Devot sein - ist man dann krank?

Die Daten, die ich hab, Jake, sind : 20.08.1920, 9.00 MEZ, Andernach.

Er hat sich ja mit diesem Spruch vielleicht selbst umhüllt, rechtfertigt. Oder den Löwen unter die Masse eingetaucht. Unter dem Motto, wenn ich Fehler begehe, wenn ich nicht den Erfolg im amerikanischen Maßstab hab, dann liegt es dran, daß... Ob bewußt oder nicht bewußt - Alkohol hat den Blickwinkel getrübt, auch dem amerikanischen Moral- und Lebensstil -Zeigefinger, dieser gut bekannten, auch von anderen Autoren angeprangert, Verlogenheit getrotzt. Der gescheiterte Moralist ist mir in diesem Kontext zu hart, so sehe ich ihn nicht, weil er schildert und kommentiert, dies leidenschaftlich und kraftvoll, im Fokus den Verlierer positioniert.
 
Werbung:
du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu...

also ich lese daraus etwas, das einem Egoisten nicht stehen würde,
und zwar die Selbstironie!
Der Anspruch des Egos nach Macht, nach Reichtum, Ruhm und sämtlichen Vorstellungen wird somit zunichte gemacht.

Das ist ein Abgang mit einem Lächeln auf den Lippen.
 
Der gescheiterte Moralist ist mir in diesem Kontext zu hart, so sehe ich ihn nicht, weil er schildert und kommentiert, dies leidenschaftlich und kraftvoll, im Fokus den Verlierer positioniert.
Ich denk, wir liegen da im Grunde eh ganz dicht beieinander... ich meine mit Moralist ja nicht den moralinsauren Prediger, sondern den, der mit der Spannung zwischen begegnender (Schein-)Moral und eigenem Anspruch (vielleicht auch nur an Authentizität, die aneckt... muss ja nicht gleich eine perfekt ausbalancierte Ethik sein) Troubles hat. Und beschreibt, was daraus an Leben entsteht... wegen des Fokus auf dem Verlierer hab ich ja auch die Cannery Row dagegengestellt, in der es auch um Loser geht, einfach als andere Möglichkeit, diesen Fokus zu beleuchten. Wobei freilich Steinbeck selbst alles andere als ein Verlierer war, der hat nicht aus seinem eigenen Leben geschrieben; auch ein zu beachtender Umstand, klar... hier der distanzierte Beobachter, dort der mitten drin...

Danke für die Daten - werde mit Interesse reinschauen!

Alles Liebe,
Jake
 
Ein Mann ist aktiv devot und eine Frau passiv devot.
Rollen können vertauscht werden, dann hast du es eben mit mehr Frauenanteilen im Mann zu tun und mehr Mannanteilen bei der Frau.
Normalerweise überwiegt beim Mann der Mannanteil. ;-)

Mit Macht hat das nichts zu tun.
Es ist gerade die Form der Macht, die ich als primitiv empfinde.
doch, genau mit macht und kontrolle, mit loslassen und sich hingeben hat das etwas zu tun und es ist schlichtweg falsch, das geschlechtsspezifisch interpretieren zu wollen.
 
Ich denk, wir liegen da im Grunde eh ganz dicht beieinander... ich meine mit Moralist ja nicht den moralinsauren Prediger, sondern den, der mit der Spannung zwischen begegnender (Schein-)Moral und eigenem Anspruch (vielleicht auch nur an Authentizität, die aneckt... muss ja nicht gleich eine perfekt ausbalancierte Ethik sein) Troubles hat. Und beschreibt, was daraus an Leben entsteht... wegen des Fokus auf dem Verlierer hab ich ja auch die Cannery Row dagegengestellt, in der es auch um Loser geht, einfach als andere Möglichkeit, diesen Fokus zu beleuchten. Wobei freilich Steinbeck selbst alles andere als ein Verlierer war, der hat nicht aus seinem eigenen Leben geschrieben; auch ein zu beachtender Umstand, klar... hier der distanzierte Beobachter, dort der mitten drin...

Danke für die Daten - werde mit Interesse reinschauen!

Alles Liebe,
Jake

Wir liegen nah, Jake, aber ich denke eher an die französischen Moralisten, wenn ich an Moralisten denke, die italienischen sehe schon anders, mir genehmer, ja, sogar an Erich Kästner, der war auch Moralist. Und naturalistischer Realist paßt genau in die Linie Zola, Tschechow, Hemingway...mit einem Soul, der Sarkasmus, aber keinesfalls Zynismus erklingen ließ. Scheitern wird weder definiert noch zugelassen. Man fällt und mit letzter Kraft hebt noch den Kopf, die Hand hoch. Mentalität, die durch eigene Stolzdefinition geprägt ist. Oder man erschießt sich, wie Hemingway.
Wir liegen nah, aber nicht ganz dicht beieinander. Klingt auch ein Hauch Verachtung für Bukowski bei Dir mit?
 
du hattest von Anfang an nicht das Zeug dazu...

also ich lese daraus etwas, das einem Egoisten nicht stehen würde,
und zwar die Selbstironie!
Der Anspruch des Egos nach Macht, nach Reichtum, Ruhm und sämtlichen Vorstellungen wird somit zunichte gemacht.

Das ist ein Abgang mit einem Lächeln auf den Lippen.

Selbstironie, das hat was, ja, Dadalin. In Sarkasmus garniert. Bukowski ist ein Repräsentant des Zwanzigsten Jahrhunderts, das ihn geprägt hat, scharf schwarz sehen lassen, bedingungs-, kompromißlos.
 
Wir liegen nah, Jake, aber ich denke eher an die französischen Moralisten, wenn ich an Moralisten denke, die italienischen sehe schon anders, mir genehmer, ja, sogar an Erich Kästner, der war auch Moralist. Und naturalistischer Realist paßt genau in die Linie Zola, Tschechow, Hemingway...mit einem Soul, der Sarkasmus, aber keinesfalls Zynismus erklingen ließ. Scheitern wird weder definiert noch zugelassen. Man fällt und mit letzter Kraft hebt noch den Kopf, die Hand hoch. Mentalität, die durch eigene Stolzdefinition geprägt ist. Oder man erschießt sich, wie Hemingway.
Wir liegen nah, aber nicht ganz dicht beieinander. Klingt auch ein Hauch Verachtung für Bukowski bei Dir mit?
Verachtung ist eine Kategorie, die mir fremd ist. Achtsame Distanz trifft's wohl eher. Ich habe/hatte enge Kontakte zu Leuten aus der Grazer Literaturszene, hatte, weil sich zwei davon inzwischen zu Tode gesoffen haben und einer vom Strick geschnitten wurde. Allesamt an der Welt leidend, die anders ist als sie sie gern gehabt hätten. Ich hab sie in elend langen Abenden des kollektiven Selbstmitleids und der besoffenen Selbstgerechtigkeit in der einschlägigen Schnapsbude unserer Stadt erlebt - nein, das ist ungerecht. Nicht nur Selbstmitleid - wirklich Leidende, für die das Schreiben ein Weilchen Aufenthalt in einer anderen Welt gebracht hat. Literaten auf der einen Seite, Menschen auf der anderen, ich versuche, beide zu sehen. Und mich abzugrenzen - ich fühle auch mein eigenes Potenzial, das durchaus auch in diese Richtung hätte gehen können. Meine persönliche Alternative ist in etwa das, was de Shazer seinen KlientInnen zumutet: Jeder hat alles, was er für sein Leben und seine Lösungen braucht. Ich hab von Anfang an das Zeug... wozu? Für mein Leben. Wie auch immer. Und ich versteh, dass andere das anders sehen; ich versteh's nicht nur mit dem Kopf, sondern auch empathisch. Und insofern hattest Du vielleicht recht - für mich hab ich eine Antwort, und so war die Frage nach dem "was und wozu" wohl wirklich eher rhetorisch. Und doch wieder nicht ... ich stell auch meine Antworten immer wieder mal gern in Frage.

Alles Liebe,
Jake
 
Werbung:
P.S. Kästner ging mir auch durch den Kopf, Tucholsky... auch der per Suicid gegangen...
 
Zurück
Oben