aaargh, da ist ja auch noch die Liebesentzugs-Waffe, gell Willi? "Du bist nur liebenswert, wenn...", so schallt(e) es bestimmt häufiger in Eurer Familie, wahrscheinlich bist Du schon als Kind auf diese Weise "genormt" worden. So machst Du dich ja auch selber immer fertig, gell?
Klar bin ich so genormt worden, keine Frage.
Aber im Laufe der Jahre is es mir egal geworden, ob man mich liebenswert findet oder nicht. Ich bin liebenswert. Zumindest für mich selbst, auch wenn ich nicht den ganzen Tag drüber nachdenke und vor dem Spiegel steh oder mit meinem... egal. Keine Schweinerein.
Schuld hinein trinken ... hmmmm .... weiß nicht, ob das so ganz stimmt. Zuerst mach ich mich schuldig, dann trinke ich. Zuerst die Tat, dann die Rechtfertigung. Oder die Flucht vor der Rechtfertigung. Die böse, böse Tat.Wie ich es verstehe, reflektierst Du aber die Phasen, in denen Du dir Schuld hineintrinkst, außerordentlich genau.
Ich klau einem Impuls folgend - will haben(das ist die Gier) - eine Tafel Schokolade, gefüllt mit Rum. Fress sie auf und bin gleich beruhigt auch dazu, weil ich gar nicht zum nachdenken komm. Der Rum beruhigt gleich mein Gewissen.
Ich hab halt Gold gestohlen also Junge - will haben - und hatte dazwischen noch die Zeit und Gelegenheit, darüber nachzudenken. Mir sozusagen n`Kopp zu machen. Quälend so ein Kopp. Also irgendwann ran an die Bottel und weg mit den Gewissenbissen.
Diese Funktion hatte der Alkohol ganz am Anfang bei mir. Das Zerstören von quälenden Schuldgedanken. Gedanken, sage ich, weil es waren echte Fragen nach dem WARUM der Handlung. Nicht irgendein vages Gefühl im Bauch, es waren Fragen im Kopf. Fragen, die nicht ohne Grund da waren.
Später, im Lauf der Jahre kehrt sich der Prozess um. Da trank ich aus Gewohnheit und aus Langeweile und dachte nicht mehr nach, über die Scheisse, die ich dann im Vollrausch baute. Du weißt - die böse Tat beging. Ein Teufelskreis sozusagen.
Nur hatte ich das Glück, dass mir einmal Heilung zu teil wurde, von dieser Geisteskrankheit. Mir wurde auf privater Ebene geholfen, vom Alkohol loszukommen und ich hab über 10 Jahre nüchtern über dieses Phänomen reflektiert. Und während dieser Zeit natürlich auch kein Gold und auch keine Rum-Schokolade mehr gestohlen, auch nicht mehr radaliert, keine Menschen bedroht, sondern habe statt dessen gebetet und meditiert. So wurde ich fast wieder so unschuldig, wie ein Kind, wie ich war, bevor ich die erste böse Tat beging, an die ich mich erinnere. Für mich ist das der Diebstahl von Großmutters Goldmünzen. Zumindest symbolisch. Ich wurde sozusagen wieder ein besserer Mensch, um es naiv auszudrücken. Ein braver Bub eben.
Aber ich war nicht dankbar genug und bin wieder abgestürzt, nach 10 oder 11 jahren. Der Grund, mit dem Saufen anzufangen, war aber jetzt nicht die Beruhigung des Gewissens. Das war nicht mehr zu beruhigen. Das war erwacht. Sondern das Ertränken eines Zorns, auf mich selber. Ich hab mich gehasst dafür, dass ich mit der Frau von einem Freund eine Gschicht angefangen hab. Es war ein Gemisch aus Wut und Trauer, das ich da niederrsaufen wollte. Trauer, weil ich dabei meine eigene Gefährtin verloren hab.
Und heute is es eben so, das zum Teil die alten Verhaltensmuster hochkommen, wenn ich trinke, was auf Wienerisch heißt: "Wenn i richtig, schwer bsoffn bin, dann kümmer ich mich nix um irgendwem. Hauptsache ich. Und die Gier ergreift Besitz von mir. Eigentlich alle Bösartigkeiten, die man so aus der Zeitung kennt. Nur neidisch bin i glaub i nimma, wenn i bsoffn bin. Verschwören möcht ich mich nicht drauf, aber ich glaub, der Neid is mir fremd. Naja, hochkommen will er schon manchmal, aber er is relativ leicht zu erwürgen.
Wir sind geschieden.Ich denke mal, was die Katze von Herrn Schrödinger ;-)
Das wird kein Jammertal, das wird ein Todeskommando. Wenn ich mir den Schnaps reinzieh.antreibt ist die Vorstellung, daß Muttern irgendwann ja unter der Erde ist und daß sich Herr Adam K. dann einige Pullen Schnaps reinzieht und in ein Jammertal fällt.
Aber das wird nicht passieren.
Ich nenn es nicht Kontrolle. Auch nicht Selbstkontrolle. ich brauch diese strenge Kontrolle nicht den ganzen Tag. Wenn es mir gut geht und man läßt mich in Frieden, verschont mich mit Motivation und Projektgedanken, läßt mich einfach sitzen und über mein Leben reflektieren, mich zwischendurch rausbewegen an die Luft, mit dem Rad, an den Fluss, darf Menschen sehen, die sich im Frieden bewegen, wenn man mich mit mir selber arbeiten läßt, ohne es all zu gut zu meinen, ist alles im Lot.Da wäre ich schon interessiert dran, wie Du das verhindern möchtest, Willi. Es ist mal das Eine, ganz da zu sein für jemanden, der pflegebedürftig ist. Aber man sollte sich selber ja nicht darüber vergessen und wenigstens konkrete Pläne machen.
Wie sieht das denn mittlerweile aus mit Zielen für Dich selber? (ich meine nicht die Ziele, etwas zu kontrollieren oder mit etwas aufzuhören, sondern positive Ziele für die eigene Zukunft.
Dann find ich mir, wenn ich mal die Zeit dafür habe, auch andere Interessen, wie Tai Chi oder ähnliches. Gezieltes Yoga machen. Was weiß ich. Im Moment denk ich darüber nicht nach.
Ich bin keine Gefahr für irgendwem, habe heute keine Gedanken der Bereicherung mehr in mir, auch keinen Geltungsdrang, keine permanente Wut im Bauch, nichts. Ich liebe einfach nur den Frieden in mir. Nichts liebe ich mehr. Und manchmal is es mir auch schon gelungen, den Frieden um mich herum zu erschaffen, in kleinem Kreise. solang ich keinen alkohol trink, is alles im Lot. Auch nicht kleine und kleinste Mengen, weil die Gier nach dem Gewissenstöter is die erste, die in mir erwacht.
Aber Bedrängnis ertrage ich nicht. Wenn ich etwas nicht will, dann bin ich gern bereit, 3 mal Nein zu sagen. Beim 4. mal beginnt es in mir zu kochen und ich höre auf zu denken und das ist schlecht. Wird die Anspannung zu groß, geh ich in die Kneipe und lös sie auf. In Ethanol. Und der Scheiss Reigen beginnt von vorn.
Ich will nur im Frieden sein und verachte sinnlose Gewalt, sonst nichts. Das is doch nicht so schlecht, oder?
Am liebsten wär ich Gärtner in einem Klostergarten. Ein romantischer Gedanke. Hab ich eh schon 1000mal gesagt.
Mutters tot interessiert mich nicht. Ich frag sie fast täglich, ob sie sterben will, weil sie mich täglich nach dem Sterbegeld fragt. sie sagt immer: "Nein!" hmmmm .... kann ich auch irgendwie verstehen.Ich sehe gerade ein Blatt und da steht oben drüber: "meine Pläne für die Zeit nach Mutters Tod". Und da steht wochenweise drauf, was Deine Aktivität in dieser Zeit sein soll.)
Ziele!
Das interessiert mich schon. Was könnt ich mir als Ziel setzen? Das mit dem Klostergarten is wohl nicht realisierbar. Könnt mir bitte jemand erklären, was ein Ziel sein könnte. Ich hatte diese Frage, nach dem WOFÜR oder FÜR WEN oder WAS lebe ich noch nie im Kopf. Immer nur WARUM? Und warum mach ich das? Ja genau .... und ist das gut, was ich da mach oder ist das schlecht, böse? Was ich da mach. Egal, was ich mach. So bin ich. Und oft geht was daneben.
Wenn ich Ziel hör, denk ich immer zuerst an eine Zielscheibe mit einem schwarzen Punkt in der Mitte. Was soll ich mit dem Bild nur anfangen. Eine weiße Scheibe mit einem schwarzen Punkt in der Mitte.
Ich bin einfach nur müde. Sonst nichts.
Am liebsten würd ich aus diesem gehetzten Kulturkreis hinaussterben.