Letzte Woche war ich mit meinem Konzert-Kumpel in Kreuzberg verabredet. Was ich dabei nicht wußte, war, daß ein Freund von Lanrue auch da war, was sich im Nachhinein als sehr unterhaltsam erwiesen hat.
Er, der Freund, hat uns zu ein paar (Lebens)Stationen der Scherben geführt. Ich selbst, kein Fan der Scherben, war erstaunt, was sich hinter der Fassaden versteckt, an denen ich so oft vorbei gehe …
Mit einer Location, nämlich dem „Max und Moritz“, verbindet mich selbst etwas: Als ich Anfang der 80er Jahre nach Berlin kam, war ich des nächtens auch mal hier und habe mein gesamtes Hartgeld, in einem silbernen Zigarettenetui, auf dem Tresen vergessen ... Und als ich nach all den Jahren wieder hier saß, war mir komisch - als obs gestern gewesen wär ...
Admiralstr. 18e, Vorderhaus, Kreuzberg: Erstes Tonstudio der Scherben. Hier wurde u. a. die Single mit den zwei Songs "BVG-Song" und "Jetzt ist Feierabend" aufgenommen. Später auch der "Rauchhaus-Song".
Rio, geb. 09. Januar 1950 als Christian Möbius, wurde bei Berlin-Bellevue auf dem Küchentisch geboren
Hier, im "Max und Moritz", Oranienstraße, mittlerweile an die 100 Jahre alt, tranken sie auf LSD-Trips Faßbrause. Und Rio meistens Fernet Branca
Im Winter ´69 zog Rio in eine leerstehende Fabriketage, Oranienstr. 45. Er schlief auf einer Matratze, die Hütte war immer voll. Hier wurden die Instrumente untergebracht, hier wurde geprobt und viel gefeiert ...
Im Stock drunter war damals ne Badewannenfirma, die vermietete Badewannen, d. h. man konnte sich für ne halbe Stunde ne Badewanne mieten und sich dann säubern/baden, was Rio öfters tat.
Umzug kurz darauf, von der O-45 in die O-43
Der Titel des Songs "Macht kaputt, was euch kaputt macht" ist angelehnt an das Plakat
"Michael „Bommi“ Baumann war Mitbegründer der terroristischen Vereinigung Bewegung 2. Juni. Er war eine der zentralen Figuren der zunehmend gewaltbereiten linksradikalen Szene West-Berlins, die sich aus der 68er-Bewegung entwickelt hatte."
In der Oranienstr. 21 befand sich eine der Stammkneipe der Scherben, das "Vereinsheim". Eines Tages lief in der Musikbox der Song "Macht kaputt was euch kaputt macht". Eine Rockerband, die damals dort ihr Unwesen trieb, erschien, schlug alles kurz und klein und das war das Ende der Stammkneipe
Er, Freund von Lanrue, sagte, er wäre vor 2-3 Wochen auf dem Konzert von "Pussy Riot" hier in Berlin gewesen & das wären die neuen Scherben ...
Nina hat sich eingeschlichen
...
Dieser leerstehende Möbelladen, Heinrichtsplatz, war zu Rios-Zeiten eine Zeitarbeitsfirma. Hier kamen die Jungs her, wenn sie sich neben der Band mit Jobs wie Messebau und Baustelle, versorgen ließen, um was nebenher zu verdienen. So entstand der Song "Sklavenhändler".
Und dann sind wir noch mal kurz zum Rauchhaus
"Im Dezember 1971 besetzten Studierende das Haus, die dem Gebäude den Namen des ermordeten Linksaktivisten Georg von Rauch (1947-1971) gaben. Er war Angehöriger der linksradikal militanten Szene in West-Berlin und wurde am 4. Dezember 1971 bei einem Schusswechsel mit Zivilfahndern tödlich verletzt. Seit der Besetzung wird das Haus als selbstverwaltendes Wohnkollektiv genutzt. Nach Verhandlungen mit dem Berliner Senat unterschrieb das Kollektiv im Jahr 1971 einen Nutzungsvertrag. Noch heute ist das Haus von ihnen bewohnt und wird durch den Verein "Georg von Rauch-Haus Jugend- und Kulturzentrum Kreuzberg e.V." verwaltet."
War ein schöner Nachmittag. Obwohl ich kein Scherbenfan bin.