wir haben hier ein anderes Ziel, und verbunden damit sehr strenge ethische Richtlinien. Aus diesem Grund knallt man Menschen die xzig-fache Dosis rein, einfach weil man die Wirkung maximieren will und Nebenwirkungen keine Rolle spielen, sofern sie nicht negativ mit der Hauptwirkung interagieren. So: Wer kann uns jetzt sagen, was passieren wird, wenn wir jemandem ein Benzodiazepin in solchen Dosen geben? Ist das ethisch vertretbar?
Vielleicht weißt du, dass statistisch gesehen die sicherste Art, sich nicht selbst umzubringen ist, zu versuchen, sich mit einer Überdosis Schmerzmitteln (o.Ä.) umzubringen. Viele Leute kippen weg, kotzen in einer verzweifelten Reaktion des Körpers alles wieder raus und die, die Glück haben, ersticken an dem Erbrochenen. Und in einer so ernst gesehenen Sache wie der Todesstrafe verwendet man aufgrund der ethischen Beschränkungen die Kandidaten nicht als Versuchskarnickel für neuartige Möglichkeiten, Leute umzubringen.


Noch kurz zum themenfremden Zeug:
Nein, sie ist grundsätzlich anders (siehe oben).
Homework for today: Finde heraus, warum man sterben kann, wenn man Fliegenpilze isst.
Relaxanzien wirken an den motorischen Endplatten, auf die das Herz in seiner Funktion nicht angewiesen ist.
Das ist keine sehr zielführende Aussage. Dass sie an den "motorischen Endplatten wirken" ist nämlich eine Konsequenz, nicht der tatsächliche Mechanismus. Den kann man nämlich nicht so standardisiert angeben - manche Stoffe legen die Muskeln lahm, indem sie mit dem acetylcholinergen System interagieren (allein diese durch teilweise KOMPLETT verschiedene Mechanismen, nämlich durch Erhöhung oder Senkung des ACh-Spiegels - und bei diesen Gruppen gibt's wiederum die unterschiedlichsten Mechanismen), manche tun das, indem sie Calciumkanäle blockieren, wieder andere spielen mit GABA rum, wieder andere mit Stickstoffmonoxid, wieder andere mit NMDA, also Glutamin - da kann man nicht sagen "da ist das Herz nicht drauf angewiesen". Würde Pharmakologie so funktionieren, hätten wir schon Medikamente ohne Nebenwirkungen.
Die Herzaktion funktioniert vollständig anders. Das Herz isn funktionelles Synzytium; funktioniert wie eins.
Wie schaffst du es, daraus abzuleiten, dass Muskelrelaxantien keinen Herzstillstand hervorrufen können? Siehe oben.


Eine Quelle bzgl. deiner Aussage mit Esmeron würde mich sehr interessieren.
Tritt bei einer Statistik mit 8%iger Häufigkeit unter Patienten mit Nebenwirkungen auf.
Quelle
 
Natriumthiopental ist ein Beruhigungsmittel, das traditionell Todeskandidaten gegeben wird. Es schläfert sie ein, woraufhin sie meist zusätzlich noch ein Muskelrelaxans und Kaliumchlorid appliziert bekommen, welches dann den Tod durch Herzstillstand auslöst.

Jetzt kommt der Clou: Die Pharmakonzerne, die Thiopental herstellen, verweigern den 13 US-Staaten, in denen es noch die Todesstrafe gibt die Lieferung des Betäubungsmittels - weil sie die Todesstrafe nicht unterstützen wollen.


Krass, näh? Ich geb die Bühne frei für wilde Verschwörungstheorien, warum sie das tun, oder einfach Meinungen zum Thema.


Quelle

Ich habe ne ganz einfache Erklärung. Senke das Angebot, steigere die Nachfrage. Nein, es ist Selbstlosigkeit, in einer der profitabelsten Branchen. :ironie: oder doch Erpressung? :rolleyes:
 
Naja, ich würde das Argument irgendwie gelten lassen, wenn wir von einem Monopol oder Polypol mit Kartellbildung ausgehen würden.

Aber Natriumthiopental is ur-fucking-alt, alle Patente sind ausgelaufen. Da is nix mit Erpressung, jeder Hobo (mit Diplom) kann das bei erhöhter Nachfrage anschaffen und an die Staaten verticken. Warum es keiner macht, und warum die USA tatsächlich nur Thiopental verwenden will und keine Alternativen, um die's gerade ging - das sind die Fragen.

Die Publicity-Masche klingt zumindest halbwegs schlüssig, aber seien wir ehrlich - wer interessiert sich schon für sowas? (außer Pharma-Nerds wie ich, die sowas im Postfach finden)
Pharma-Unternehmen sind leider nur marginal von guter Publicity abhängig als mehr von guten Patenten (= guter Forschung). Denn wenn ich eine Krankheit hab und es gibt nur ein Unternehmen, das ein wirksames Medikament dafür hat, dann sag ich nicht "näh das nehm isch nisch, die sin mir unsympathisch". Und gerade Novartis, die mit ihrem MS-Medikament Gilenya ein ganz frisches Goldei gelegt haben (und die überhaupt mörderhaft gut drauf sind, was Forschung und Innovation betrifft) haben das gerade gar nicht nötig.
 
Naja, ich würde das Argument irgendwie gelten lassen, wenn wir von einem Monopol oder Polypol mit Kartellbildung ausgehen würden.

Aber Natriumthiopental is ur-fucking-alt, alle Patente sind ausgelaufen. Da is nix mit Erpressung, jeder Hobo (mit Diplom) kann das bei erhöhter Nachfrage anschaffen und an die Staaten verticken. Warum es keiner macht, und warum die USA tatsächlich nur Thiopental verwenden will und keine Alternativen, um die's gerade ging - das sind die Fragen.

Die Publicity-Masche klingt zumindest halbwegs schlüssig, aber seien wir ehrlich - wer interessiert sich schon für sowas? (außer Pharma-Nerds wie ich, die sowas im Postfach finden)
Pharma-Unternehmen sind leider nur marginal von guter Publicity abhängig als mehr von guten Patenten (= guter Forschung). Denn wenn ich eine Krankheit hab und es gibt nur ein Unternehmen, das ein wirksames Medikament dafür hat, dann sag ich nicht "näh das nehm isch nisch, die sin mir unsympathisch". Und gerade Novartis, die mit ihrem MS-Medikament Gilenya ein ganz frisches Goldei gelegt haben (und die überhaupt mörderhaft gut drauf sind, was Forschung und Innovation betrifft) haben das gerade gar nicht nötig.

Ich betrachte das ganz nüchtern.
Wir sprechen hier von Konzernen, von Unternehmen, wir sprechen von Gewinnmaximierung und da interessiert das Wohl der Menschen einen Dreck.
Simpler Selbsterhaltungszweck. Wen interessierts ob die Welt das mitbekommt. Diejenigen, die es mitbekommen sollen, werden es mitbekommen.
 
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Von was redest du jetzt genau?
Von der Publicity?

Dann hast du eventuell recht. Die unternehmerisch gesehen ist die Frage halt; kriegen es soviele mit, dass sich dadurch der entgangene Gewinn des Verkaufs von Thiopental (das die USA anscheinend langsam echt nötig hat) aufrechnet? Man bedenke: Thiopental wird nicht nur bei der Lethal injection verwendet, sondern auch in Krankenhäusern (und dort, mengenmäßig gesehen, sicher mehr). Das sind schon große Mengen, die einem da durch die Lappen gehen ...



... und plötzlich kommt mir die Idee. Aus dem Quellenartikel:
Alle Niederlassungen mit einer lokal zugelassenen Vermarktungserlaubnis für Sodium Thiopental seien angewiesen, das Produkt nicht in die USA zu exportieren oder zu verkaufen, hieß es in der Stellungnahme. [...] Produziert werde injizierbares Thiopental unter anderem im Auftrag einer Drittfirma, die ihren Sitz in Großbritannien habe und das Produkt wiederum direkt an Archimedes Pharma verkauft. Archimedes Pharma sei kein direkter Kunde von Sandoz und alleinig für die Vermarktung und die kommerzielle Auslieferung unter der entsprechenden Vermarktungserlaubnis in Großbritannien verantwortlich. Dementsprechend gebe es keine vertragliche Vereinbarung zwischen Sandoz und Archimedes Pharma. Es sei nicht möglich, die Lieferketten von Firmen, die keine direkten Sandoz-Kunden seien, zu überwachen.
Das heißt: Sie verkaufen es, nach wie vor, an Amerika - über Drittfirmen halt. Nur können sie jetzt sagen "Wir sind gegen die Todesstrafe", weil sie ein Statement abgegeben haben á la "wär cool, wenn ihr das ned an die Staaten verscherbelt, aber dazu braucht ihr keinen Vertrag, gell?".

Verdammt clever gemacht! Bissl gute Publicity, ohne Umsatzeinbußen. Die Kerle von Novartis begeistern mich immer wieder mit ihrer Findigkeit, diese Schlingel! :D
 
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