DruideMerlin
Sehr aktives Mitglied
Lieber Thorwald,Versteh ich nicht so: wenn du etwas Neues erschaffst, sagen wir ein Haus baust, wirst du zuerst eine Skizze machen, das Feld abstecken und die Grundpfeiler erstellen. Also quasi die "Regeln" erstellen.
Das ist mit Logos gemeint, finde ich. Die ehernen Gesetze des Alls, nach denen sich alles richtet. Wie soll das "oberflächlich" sein?
Bleiben wir mit der Oberflächlichkeit einmal bei Deinem Beispiel vom Hausbau. Entsteht so wirklich ein Haus und steht vor all dem Planen und Skizzieren nicht eine Idee ein Haus bauen zu wollen? Mit dem Planen und Skizzieren habe ich mich doch schon entschlossen, diese Idee vom Haus zur Wirklichkeit werden zu lassen.
Eine Firma, die sich ein Logo zulegt, wählt auch kein Symbol, das die Allgemeinen Geschäftsbedingen verkörpert, sondern die Geschäftsphilosophie. So ist das auch mit einem Verein, der in seinem Logo nicht die Vereinsstatuten darstellen möchte. Wie austauschbar diese Geschäftsbedingungen oder Statuten sind, kannst in den Einheitsformularen erkennen, die von den meisten Firmen und Vereinen verwendet werden.
Das Universum wurde aus dem Chaos geboren und endet auch dort. Die Gesetze im Universum werden von den Menschen errichte, um dieses Universum verstehen zu können. Dass es da draußen nicht „die“ Gesetze gibt, siehst Du schon daran, dass sie gerade in den letzten Jahrzehnten immer wieder revidiert und verworfen wurden. Auch unsere menschliche Gesetze sind nicht unumstößlich und bleiben dem Chaos unterworfen. Ja und wie ist es mit den vermeintlichen Gesetzen Gottes bestellt?
Thorwald: Entschuldige, dies wird mir zu sehr theologisch, also immer abstrakter...
"Geist Gottes, der über allem..." was soll das? Gott IST der Geist - du teilst das - ist das nicht eine ziemlich altertümliche Sicht? Gibt es denn noch etwas, was Gott IST, außer seinem Geist? Alles ist Gott, denn Gott, die "Ursuppe", hat alles aus sich heraus erschaffen, was ist - sonst wäre er ein engeschränkter Gott.
Das ist sonst eine sehr humane Vorstellung, in welche das Verständnis aus dem Altertum hereingefunkt hat (1.Mose 1), "Gott" das Wesen mit dem langen Bart, der - Sippenanführer gleich - über seine Großfamilie regiert, wie er es will - das ist das AT-Verständnis von Jahwe, das ich nicht teile.
Hattest Du in Deiner Argumentation nicht selbst den Logos mit Johannes 1[1] ins Spiel gebracht? Ich sehe jetzt zwischen Deiner Vorstellung von einem universellen Gott und dem Vers von Johannes keinen Unterschied. Hatte nicht schon Moses davon gesprochen, dass man sich von Gott kein Bildnis machen sollte?
Warum sich der personelle Gott großer Beliebtheit erfreut, liegt einfach an den Denkmustern der Menschen. Wir versuchen den Dingen immer eine Persönlichkeit zu geben, damit wir sie besser verstehen und benennen zu können. Das liegt ganz einfach an unserm archaischem Erbe, die Absichten unseren Mitgeschöpfen erkennen zu können. Das erscheint Dir sicherlich für überkommen, aber so schlicht und einfach ist nun unsere Seelenwelt, auch wenn wir sie nicht immer verstehen können.
Thorwald: Fälschungen gibt es schon in den Evangelien - s. "Heliand"-Evangelium o.
Ein gutes Beispiel dafür, warum man in der frühen Christenheit die heiligen Schriften in kanonische Werke und Apokryphen eingeteilt hatte. Bei dem Heliand-Evangelium ging es im 9. Jh. darum, die Evangelien den Vorstellungen der Heiden jenseits der Alpen näherbringen zu können. Es wurden dazu aber nicht die Evangelien übersetzt, sondern in einer Evangelienharmonie dargestellt. Dieses Evangelium gehörte zu keiner Zeit zu den kanonischen Schriften. Solche Versuche zu einer Evangelienharmonie wurden schon mehrfach unternommen, ohne dass sie in das Neue Testament mit aufgenommen wurden.
Auch der Codex Sinaticus ist ein gutes Beispiel für die Texttreue der Evangelien, zur der man sich in den Abschriften immer verpflichtet fühlte. Diese Tradition kann man ebenfalls in den Funden zum Alten Testament aus Qumran (300 – 100 v. Chr.) und Kairo (9. Jh. n. Chr.) nachvollziehen.
Wer hier Tendenzen in die Evangelien einbrachten, waren im Wesentlichen die Verfasser der Evangelien. Ich weiß, dass die Argumentierungen von den allgemeinen Fälschungen sehr beliebt sind – aber durch das Wiederholen werden sie nicht glaubwürdiger.
Merlin