Hallo!
Wie seht Ihr das Thema Würde?
Es heißt im Grundgesetz: "Die Würde des Menschen ist unantastbar."
Theoretisch.
Nur, was wenn sie doch angetastet wird, wenn sie nichts gilt, wenn man das Gefühl hat, keine mehr zu besitzen, wenn sie einem weggenommen wurde?
Menschen sind antastbar, verletzbar, werden mit Füßen getreten, man spricht ihnen ihre Rechte ab.
Wie bekommt man Würde zurück? Kann man sie überhaupt verlieren, ist sie etwas inneres oder äußeres?
Kann man sie behalten, egal was andere tun?
Wie steht es mit Kindern?
Würde verlieren Menschen, wenn ihnen kein Respekt zuteil wird. Wenn also die Umgebung nicht den Menschen und seine Person in ihrer individuellen Gestaltung respektiert.
Tut sie es, so ist sie tolerant. Sie akzeptiert die Verhaltensweisen einer Person, ihre Meinung und ihr Fehler und gleicht sie aus. Sie fördert den Menschen dort, wo er gefördert werden muß und ermöglicht ihm die Selbstständigkeit - was ein Ausdruck von Respekt ist, daß man dem Anderen Selbstständigkeit zuspricht, natürlich in Abhängigkeit vom Alter, den Gebrechen und den Erfahrungen.
"Respektlos" ist also nicht, wer eine andere Person berechtigt auf Fehler hinweist. Höchstens seine Art kann respektlos sein, in der er die Kritik mitteilt. Kritik selber jedoch ist nicht "respektlos", nie. Es kommt auf die Art und Weise an, wie sie vorgetragen wird.
Auch das Verbot einer Handlung, die, vom Nichtwissenden ausgeführt, etwas Schlechtes oder Nachteiliges verursachen würde, ist nicht respektlos. Schon das Kind muß lernen, was "gut" ist und was "schlecht" ist - sonst wird es niemals Respekt entwickeln können vor dem, was gut ist und auch nicht vor dem, was schlecht ist. Erziehung allgemein ist also - solange sie gutartig ist und Gutes will - nicht respektlos. Es ähnelt eher dem Beschneiden eines Obstbaumes mit einer Schere, an dem man die überflüssigen Triebe entfernt, damit die tragfähigen Äste soviele Früchte tragen können, wie sie können.
Respektlos ist also auch nicht die Regel oder das Gesetz an sich - ein Euthanasiegesetz dagegen ist respektlos. Es kommt also auch hier auf den Inhalt an, den das Gesetz regelt, genauso wie beim Verbot.
Am Respektvollsten - empfinde ich wenigstens - ist das Vermitteln von Prinzipien. Oft reicht es, ein Prinzip zu vermitteln: "Prinzipiell, lieber Hans, darfst Du nicht über die rote Ampel gehen. Wenn aber die Oma dort auf der Fahrbahn beim Überqueren der Strasse stürzt, dann mußt Du bitte die Arme heben, ohne Gefahr für das eigene Leben den Verkehr stoppen, damit die Oma nicht überfahren wird, um dann zu ihr zu eilen und ihr zu helfen. Selbst, wenn die Ampel rot ist." Ansonsten begrenzt die Regel und führt dazu, daß bei roter Ampel die Hälfte der Fußgänger stehen bleibt und der Oma nicht hilft, weil die Ampel ja rot ist und man bei rot nicht auf die Strasse läuft. (kann man so beobachten, wenn man es mal erlebt.)
Prinzipien lassen dem Menschen offen, eine Entscheidung zu treffen. Regeln dagegen dürfen nicht gebrochen werden. Ich plädiere daher zu einem überlegten Mix aus Regeln und Prinzipien, damit die Würde des Menschen erhalten bleibt und er sich frei entwickeln kann so, wie er es als sinnvoll erachtet als selberdenkender Mensch. Allzu oft ist es ja leider so, daß Menschen kaum selber denken und sich eher mechanistisch an innerlich gesteuerten Verhalten orientieren in ihrer Wahrnehmung der Möglichkeiten im Leben. Und da in diesen Fällen kann man wohl davon ausgehen, daß schon sehr früh das Kind keinen Respekt erlebt hat, daß es also das Urvertrauen verloren hat und sich daher so starr an Verhaltens-, Fühl- und Denkregeln halten muß. Die Befreiung des Geistes, der Seele, auch des Körpers von den Auswirkungen des Lebens ist dann ein beliebtes Ziel, das Menschen übrigens u.a. mit esoterischen Verständnis zu erreichen suchen. Denn esoterisches Wissen respektiert den Lernenden ganz anders, es ist Erfahrungswissen, das nicht belegt werden muß und nicht belegt werden will. Es ist frei - und daher wird wohl die Spiritualität des Menschen auch als eine Grundlage gesehen für ein würdevolles Leben. (Im Gegensatz dazu die heutige westliche Welt im Medienkapitalismus und Börsenchaos, in der ein würdevolles Leben zunächst mal so nicht zu vermuten ist. Ganz generell glaube ich nicht, daß viele Menschen für sich einen wahren Kontakt zur Würde erreichen. Man muß sie verlieren, bewusst verlieren, um sie zu gewinnen. Und wer will schon erkennen, wie würdelos er tatsächlich lebt? Leben muß, in unserer "zivilisierten" Welt?! Und wer würde dann von diesen Traumata wirklich vollständig genesen wollen, vor dem Tod?)
lg,
Trixi Maus