Aufgeschrieben - wer würde beim Aufschreiben nicht an die Biographie denken. Bios das Leben, graphein die Schrift, Aufzeichnung. Die Aufzeichnung des Lebens, die Lebensschrift. Die Lebensgeschichte.
Die Lebensgeschichte ist „die Gesamtheit aller persönlichen Erfahrungen und Gewohnheiten, Fähigkeiten und Fertigkeiten, Bedürfnisse und Interessen, Einstellungen und Werthaltungen, die ein Mensch im Laufe seines Lebens erwirbt und damit seinen ‚nackten‘ Lebenslauf anreichert”. (FISCHER, D.: Identität und Lebensgeschichte. Die Lebensgeschichte und ihre Bedeutung für die Arbeit mit geistig behinderten Menschen. In: Bundesverband Evangelischer Behindertenhilfe (Hrsg.): Zur Orientierung. Fachzeitschrift der Behindertenhilfe. Stuttgart 1988)
„Sich als ein ... weitgehend autonom denkendes, fühlendes und handelndes Ich zu erleben, zählt zu den Ur-Bedürfnissen und existentiellen Notwendigkeiten des Menschen besonders in unserer pluralistischen und hektischen Zeit”. (ebd.)
„Eine Biographie ist im Unterschied zu den vielfältigen Ereignissen und Bedingungen eines Lebenslaufs eine Geschichte ..., die jemand für seine soziale Lage finden und erfinden muß, um individuelle und gesellschaftliche Dynamiken zu synchronisieren, um Ereignisse, Erinnerungen und Bedeutungen so zusammenzubinden, daß sich damit sinnvoll leben läßt. Eine Biographie ist eine existentielle Konstruktion, an der ein Leben lang mit Gefühlen, Wertungen, Gedächtnisumordnungen etc. gearbeitet wird. Sie liefert schließlich eine zwar offene, aber doch auf Gestalt angelegte Geschichte, die sich anderen erzählen läßt, in der aber auch der Erzähler sich wiedererkennen kann. Sie beinhaltet eine sequentielle Logik, wie Lebensereignisse zusammenhängen. Sie integriert in diese Logik auch, was nicht möglich war: das ungelebte Leben als Horizont des gelebten Lebens. Und sie umfaßt Zukunftsphantasien”. (MADER, 97)
Beim Umgehen mit der eigenen Biographie kommt es darüberhinaus zum Identitätslernen. Die Identität bildet sich ja während des Lebens:
„Identitätslernen ist vor allem reflexives Lernen: Durch das Nachdenken über die eigene Biographie, über Schlüsselerlebnisse, über ‚Gewinne’ und ‚Verluste’, Freuden und Ängste, Interessen und Vermeidungsreaktionen, Lernstärken und Lernschwächen wird eine biographische Bilanz und eine Lebensplanung für die Zukunft erleichtert“(SIEBERT, H.: Theorien für die Bildungspraxis. Verlag Julius Klinkhardt. Bad Heilbrunn 1993)
Zusammenfassend könnte man sagen:
"Indem das Vergangene wahrgenommen wird, werden Begründungen möglich, warum die Zukunft lohnenswert ist”. (RUHE)