Ich war viele Jahre mit einem Mischling zusammen, er aß gerne Negerküsse und keine schwarzen Küsse. Bei der Auswahl Hell, Dunkel nahm er gerne die Dunklen und machte seine Witze darüber, wenn ich mir einen Hellen schnappte. Er war ein Geschäftsmann und wusste um seine Wirkung bei den Kunden. Seine Farbe sei seine Überraschung sagte er oft und nannte uns alle charmant Bleichlinge. Er hat mit seiner Hand ein Menschenleben beendet. Andere würden ihn als Mörder bezeichnen. Wieder andere bezeichneten ihn als Betrüger und er kam vor Gericht. Bezeichnungen sagen nichts über einen Menschen aus. Auch, wenn ich und andere viel wegen seiner weinten, er war weder ein Mörder, noch ein Betrüger; Bezeichnungen sind Schattierungen an der Oberfläche, mehr nicht. Ich selbst habe als Kind neben anderen Kindern erfahren, was es heißt anders zu sein, aber GENAU deshalb würde ich niemals meine Geschichte oder die eines anderen oder die von anderen ausradieren oder umändern wollen, weil das einer Lüge/Verleugnung gleichkommen würde, die da hieße, sie wäre nicht existent.
Die Bezeichnung ist nicht wegweisend für den Umgang mit dem Menschen. Mit Blicken, Gesten und Taten kann man einem Menschen mit einer neutralen oder sogar auch freundlichen Bezeichnung so viel Verachtung entgegenbringen, dass derjenige sich angegriffen, verletzt und diskriminiert fühlt. Wenn ich die Beiträge in dem Thread "Der Papst tritt zurück" teilweise durchlese, wird mir ganz anders. So viel menschenverachtende Beiträge wie in diesem genannten Thread sagen mir, dass der Umgang mit Bezeichnungen von der Erfahrung/Geschichte und dem damit verbundenen Gedankengut abhängt, da hilft kein kurzentschlossenes Ändern - weder schriftlich, noch praktisch - von einem Papst in ein "Glaubensoberhaupt XYZ", solange die Köpfe inhaltlich gefüllt sind wie sie sind.
Menschen mit Behinderung haben schon alle möglichen Bezeichnungen hinter sich und sind auf dem Weg der "Normalisierung". Wo ich mich frage, soll das bedeuten, dass ein Mensch mit Behinderung nicht "normal" ist? Ersetzt eine benannte Normalisierung, Gleichheit, Angepasstheit den tatsächlichen Umgang mit dem Menschen? Oder ist es nicht eher so, dass der tatsächliche Umgang mit den Menschen den tatsächlichen Inhalt des Genannten ausmacht? Man zäumt ein Pferd auch nicht von hinten auf.
Es gibt Menschen, die in einem persönlichen Leid stehen, Verlust von Angehörigen (korrekte Bezeichnung: der/die Trauernde), wo Menschen absichtlich die Straßenseite wechseln, weil sie sich menschlich nicht adäquat verhalten können. Da helfen alle Bezeichnungen nicht. Das mit dem Straßenseitenwechseln bei der (damals) Trauernden war vor 10 Jahren und ist sicher kein Einzelfall.
Schwarz-Weiß-Denken.
Bezeichnung kommt von Zeichnen.
Begrifflichkeit von Greifen, Begreifen.
Der Mensch begreift durch das Erleben.
Der Umgang folgt aus der Verarbeitung.
Menschliche Verarbeitung, besonders Traumata, brauchen Zeit, kein Delete.
Das gilt nicht nur für einzelne Individuen, sondern auch für die Gesellschaftsströme.
Es liegt also nicht daran, was wie in den Büchern steht, sondern daran, wie wir mit dem Inhalt umgehen.
Farbpalette.
Ich habe keine Lust, ein Reflex einer literarischen Konditionierung zu werden.
Meine Meinung, mehr nicht...