Nach meinem Eindruck wird leider vieles, was in irgend einer Weise von der "Norm" abweicht oder einfach nur "anders" ist als die "Norm" es vorsieht, von manchen Menschen als Krankheit, Störung, oder zumindest als "nicht richtig" abgestempelt. Ob das Autismus ist, eine erhöhte Sensibilität, vielleicht kann man da auch ADS und ADHS mit auflisten, und bestimmt auch noch weiteres "anders sein". Manchmal kommt es mir so vor, als ob diese Menschen viele ihrer "Probleme" im Alltag gar nicht wegen ihrer "Andersartigkeit" haben, sondern hauptsächlich wegen der mangelnden Akzeptanz mancher Mitmenschen. Oder, das diese Menschen durch mehr Akzeptanz zumindest deutlich weniger "Probleme" in ihrem Alltag haben könnten.
Gleichzeitig habe ich aber auch erlebt, das man von vielen Mitmenschen durchaus Akzeptanz, Verständnis und Rücksicht bekommt; Wenn man es anspricht anstatt es wortlos zu erwarten oder zu erhoffen.
Offenbar braucht es manchmal auch die Diagnose einer "Krankheit", um das für sich ein Stück weit als "Schutzschild" nutzen zu können. Wenn man sagt "Ich habe die Erkrankung XY, bitte nehmt Rücksicht" oder "Durch meine Erkrankung XY habe ich diese Probleme" scheint das bei manchen Menschen eher auf Akzeptanz zu stoßen, als wenn man ohne Krankheit als Grund so akzeptiert werden möchte, wie man eben ist. Betroffenen Menschen, unabhängig was sie haben oder warum sie "anders" sind, wird dadurch aus meiner Sicht nur zusätzlich ihr Alltag unnötig schwer gemacht. Andererseits gibt es "Erkrankungen" oder "anders sein", worüber sich Mitmenschen schlichtweg nicht auskennen und evtl. auch überfordert sind, mit der betreffenden Person passend umzugehen.
Ich denke, dass manche gerade erfolgreich sind weil sie Asperger (ich denke nicht, dass normaler Autismus und Asperger wirklich ähnlich sind) sind oder ADHS haben, was auch der Grund ist, dass ich nicht sicher bin, ob man beides als Krankheit ansehen sollte. Nichtsdestotrotz ist es wahrscheinlicher, dass man in Schwierigkeiten gerät, wenn man anders ist als die meisten anderen Leute, und wenn man sich nicht den Erwartungen entsprechend verhält (zum Beispiel stundenlang still auf dem Stuhl zu sitzen in der Schule bei jemandem den man mit ADHS diagnostiziert, unabhängig davon ob das eine Krankheit ist oder nicht).
Ich hätte es vielleicht auch schaffen können, wenn meine Probleme irgendwen in meiner Kindheit interessiert hätten. Ich war wirklich auffällig genug, aber da ich gut in der Schule war, außer für eine Phase als ich in der 9. sitzengeblieben bin, wurde nichts gemacht. Anfang 20 wollte ich in Therapie, aber flog bei meiner Mutter aus der Krankenversicherung raus, weil sie nicht bezahlt hatte. Vielleicht hätte ich auch sonst manches anders tun können und es wäre anders gelaufen.
So aber wurde ich halt zusätzlich depressiv, was dazu führte, dass ich mich komplett isolierte, inklusive "beruflich" im weitesten Sinne. Ich fühlte nicht, dass ich eine Wahl hatte, musste entweder komplett dicht machen, oder die Suizidgedanken (hatte aber nie was geplant oder gar versucht) wären stärker geworden (ja, ich funktioniere so, dass ich mich allein erholen kann, das macht es nicht schlimmer, geht mir auch schon länger wieder ok). Und mir fällt es jetzt super schwer da diese Routine aufzubrechen, mich als gescheiterte Person wieder raus zu wagen, wo es mir schon super schwer fiel, wenn ich noch halbwegs so tun konnte als wäre ich "normal". Die Andersartigkeit hat sich eben noch objektiv verstärkt. Jetzt bin ich halt zusätzlich zur introvertierten Asperger (vermutlich, nie diagnostiziert wie gesagt) Person auch noch ein Arbeitsloser mit 34, der nichts abgeschlossen hat außer Abitur. Alles zusammen macht mich noch isolierter natürlich.
Ich habe mich zum Teil daran gewöhnt (keine Ahnung ob das gut oder schlecht ist), und bin auch nicht in jeder Hinsicht "heruntergekommen" quasi. Bin sehr fit zum Beispiel, gibt auch überhaupt keine Suchterkrankung (wie bei klischeehaften Arbeitslosen vermutet), aber am Ende bin ich natürlich trotzdem super peinlich und existiere gesellschaftlich fast gar nicht.
Jetzt müsste ich quasi vom 10 Meter-Turm springen ins Wasser (und das Wasser wäre wohl auch flacher und dreckiger dazu, wenn man das so sagen will), statt vom 1 Meter Brett, und letzteres fiel mir schon sehr schwer (auch real übrigens). Ich war und bin einfach niemand der springt, weder metaphorisch noch real. Ich hätte es tun müssen, aber habe es eben nicht geschafft (und manchmal wurde ich daran gehindert).
Keine Ahnung nebenbei wie viel Diagnosen bringen. Teilweise haben Leute dann vielleicht mehr Verständnis, aber wenn du ein Kind in der Schule als Asperger herumlaufen lässt, und damit schon als anders abstempelst kann das aus meiner Sicht nicht gut gehen.
Aus meiner Sicht sollte bei Kindern die Probleme haben etwas getan werden, aber außerhalb des normalen Bereichs. Macht die Kinder nicht "speziell" in ihrem Umfeld, wie Schule usw.