Hallo Reinfriede
Dann verstehe ich Deine Theorie schlichtweg nicht, denn es sind doch wohl nicht nur bestimmte bewusste Lebenspläne gemeint, sondern auch missliche Situationen, welche sich jemand (ein Erwachsener) unbewusst erschaffen hat. Weshalb sollte ein Kind nicht gleich "funktionieren"??
Und wie ist es z.B. mit der Frau in Lichtleins Thread, diese Frau müsste doch dann auch selbst Schuld sein an ihrer Ausstrahlung auf andere, nicht? Sie ist ja erwachsen, nicht?
Ich will jetzt keinen Streit provozieren, aber für mich ist es einfach nicht logisch.
Dann müsste auch ein Mordopfer selbst Schuld sein, das wäre die logische Konsequenz aus dieser Theorie.
Liebe Sunnygirl!
Sorry, wenns vorhin unfreundlich rüberkam, ich konnte nur nicht mehr schreiben, weil Kundschaft da war, jetzt gehts wieder.
Vorerst: Eine der schmerzhaftesten Erkenntnisse, durch die man gehen kann ist die, dass man als Opfer auch Täter ist - hier gibt es naturgemäß die größte Abwehrhaltung überhaupt. In keinem Thema in der Esoszene wird mehr hin- und hergehackt als beim Thema "Schuld".
Darum denke ich, müssen wir sehr, sehr behutsam mit dem Thema umgehen, sonst rutscht dieser Thread schnell in die Polemik ab.
Darum auch gleich mal eine (vorläufige) Absage an die 3. Punkte, die Du aufgeführt hast:
1.) Ein Kind muss gleich funktionieren wie ein Erwachsener
2.) Lichtleins Thread
3.) Das Mordopfer ist selbst schuld
Denn da müsste ich nun 15 Seiten schreiben, um diese 3 Punkte, die an sich jeder ein eigenständiges Thema wären, zu beantworten, weil sie hier von Dir verknüpft wurden.
Dann wären wir bei der Aussage "Burli, wennst Dei Erbsensuppe net isst, verhungert in Afrika a Kind wegen Dir".
Man KANN natürlich alles miteinander verknüpfen - die Reaktion des Kindes, Lichtleins Thread, das "schuldige" Mordopfer - aber dann sind wir bei der Erbsensuppe.
Und mir liegt dieses Thema viel zu sehr am Herzen, als dass ich es so oberflächlich behandeln möchte.
Wenn es Dir recht ist, möchte ich mit dem Thema "Schuld" beginnen (und bitte, auch wenns schwer fällt, klammern wir Kinder aus, es wird noch klarer werden, warum ich diese Dinge nicht vermengen möchte.)
Vor einigen Jahren gab es in unserer Gemeinde einen Mordfall. Ein Mann hatte seine Frau ermordet.
Als er verhaftet wurde, weinte er ununterbrochen und sagte, "er hätte seine Frau so sehr geliebt, er hätte gar nicht anders handeln können, denn sie wollte ihn verlassen"...
Für ihn war SIE die Täterin und ER das Opfer.
Dieses Phänomen fällt immer wieder auf. Ein Täter fühlt sich als Opfer.
Ist das nicht immer so? Wenn die Nachbarn miteinander streiten, frag sie mal. Da ist IMMER der andere der Täter.
Kennst Du das Lied von Elvis Presley "In the Ghetto"?
Es gibt einen indianischen Spruch, der heißt: "Verurteile niemals einen Menschen, bevor Du nicht 14 Tage in seinen Mokassins gelaufen bist!".
In Presleys Lied kommt es sehr plastisch durch, dass JEDER Mensch nur genauso handeln KANN, wie er es gelernt hat.
Wer ist nun "schuld", wenn in diesem Lied ein Kind aus dem Ghetto zum Verbrecher wird - das Kind?
Oder fragen wir anders: Was meinst Du, wird sich dieses Kind, wenn es erwachsen geworden ist, in irgendeiner Weise "schuldig" fühlen? Oder glauben (so wie die zwei Nachbarn), selbst ok zu sein, aber die anderen wären schlecht?
JEDER Mensch glaubt von sich selbst, "gut" zu sein. Denn wenn man mal einen "Ausrutscher" hat (von der menschlich-sozialen Bewertung her gesehen), gabs ja dafür den "anderen", der Schuld hat.
Die Schuld liegt IMMER beim anderen.
Irgendetwas stimmt dabei nicht, oder?
Liebe Grüße
Reinfriede