hallo jagran!
eine oft gestellte frage - und eine letzten endes nie wirklich erschöpfend beantwortete frage. es gibt auch ganz unterschiedliche zugänge zur astrologie, sowohl was die praktische ausübung betrifft als auch was den erkenntnistheoretischen hintergrund angeht.
was meinen eigenen zugang betrifft, so habe ich den zugang vor allem über meine skepsis gefunden. ich hatte bekannte, denen ich vertraute, und die sich mit astrologie befassten, und die kamen zu aussagen, die mich schlicht verblüfften (keine wahrsagerei oder ereignisprognostik, sondern einfach einblicke in innerpersönliche zusammenhänge, deren exploration ansonsten stunden von gespräch erfordert hätte). also schaute ich nach, was dahinterstecken könnte, und betrat ein faszinierendes gebiet.
parallel dazu hatte ich begonnen, mich mit den neuen komplexitätswissenschaften, insbesondere der chaostheorie, zu beschäftigen. und bald sah ich, dass das, was wolfgang döbereiner mit seiner "münchner rhythmenlehre" formuliert hatte, in vielem entsprechungen aufwies mit grundlegenden elementen der chaosforschung - und daraus ergab sich für mich eine sehr schlüssige begründung von astrologie auf dem boden wissenschaftsnaher interpretationen von zusammenhängen.
in der chaostheorie gibt es den begriff der fraktale - das sind sogenannte maßstabsgebundene symmetrien, die benoit mandelbrot zuerst entdeckt hatte: kleine ausschnitte von ganzheiten, die in ihrer gestalt dem übergeordneten ganzen ähneln - das kleine bildet sich im größeren ab und umgekehrt. wenn du's genauer wissen möchtest:
http://de.wikipedia.org/wiki/Fraktal
mandelbrot wies nach, dass es solche fraktale nicht nur im dreidimensionalen raum gab, sondern auch in der zeit. strukturen von zeit - etwa die verteilung der häufigkeiten des auftretens von störungen bei datenübertragungen - schienen im großen maßstab dem gleichen schema zu gehorchen wie im kleinen. und es zeigte sich sogar, dass solche "gestalt gebenden" schemata von zeitreihen themenübergreifend auftraten - mandelbrot war verblüfft, als ein vortragender einmal bei einem kongress vorher gesprochen und an der wand noch ein diagramm hatte, das sehr ähnlich dem war, das mandelbrot gerade aus der tasche ziehen wollte. beide sprachen über völlig unterschiedliche themen, aber über die gleiche zeitspanne. und so gibt es noch einiges in der chaostheorie, was solche "ordnungen im chaos" beschreibt - wichtig ist mir auch der begriff der "attraktoren": das sind abstrakte gestaltungsprinzipien, entlang derer chaotische prozesse sich manifestieren. in vielem scheinen sie mir sehr den archetypen c.g.jungs sehr ähnlich zu sein.
für mich sind die astrologischen symbole - manche bezeichnen sie eh auch als archetypen - solche attraktoren, und ich nenne sie auch lieber so, um sie vom psychologischen begriff des archetypus zu unterscheiden.
wie kommen nun astrologie und chaostheorie zusammen? das universum entwickelt sich in zeit und raum, und der für uns zur zeit größtmögliche zeit-raum ist die spanne vom urknall (oder was immer ein anfang gewesen sein mag) bis heute. damit ist sozusagen eine grundstruktur gegeben. nach den fraktalen ordnungen der chaostheorie sollte sich diese grundstruktur in kleineren zeiteinheiten abbbilden (im übrigen eine für mich eindrucksvolle bestätigung des "wie oben so unten", nur eben nicht als kausalkette, sondern als fraktale analogie).
nun kann ich auch meine eigene entwicklung in raum und zeit begreifen als eine, die sich vom urknall meiner geburt bis hin zu ... erstreckt. die (unbewiesene) annahme ist nun, dass für diese fraktale verkleinerung des kosmischen gesamtgeschehens die gleichen attraktoren gelten wie für die kosmische evolution (das ist der grund, warum ich einen tierkreis verwenden kann und warum ich den zwölf segmenten bedeutungen zuschreiben kann, die für das makrokosmische ebenso zutreffen wie für den mikrokosmos meiner existenz). zugleich bedeutet der urknall meiner geburt meinen eintritt ins weltgeschehen zu einem ganz bestimmten zeitpunkt der kosmischen entwicklung - und dieser zeitpunkt überlagert wie eine interferenz meine attraktoren und gibt ihnen über das äußerst sensibel reagierenden koordinatenssystem von raum und zeit über den ort meiner geburt meine stelle in der kosmischen entwicklung. ich werde sozusagen in die übergreifende ordnung eingeordnet.
damit ergibt sich ein klares bild, und es lässt sich in vielen tausenden von beispielen zeigen, dass ein solches bild schlüssige aussagen ermöglicht. allerdings sind damit auch etliche prämissen verbunden, die unbewiesen sind. zum beispiel die annahme, dass zeit eine qualität hat und nicht nur eine messgröße ist. zum beispiel, dass wir das chaos unseres lebens wie eine gestalt beschreiben können, deren bildeprinzipien sich als attraktoren und deren zusammenwirken darstellen lassen. ich neige da zu einem konstruktivistischen ansatz: ich gebe dem, was ich wahrzunehmen meine, eine bedeutung, und damit wird es für mich bedeutsam. im austausch mit anderen erweist sich, ob meine annahmen geteilt werden, ganz oder teilweise, und so kommt es zu konstruktionen und welt-anschauungen im wahrsten sinn des wortes.
ebenso ist es m.e. mit der deutung von horoskopen ... wir geben einer an sich begriffslosen ganzheit durch das herausziehen von einzelnen gesichtspunkten punktuelle be-deutung, mit allen problemen, die damit verbunden sind. aber diese probleme hat auch ein diagnostizierender arzt oder ein träume deutender tiefenpsychologe, solche unschärfen sind kein privileg der astrologie.
vor diesem hintergrund ist die astrologie für mich die chance, einblicke in meine individuelle ordnung im kontext übergreifender ordnungen zu erhalten (holons in holarchien, um mit ken wilber zu reden). und die chaosforschung hat meine astrologische arbeit immens bereichert, nicht zuletzt durch berechnungsverfahren, die mit der anwendung fraktaler (und sehr einfacher) berechnungen eine dynamisierung des geburtshoroskops in die zeit hinein erlaubt - die evolution individueller zeitqualität vor dem hintergrund der kosmischen evolution wird abbildbar.
aber das muss erst mal reichen ... keine ahnung, ob es in irgendeiner weise mit deinen fragen zu tun hat, und vor allem: es ist nur eine möglichkeit von vielen, astrologie zu betrachten.
alles liebe, jake