Klaus Kinski spricht François Villon
Nachruf (den ich beinahe vergessen hätte)
Von Klaus Kinski bearbeitete Fasssung
der Nachdichtungen von Paul Zech:
Notwendige Nachschrift, mein Begräbnis betreffend und
Anweisung, welches Gebet ihr an meinem Grabe zu sprechen habt
Da ich nun doch zur Erde wieder faulen muß,
aus der ich einmal grün nach oben schoß;
so möchte ich in Saint-Avayl begraben sein.
Ich habe dieses Nest vor Jahren schon
mir ausgewählt. Es ruht dort auch mein Sohn
Armand, der leider nur mit einem Bein
zur Welt kam und am dritten Tag sich von seinem Herrn
versetzen ließ nach einem andern Stern.
In diesem Drecknest also kann man mir
die Grube machen, wenn ich hier krepier.
Um Himmelswillen keinen Block
aus Marmor auf den Schädel tun ... mein Rock
war viel zu sauber für den Schaum
der sogenannten Ehre. Außerdem
wärs auch zu schade für den schönen Lehm.
Nein nehmt einen Stein
vom Feld gleich nebenan, mit Dreck, mit Teer
vermengt für diesen Schmus.
Dann wird vielleicht im Jahr
Zweitausend nach des Herrn Geburt
die Welt noch wissen, wie Villon gedichtet hat, gestohlen und gehurt.
Schreibt einfach so: Hier unten ruht in Wurm und Mist,
besiegt von Schmerz und Weiberlist,
ein armer Teufel, ein Vagant:
F r a n ç o i s V i l l o n genannt.
Er hatte nie ein eigen Dach
sein Lebtag überm Kopf gehabt.
Er schritt dahin, zerbeult und abgeschabt,
den Fürsten zum Gespött, den Spießern zum Verlach,
und gibt sich jetzt dem Wurm noch hin zum Fraß.
Ich will euch vorkaun, was ihr beten müßt,
nachdem ihr euch bekreuzigt habt und Gott die Hand geküßt.
Nur dürft ihr euch vom Schein
der Kerzen nicht verwirren lassen
und einer Frau womöglich in den Rockschlitz fassen.
"Er war der Erde ärmster Knecht,
es ging ihm schlechter noch als schlecht,
man hat ihn angespien und Schande in sein Fleisch gebrannt.
Er hatte nur den Wind zeitlebens im Gesicht,
o Herr, nun schenk ihm Licht von deinem Licht."
Was sonst von mir noch übrig bleibt,
bringt höchstens eine neue Tulpenart in Schwung.
Wer dennoch Verse von Villon abschreibt,
begriff nur den Geruch von Dung.