Hallo zusammen!
@Caya:
Also, liebe Caya... Rot oder Blau ?
Das Thema Aggression ist sehr facettenreich. Eine Auseinandersetzung über dieses Thema ist innerhalb eines Forums schwierig. Daher ist es meiner Meinung nach wichtig ausführlichere Antworten zu geben, da man ansonsten aneinander vorbei redet. Mir ist es im Folgenden ein Bedürfnis gewesen dies zu tun. Ich hatte "Aggression" bis jetzt als Oberbegriff verstanden unter dem auch "Gewalt" und "Aggressivität" summiert wird. Der Witz an der Sache ist, daß es in der Psychologie keinen Aggressionsbegriff gibt der unumstritten ist. Man spricht im allgemeinen vom weiter gefassten und enger gefassten Aggressionsbegriff...
Agression?:
Da aggressives Verhalten grundsätzlich subjektiv beurteilt wird (=Ansichtssache) gibt es in der Psychologie drei wesentliche Beurteilungskriterien von Aggression...
1)Schaden
2)Intention (Absicht) -> Ohrfeige, die der Vater einem Sohn verpasst, wird als weniger aggressiv beurteilt, wenn Erschöpfung als Entschuldigung hinzukommt.
3)Normabweichung (Unangemessenheit) -> Gehören Ohrfeigen zu einer vernünftigen Erziehung?
...wobei die letzten beiden Kriterien entscheidend sind. Grundsätzlich ist es nicht möglich zu sagen, welche Verhaltensweisen aggressiv
sind, sondern nur, welche wir aggressiv
nennen. Wie immer man auch definiert - eine scharfe Grenze zwischen aggressiven und nichtaggressiven Erscheinungen läßt sich nicht ziehen.
Enger; Weiter:
Die größere Gruppe von Definitionen kann man zum
engeren Typ rechnen. (Er geht davon aus, daß Aggression mit Schädigung und Schmerzzufügung zu tun hat.)
Beispiel:
"Unter aggressiven Verhaltensweisen werden hier solche verstanden, die Individuen oder Sachen aktiv und zielgerichtet schädigen, sie schwächen oder in Angst versetzen." (Fürntratt 1974)
Anmerkung: Der psychologische Aggressionsbegriff mag zwar durch Worte wie "schädigen" negativ klingen, er ist jedoch nicht im wertendem Sinne gemeint, sondern nur im beschreibenden!!!
Der
weiter gefasste Aggressionsbegriff geht vom lateinischen Ursprung des Wortes aus (aggredi=herangehen) und wird z.B. so definiert:
"Agression ist eine dem Menschen innewohnende
Disposition und Energie, die sich ursprünglich in Aktivität und später in den verschiedensten individuellen und kollektiven, sozial gelernten und sozial vermittelten Formen von Selbstbehauptung bis zur Grausamkeit ausdrückt." (Hacker 1971)
Kritik an der weiten Fassung: In der weiten Fassung ist der Begriff "Agression" unbrauchbar und überdies überflüssig, denn er meint im Grunde dasselbe wie "Aktivität".
(Hierfür wird übrigens auch der Begriff "Aggressivität" verwendet.) Tatkraft und Destruktion werden in einen Topf geworfen; und man kann sich verhalten, wie man will, man ist praktisch immer aggressiv. Bei einer solchen Definition bleibt mithin reichlich verschwommen, welche Phänomene man eigentlich erklären und ggf. vermindern möchte.
Gewalt:
Nach geläufigem Sprachgebrauch werden nur schwerere, insbesondere körperliche Formen der Aggression als Gewalt bezeichnet, andere hingegen nicht. (z.B. Schimpfen, etc.)
Insoweit ist Gewalt also ein engerer Begriff. Der von Galtung (1975) eingeführte Begriff der "strukturellen" (nichtagressiven) Gewalt, mit der die stille Unterdrückung durch ein System sozialer Ungerechtigkeit gemeint ist, sei hier ausgeschlossen.
Wie lassen sich menschliche Agressionen erklären?
A) Triebtheorie:
Im Organismus gibt es eine angeborene Quelle, die spontan und fortwährend aggressive Impulse produziert. Diese müssen in der einen oder anderen Form, wenn auch nicht zerstörerisch zum Ausdruck kommen. Andernfalls kommt es zu seelischen Störungen.
B)Frustrations-Aggressions-Theorie:
Agression beruht auf aggressiven Impulsen, die nicht spontan, sondern als Reaktion auf störende, unangenehme Ereignisse, sog. Frustrationen, entstehen. Einmal entstanden müssen sie sich in irgendeiner Aggressionsform äußern.
C)Lerntheorie:
Aggressives Verhalten beruht nicht auf speziellen Impulsen, sondern wird von Lerngesetzen bestimmt, wie anderes Verhalten auch. D.h. es tritt in Situationen auf, wo es erfolgreich war bzw. Erfolg verspricht, und es wir über das Vorbild von Mensch zu Mensch weitervermittelt.
Diese Beschreibungen vereinfachen stark, bezeichnen aber Strömungen innerhalb der Psychologie. Heute geht man von einer Integration dieser Ansätze aus. Im Falle menschlicher Aggression gibt es keine ernsthaften Belege für einen Trieb
(wenn auch selbstverständlich für angeborene Grundlagen.) Lernen dagegen spielt immer eine Rolle und Frustration häufig.
Unterschiedliche Kulturen:
Vergleicht man verschiedene unabhängige Kulturen, so zeigt sich keineswegs eine einheitliche "aggressive Natur" des Menschen. In einer Auswertung von Forschungsberichten über 30 primitive Kulturen kommt Frommn (1974) zu drei Typen:
1."lebensbejahende Gesellschaften", die sehr friedfertig sind. Zu ihnen zählt Fromm etwa ein Viertel der betrachteten Kulturen. (z.B. Zuni-Indiander, Polar-Eskimos)
2."Nichtdestruktiv-aggressive-Gesellschaften", für die kennzeichnend ist, daß "Aggresivität und Krieg zwar keine zentrale Bedeutung haben, aber doch normale Vorkommnisse sind und daß Rivlität, Hierarchie und Individualismus regelmäßig anzutreffen sind." Etwa die Hälfte wird so eingestuft. (z.B."Krähen-Indianer, Grönland-Eskimos, Inka, Hottentotten, ...)
3."Destruktive Gesellschaften", für die Gewalttätigkeit, Zerstörungslust und Grausamkeit typisch sind. Hierzu zählt er etwa ein Viertel der Gesamtzahl. (z.B. Azteken, Kwkiutl-Indianer)
Die Beispiele zeigen, daß sowohl das Eine wie das Andere möglich ist. Allerdings gibt es auch bei den "Zuni" Ärger und Streitigkeiten; bei den Polar-Eskimos werden heftige "Sänger-Kriege" ausgetragen.
Liebe Grüße
Toffifee
P.S.: Mein persönliches Fazit:
Der Mensch besitzt ein Agressionspotential. Unabhängig davon in welcher Gesellschaftsform er lebt!!! Unabhängig davon in welcher Kultur. Dieses Potential ist teilweise angeboren und beruht teilweise auf äußeren Einflüßen. Es wird sich nur unterschiedlich äußern. Wenn eine Gesellschaftsform friedlicher als die andere ist, so spielen viele Faktoren eine Rolle.
Aber die Natur des Menschen bleibt in allen gesellschaftlichen Formen die selbe.