Aus dem Dîwân-i Schams:
Könnte ein Baum sich bewegen
mit Wurzel und Blätterkleid,
Spürt' er nicht Wunden der Axt,
noch brächt' ihm die Säge ein Leid.
Ginge die Sonne nicht von uns
nächtlich in eiligem Flug:
Sage, wie würde die Erde
erleuchtet zur Morgenzeit?
Stiege das salzige Wasser
nicht himmelaufwärts vom Meer,
Wie würden Gärten belebet
durch Bäche und Regenzeit?
Sieh, wenn zur früheren Heimat
ein Tropfen wiederum kommt,
Wird er in einer Muschel
zur köstlichen Perle geweiht.
Joseph erlangte auf Reisen
kostbare Schätze und Glück
Hatte er einst nicht geweinet
beim Abschied voll Traurigkeit?
Ging Mustafa nicht zur Reise
nach Jathrib, und fand er nicht dort
Herrschaft und wurde ein König
von hunderten Ländern weit?
Fehlt dir der Fuß zur Reise,
so wähle den Weg in dich selbst:
Nimm auf, dem Rubinschachte gleichend,
in dich alle Strahlen der Zeit.
Reise, o Freund, aus dir selber
und in dein eigenes Herz:
Solch Reise verwandelt das Staubkorn
in goldene Herrlichkeit...
Vom Herben und Bitteren wandle
zur süßen Reife dich nun:
So hält der salzige Boden
viel tausend Früchte bereit.
Und all diese Wunder erblickst du
von Schamsuddin, Stolz von Täbriz,
Dieweil allen Bäumen auf Erden
die Sonne den Glanz nur verleiht!
Rumi