Ziel der Hamas ist die Zerstörung Israels

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Dafür dass die ganze Welt gerade auf den Gaza-Streifen schaut, ist es den Israelis erschreckend egal, wie ihr Außenbild ist, dass sie vermitteln. Abgesehen von den Amerikanern, nach 9/11, dürfte es wenig westliche Länder geben, die ähnlich rücksichtslos mit der eigenen Reputation umgehen würden. Die Amis haben ja auch über Terroristen bis Massenvernichtungswaffen alles gefunden , was ihnen gerade in den Kram passt. Geschichtlich gesehen eher nen herber Rückschlag für die generell zivilisierte Welt-

Ein (für mich) erhellender, aktueller Beitrag hierzu von Michael Lüders auf youtube. Seine Schlussfolgerung der sich immer weiter zuspitzenden Situation im Nahen Osten macht allerdings Angst. Ich hoffe, dass unsere Regierung sich auch so etwas ansieht. - Unter anderem auch gut hergeleitet, die Geschichte der Hamas und der Hisbollah.

Michael Lüders: "Armageddon?"

Für mich ist er immer jemand gewesen, der versucht, aktuell bestehende Konflikte so neutral wie möglich zu betrachten.
 
Für mich ist er immer jemand gewesen, der versucht, aktuell bestehende Konflikte so neutral wie möglich zu betrachten.
Hmmmppff, also nach den ersten Minuten schon würde ich sagen nein. Die subtile Wortwahl und Darstellung verrät schon klar alt-linke Sympathielagen...z.B."Israel beliebte es 1982 im Libanon einzumarschieren, um die PLO auszuschalten/zu vertreiben" ist nur ein kleiner Satz, der schon klar verrät, wo er steht. Dann noch wie "israel-affin" (mit leicht süffisanten Unterton) D und die USA "natürlich" wären usw.
Das sind so Formulierungen, wo man schon genau hört,wie die manipulativ eingestreut werden, auch die Betonung, Israel habe die Hamas-Führer "ganz klar ermordet" und hierzulande würde man das ja quasi verharmlosend "gezielte Tötungen" nennen, dabei sei es "Mord", so noch 3x betonen etc.
Da kriege ich schon Schluckauf.
Er kann fragen, ob das Handeln Israels taktisch sinnvoll ist, das ja, das macht er auch, aber ist dabei ganz klar tendenziös.
Bin gespannt, ob er auch so auf dem Begriff "Morden" an israelischen Zivilisten am 7. Oktober seitens der Hamas besteht, das wäre dann aber mindestens fällig.

Also, ich werde mir das abends nochmal zuende anhören, aber ich bin fast sicher, das bleibt so.
Ist natürlich eine Haltung, das ist ja erlaubt, ob sie einem selber passt oder nicht- aber neutral ist sie glaube ich nicht...
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich muss Dir (leider) zum Teil recht geben, Danke für´s genauere Hinsehen. Ich fand auf den ersten Blick einfach das, was er sagte, einen Ausgleich zu dem, was wir hier sonst über die Medien bekommen.

Hab vorhin auch mit Schrecken bei Wikipedia gesehen, dass er seit neuestem im Vorstand von BSW ist. ☹️
 
Palästina/Gaza gehört nach dem Verständnis Israels zu Israel selbst. Demzufolge sind die Palästinenser nach dem Verständnis Israels selbst israelische Zivilisten, die damit dann auch unter dem Schutz der israelischen Polizei bzw. des IDF stehen. Palästina ist nicht der Feind, sondern die Terrororganisation Hamas.

Nein, nicht der Fall.
Haben auch kein Wahlrecht.

De facto war zumindest Gaza komplett eigenständig. Natürlich erkennt man ein Land, dass von Terroristen regiert wird trotzdem nicht an.

Palästina ist genauso der Feind wie Deutschland der Feind der Juden war in 1940, mit der Einschränkung, dass die Hamas nicht alle palästinensischen Gebiete kontrolliert.

Die Strategie der Hamas geht insofern auf, dass Israel sich gar nicht vollumfänglich richtig verhalten kann. Gehen sie zu hart vor, sterben und leiden viele unschuldige Menschen und werden so zu "Märtyrern" - auch vor der ganzen Weltgemeinschaft. Gehen sie zu lasch vor, bleibt Hamas bestehen. Die Frage ist: Was ist der ideale Weg, der sowohl möglichst wenig Leid und Tot in der Zivilbevölkerung bewirkt als auch den Feind, also die Terrororganisation Hamas, effektiv bekämpft.

Darum kannst du nicht mit Terroristen verhandeln, oder da mit spielen.

Du musst exakt so "hart" sein, dass du dein Ziel erreichst.

Und ist Unsinn alle Verantwortung auf sich zu nehmen. Hamas kann kapitulieren, und muss sich nicht weiter hinter Zivilisten verschanzen. Du kannst das nicht aufgehen lassen. Kollateraltreffer sind in der Verantwortung der
Kriegsverbrecher, wenn sie sich hinter Zivilisten verschanzen.

in Gott wird sicher nicht eingreifen. Der Zweck heiligt aber trotzdem nicht alle Mittel. Ich bin mir sicher, dass es Israel nicht einfach macht und viel nachdenkt - aber ich bin mir nicht sicher, ob sie dabei nicht trotzdem auch besser vorgehen könnten.

Du bist wohl ein ziemlicher Prinzipienethiker?!

Ich denke nicht, dass irgendeine Ethik objektiv Bestand hat, und unabhängig von der menschlichen Zivilisation gilt.

Aber grundsätzlich sehe ich es erstens schlicht als wichtiger an, die zu verteidigen, die deine Freunde, Familie, die Leute, die du repräsentierst usw. sind. Ich sehe insofern wie gesagt nicht, dass Israel die Sicherheit seiner Streitkräfte und Bevölkerung reduzieren sollte, nur weil der Gegner umgekehrt sich hinter den eigenen Leuten verschanzt.

Zweitens akzeptiere ich, dass man auch mit "hängen" kann als Teil einer Gruppe. Am Ende werden Reparationen von allen mit bezahlt, wenn dein (de facto) Land einen Krieg begonnen hat. Und die Konsequenzen des Krieges trägt man eben auch. Man hätte Hamas stoppen müssen zuvor, und da man in der kleinen Minderheit ist, die nicht pro Hamas war, hat man tatsächlich Pech gehabt. Ja, ist so im Leben...

Drittens muss man auch die Folgen mit einbeziehen. Zweck heiligt nicht die Mittel angeblich, aber wenn es nur fragwürdige Mittel gibt, um einen notwendigen Zweck zu erreichen? Dann sollte man auch berücksichtigen, dass mittel- bis langfristig gegen mehr ethische Prinzipien verstoßen wird als kurzfristig der Fall um ein Ziel zu erreichen. Israel hätte überhaupt nicht reagieren können, und kurzfristig wäre weniger Leid weltweit summiert worden, aber was passiert langfristig? Siehe die Taliban zum Beispiel. Vermutlich wäre es besser gewesen da härter vorzugehen. Jetzt geht das vielleicht die nächsten Hundert Jahre plus so weiter unter deren Schreckensherrschaft...

Zusammengefasst:
1. Die Hamas trägt Hauptverantwortung und kann kapitulieren, und man kann sich nicht erpressen lassen.
2. Eigene Leute sind wichtiger
3. Jeder ist dazu aufgefordert Schaden den die eigene Gruppe macht zu verhindern und mag am Ende schlicht Pech haben, wenn ihm das nicht gelingt, sofern versucht.
4. Auf lange Sicht kann mit mehr Leid gerechnet werden, wenn man kurzfristig durch Pazifismus die andere Wange hinhält, selbst wenn die anderen Punkte oben nicht gültig sind.

Es muss also alles abgewogen werden.
Natürlich würde ich nicht sagen, dass der Zweck wirklich jedes Mittel rechtfertigt.
Aber es ist sicher nicht so, dass wir das so auslegen müssen, dass man sich bestenfalls nur konkret verteidigt, und nach Abwehr des 7.10. auf einen weiteren Einmarsch verzichtet, und/oder einen Waffenstillstand unterzeichnet, sich aus Schulen beschießen lässt usw. usf.
 
Dafür dass die ganze Welt gerade auf den Gaza-Streifen schaut, ist es den Israelis erschreckend egal, wie ihr Außenbild ist, dass sie vermitteln. Abgesehen von den Amerikanern, nach 9/11, dürfte es wenig westliche Länder geben, die ähnlich rücksichtslos mit der eigenen Reputation umgehen würden. Die Amis haben ja auch über Terroristen bis Massenvernichtungswaffen alles gefunden , was ihnen gerade in den Kram passt. Geschichtlich gesehen eher nen herber Rückschlag für die generell zivilisierte Welt-
>Und da wir grade bei Amerika sind.....der "War on Terror", den Amerika v.a. im Irak führte, hat v.a. zu weiterer islamischer Radikalisierung geführt, die es vorher noch nicht gab.
In syrischen Lagern (in kurdischem Gebiet) sitzen z.B. in einem einzigen davon ca. 11000 IS-Kämpfer, in Flüchtligslagern daneben ihre um ein Vielfaches höhere Anzahl von Kindern, die dort seit Jahren indoktriniert werden. Die haben nicht aufgehört, kämpfen zu wollen und werden es auch nicht.

Biden hatte Israel sogar mehrfach gewarnt, dass dieser Effekt sich bei der Hamas wiederholen könnte- was schon spektakulär ist an Fehlerkultur für amerik. Verhältnisse.
Militärisch allein, jedenfalls in dieser klassischen Form, wie Israel es macht, ist ein Kampf gegen den Terror nicht zu gewinnen.
 
Nein, nicht der Fall.
Haben auch kein Wahlrecht.

De facto war zumindest Gaza komplett eigenständig.

Dann würde ja auch aus israelischer Seite nichts gegen eine Zwei-Staaten-Lösung sprechen.

Natürlich erkennt man ein Land, dass von Terroristen regiert wird trotzdem nicht an.

Es wäre ja nicht von Terroristen regiert, wenn es wirklich ein eigenes Land sein könnte.

Palästina ist genauso der Feind wie Deutschland der Feind der Juden war in 1940, mit der Einschränkung, dass die Hamas nicht alle palästinensischen Gebiete kontrolliert.

Nein. Sehr hinkender Vergleich.

Darum kannst du nicht mit Terroristen verhandeln, oder da mit spielen.

Du musst exakt so "hart" sein, dass du dein Ziel erreichst.

Ja, so hart, dass man sein Ziel erreicht. Aber nicht härter. Und die Frage ist: Sind die Aktionen Israels vielleicht overkilled? Ich lasse diese Frage bewusst offen. Aber es gibt einige Leute, die bemängeln, dass Israel aktuell über dieses Ziel hinaus schießt. Und es ist nicht ganz von der Hand zu weisen, was diese Leute da aufführen.

Und ist Unsinn alle Verantwortung auf sich zu nehmen. Hamas kann kapitulieren, und muss sich nicht weiter hinter Zivilisten verschanzen. Du kannst das nicht aufgehen lassen. Kollateraltreffer sind in der Verantwortung der
Kriegsverbrecher, wenn sie sich hinter Zivilisten verschanzen.

Durchaus, aber das ist nicht das einzige, was bemängelt wird.

Du bist wohl ein ziemlicher Prinzipienethiker?!

Ich denke nicht, dass irgendeine Ethik objektiv Bestand hat, und unabhängig von der menschlichen Zivilisation gilt.

Ich bin ein Prinzipien-Ethiker in der Hinsicht, dass ich glaube, dass sich eine brauchbare und gerechte Ethik auf wenigen fundamentalen Grundsätzen aufbauen lässt. Und ja, es ist und bleibt ein menschliches Konstrukt - Ethik besteht nicht losgelöst davon. Das macht sie aber nicht weniger wichtig, um das Miteinander nicht kompletter Willkür zu überlassen.

Aber grundsätzlich sehe ich es erstens schlicht als wichtiger an, die zu verteidigen, die deine Freunde, Familie, die Leute, die du repräsentierst usw. sind. Ich sehe insofern wie gesagt nicht, dass Israel die Sicherheit seiner Streitkräfte und Bevölkerung reduzieren sollte, nur weil der Gegner umgekehrt sich hinter den eigenen Leuten verschanzt.

Was ist zur Verteidigung nötig und was nicht? DAS ist die Frage dabei.

Zweitens akzeptiere ich, dass man auch mit "hängen" kann als Teil einer Gruppe. Am Ende werden Reparationen von allen mit bezahlt, wenn dein (de facto) Land einen Krieg begonnen hat. Und die Konsequenzen des Krieges trägt man eben auch. Man hätte Hamas stoppen müssen zuvor, und da man in der kleinen Minderheit ist, die nicht pro Hamas war, hat man tatsächlich Pech gehabt. Ja, ist so im Leben...

Da magst das akzeptieren; ich sicher nicht.

Drittens muss man auch die Folgen mit einbeziehen. Zweck heiligt nicht die Mittel angeblich, aber wenn es nur fragwürdige Mittel gibt, um einen notwendigen Zweck zu erreichen? Dann sollte man auch berücksichtigen, dass mittel- bis langfristig gegen mehr ethische Prinzipien verstoßen wird als kurzfristig der Fall um ein Ziel zu erreichen. Israel hätte überhaupt nicht reagieren können, und kurzfristig wäre weniger Leid weltweit summiert worden, aber was passiert langfristig? Siehe die Taliban zum Beispiel. Vermutlich wäre es besser gewesen da härter vorzugehen. Jetzt geht das vielleicht die nächsten Hundert Jahre plus so weiter unter deren Schreckensherrschaft...

Wie hart hättest Du es denn gerne? Erzähl mal.
 
Ein langer Artikel des jüdischen Historikers Omar Bartov.

Unlike the majority of Israelis, these young people [who had been fighting as part of the IDF in Gaza] had seen the destruction of Gaza with their own eyes. It seemed to me that they had not only internalised a particular view that has become commonplace in Israel – namely, that the destruction of Gaza as such was a legitimate response to 7 October – but had also developed a way of thinking that I had observed many years ago when studying the conduct, worldview and self-perception of German army soldiers in the second world war. Having internalised certain views of the enemy – the Bolsheviks as Untermenschen; Hamas as human animals – and of the wider population as less than human and undeserving of rights, soldiers observing or perpetrating atrocities tend to ascribe them not to their own military, or to themselves, but to the enemy.

Thousands of children were killed? It’s the enemy’s fault. Our own children were killed? That is certainly the enemy’s fault. If Hamas carry out a massacre in a kibbutz, they are Nazis. If we drop 2,000-pound bombs on refugee shelters and kill hundreds of civilians, it’s Hamas’s fault for hiding close to these shelters. After what they did to us, we have no choice but to root them out. After what we did to them, we can only imagine what they would do to us if we don’t destroy them. We simply have no choice.
[...]
This is the logic of endless violence, a logic that allows one to destroy entire populations and to feel totally justified in doing so. It is a logic of victimhood – we must kill them before they kill us, as they did before – and nothing empowers violence more than a righteous sense of victimhood. Look at what happened to us in 1918, German soldiers said in 1942, recalling the propagandistic “stab-in-the-back” myth, which attributed Germany’s catastrophic defeat in the first world war to Jewish and communist treason. Look at what happened to us in the Holocaust, when we trusted that others would come to our rescue, IDF troops say in 2024, thereby giving themselves licence for indiscriminate destruction based on a false analogy between Hamas and the Nazis.
[...]
But another part of my apprehension had to do with the fact that my view of what was happening in Gaza had shifted. On 10 November 2023, I wrote in the New York Times: “As a historian of genocide, I believe that there is no proof that genocide is now taking place in Gaza, although it is very likely that war crimes, and even crimes against humanity, are happening. […] We know from history that it is crucial to warn of the potential for genocide before it occurs, rather than belatedly condemn it after it has taken place. I think we still have that time.”

I no longer believe that. By the time I travelled to Israel, I had become convinced that at least since the attack by the IDF on Rafah on 6 May 2024, it was no longer possible to deny that Israel was engaged in systematic war crimes, crimes against humanity and genocidal actions.
It was not just that this attack against the last concentration of Gazans – most of them displaced already several times by the IDF, which now once again pushed them to a so-called safe zone – demonstrated a total disregard of any humanitarian standards. It also clearly indicated that the ultimate goal of this entire undertaking from the very beginning had been to make the entire Gaza Strip uninhabitable, and to debilitate its population to such a degree that it would either die out or seek all possible options to flee the territory. In other words, the rhetoric spouted by Israeli leaders since 7 October was now being translated into reality – namely, as the 1948 UN Genocide Convention puts it, that Israel was acting “with intent to destroy, in whole or in part”, the Palestinian population in Gaza, “as such, by killing, causing serious harm, or inflicting conditions of life meant to bring about the group’s destruction”.

Übersetzt mit Deepl:
Anders als die Mehrheit der Israelis hatten diese jungen Leute [die als Teil der IDF in Gaza gekämpft hatten] die Zerstörung des Gazastreifens mit eigenen Augen gesehen. Mir schien, dass sie nicht nur eine bestimmte Sichtweise verinnerlicht hatten, die in Israel alltäglich geworden ist - nämlich, dass die Zerstörung des Gazastreifens als solche eine legitime Reaktion auf den 7. Oktober war -, sondern auch eine Denkweise entwickelt hatten, die ich vor vielen Jahren beobachtet hatte, als ich das Verhalten, die Weltanschauung und die Selbstwahrnehmung von Soldaten der deutschen Armee im Zweiten Weltkrieg untersuchte. Da sie bestimmte Feindbilder verinnerlicht haben - die Bolschewiken als Untermenschen, die Hamas als menschliche Tiere - und die breite Bevölkerung als weniger menschlich und rechtlos ansehen, neigen Soldaten, die Gräueltaten beobachten oder begehen, dazu, diese nicht ihrem eigenen Militär oder sich selbst, sondern dem Feind zuzuschreiben.

Tausende von Kindern wurden getötet? Das ist die Schuld des Feindes. Unsere eigenen Kinder wurden getötet? Das ist sicherlich die Schuld des Feindes. Wenn die Hamas ein Massaker in einem Kibbuz verübt, sind sie Nazis. Wenn wir 2.000-Pfund-Bomben auf Flüchtlingsunterkünfte abwerfen und Hunderte von Zivilisten töten, ist es die Schuld der Hamas, weil sie sich in der Nähe dieser Unterkünfte versteckt. Nach dem, was sie uns angetan haben, haben wir keine andere Wahl, als sie auszurotten. Nach dem, was wir ihnen angetan haben, können wir uns nur vorstellen, was sie uns antun würden, wenn wir sie nicht vernichten. Wir haben einfach keine andere Wahl.
[...]
Dies ist die Logik der endlosen Gewalt, eine Logik, die es erlaubt, ganze Bevölkerungen zu vernichten und sich dabei völlig gerechtfertigt zu fühlen. Es ist eine Logik des Opferseins - wir müssen sie töten, bevor sie uns töten, so wie sie es zuvor getan haben - und nichts stärkt die Gewalt mehr als ein rechtschaffenes Gefühl des Opferseins. Schaut euch an, was uns 1918 passiert ist, sagten deutsche Soldaten 1942 und erinnerten an den propagandistischen „Dolchstoß“-Mythos, der Deutschlands katastrophale Niederlage im Ersten Weltkrieg auf jüdischen und kommunistischen Verrat zurückführte. Schauen Sie sich an, was uns im Holocaust passiert ist, als wir darauf vertrauten, dass andere zu unserer Rettung kommen würden, sagen die IDF-Soldaten im Jahr 2024 und erteilen sich damit selbst die Erlaubnis zu wahlloser Zerstörung auf der Grundlage einer falschen Analogie zwischen Hamas und den Nazis.
[...]
Aber ein anderer Teil meiner Befürchtungen hatte mit der Tatsache zu tun, dass sich mein Blick auf die Geschehnisse in Gaza verändert hatte. Am 10. November 2023 schrieb ich in der New York Times: „Als Historiker des Völkermords glaube ich, dass es keinen Beweis dafür gibt, dass in Gaza ein Völkermord stattfindet, obwohl es sehr wahrscheinlich ist, dass Kriegsverbrechen und sogar Verbrechen gegen die Menschlichkeit geschehen. [...] Wir wissen aus der Geschichte, dass es entscheidend ist, vor einem möglichen Völkermord zu warnen, bevor er stattfindet, anstatt ihn nachträglich zu verurteilen, wenn er bereits stattgefunden hat. Ich denke, wir haben noch Zeit.“
[...]
Ich glaube das nicht mehr. Als ich nach Israel reiste, war ich zu der Überzeugung gelangt, dass spätestens seit dem Angriff der IDF auf Rafah am 6. Mai 2024 nicht mehr geleugnet werden kann, dass Israel systematische Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord begeht.
Nicht nur, dass dieser Angriff auf die letzte Ansammlung von Gaza-Bewohnern - die meisten von ihnen wurden bereits mehrfach von der IDF vertrieben, die sie nun erneut in eine so genannte sichere Zone drängte - eine völlige Missachtung jeglicher humanitärer Standards zeigte. Es zeigte auch deutlich, dass das ultimative Ziel dieses ganzen Unterfangens von Anfang an darin bestand, den gesamten Gazastreifen unbewohnbar zu machen und seine Bevölkerung so zu schwächen, dass sie entweder ausstirbt oder alle Möglichkeiten nutzt, um aus dem Gebiet zu fliehen. Mit anderen Worten, die Rhetorik der israelischen Führer seit dem 7. Oktober wurde nun in die Realität umgesetzt - nämlich, wie es in der UN-Völkermordkonvention von 1948 heißt, dass Israel „in der Absicht handelt, die palästinensische Bevölkerung im Gazastreifen als solche ganz oder teilweise zu vernichten“, „indem es sie tötet, ihr schweren Schaden zufügt oder ihr Lebensbedingungen auferlegt, die ihre Vernichtung herbeiführen sollen“.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wie genau kommt ein Genozid zustande? Omar Bartov hat das präzise geschildert.

Und in diesem Thread sehen wir exakt diese Denkweise. Beispielsweise @PsiSnake:
Zusammengefasst:
1. Die Hamas trägt Hauptverantwortung und kann kapitulieren, und man kann sich nicht erpressen lassen.
Oder @LalDed:
Die Hamas trägt den Großteil der Verantwortung für die unschuldig Getöteten.
Oder @Luca.S, der hier die Hamas ganz explizit mit den Nazis vergleicht - exakt das, was Omar Bartov beschreibt.
Aber die Terroristen schießen aus dieser Menge fröhlich Raketen auf die Stadt und deren Bewohner.
Sollen sie doch ruhig machen, denn hier geht es ja "nur um Juden" und da hat der Adolf selig eben damals nicht alle erwischt und die Hamas würde den job jetzt mal eben zu ende bringen, wenn die Israelis so blöd wären und sich abschlachten lassen würden.

Dazu schreibt Omar Bartov:
Tausende von Kindern wurden getötet? Das ist die Schuld des Feindes. Unsere eigenen Kinder wurden getötet? Das ist sicherlich die Schuld des Feindes. Wenn die Hamas ein Massaker in einem Kibbuz verübt, sind sie Nazis. Wenn wir 2.000-Pfund-Bomben auf Flüchtlingsunterkünfte abwerfen und Hunderte von Zivilisten töten, ist es die Schuld der Hamas, weil sie sich in der Nähe dieser Unterkünfte versteckt. Nach dem, was sie uns angetan haben, haben wir keine andere Wahl, als sie auszurotten. Nach dem, was wir ihnen angetan haben, können wir uns nur vorstellen, was sie uns antun würden, wenn wir sie nicht vernichten. Wir haben einfach keine andere Wahl.
Schuld ist immer die Hamas. (Abgeschwächte Varianten davon: "Hauptschuld", "Grossteil der Verantwortung" und so weiter.) Beinahe 40'000 Tote im Gaza durch 2 Tonnen schwere Bomben, die mitten in Wohngebieten abgeworfen werden? Die Hamas trägt die Hauptverantwortung. Schulen, die zerbombt werden? Die Hamas trägt die Hauptverantwortung. Die Gas- und Wasserversorgung wird abgeschnitten, und es werden unter dem Wegsehen des IDF Hilfsgüter durch Siedler zerstört, bevor sie überhaupt im Gaza ankommen? Schuld ist einmal mehr die Hamas. Tausende Palästinenswer werden ohne Rechtsgrundlage in Gefängnisse gesteckt, verhört, und gefoltert? Dafür kann nur die Hamas schuld sein.

Omar Bartov ist jüdischer Historiker mit Schwerpunkt Holocaust-Forschung. Er hat untersucht, wie es im 2. WK dazu kommen konnte, dass "normale Menschen" einen Genozid nicht nur nicht verhinderten, sondern mittrugen.

Das psychologische Muster, das am Werk ist, lautet: "Schuld sind immer die anderen, sie zwingen uns, all diese fürchterlichen Dinge zu tun, die wir überhaupt nicht tun wollen, aber tun müssen, um zu verhindern, dass jene anderen uns vernichten. Wir können selbst per Definition nicht böse sein, weil die anderen bereits abgrundtief böse sind, und wir sie vernichten müssen, bevor sie uns vernichten."

Wir sehen diese Begründung hier in diesem Thread wieder und wieder von denselben Personen wiederholt.

Natürlich werden auf diesen Post die üblichen Reaktionen folgen (wobei, sobald man das dann hinschreibt, dann folgen sie womöglich auch nicht): Dass ich ja wohl die Geiseln vergessen hätte, dass es ja die Hamas gewesen sei, die den Terroranschlag verübt hätte, dass ich wohl das Leid der Israelis vergessen würde, und so weiter.
 
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Das psychologische Muster, das am Werk ist, lautet: "Schuld sind immer die anderen,
Ich würde sagen, das ist die Verhaltensweise von Menschen seit jeher...wer gibt denn schon zu, für Shice die Verantwortung zu tragen, ich sehe kaum was davon.
Anyway..

Bei den Iraelis- Netanjahu befindet sich grade wieder im Aufwind übrigens, wieder über die Hälfte steht hinter ihm und damit seinen Extremisten, denen er den Steigbügel hält- kommt aber erschwerend hinzu, dass sie immer auf ihren historisch einzigartigen Opferstatus pochen können/konnten. Sie haben diesbezüglich das Alleinstellungsmerkmal, und das bleibt auch so.
Nur, sie leiten daraus Sonderregeln und Sonderrechte ab, weil sie niemand haben wollte, die inzwischen jedes Maß sprengen und im Moment verspielen sie diesen Status auch damit. Beide Vorgänge, die historische Judenverfolgung , der Holocaust und der Genozid in Gaza jetzt sind zu trennen. Es gibt keine Rechtfertigung und keine Möglichkeit mehr, sie wie auch immer aufzurechnen.
Aber sie halten fest am ewigen Opferstatus, werden das auch weiterhin tun und lernen nichts dazu, und deswegen kippt es, irgendwann vielleicht auch nachhaltig.
Dennoch werden die USA, D und andere noch lange nichts anderes tun außer mahnen. 🤷‍♂️
Die palästinensische Bervölkerung wird es ausbaden.
 
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