Spirituelles Gehen

Wenn die Herbstnebel einerseits die bunte Landschaft geheimnisvoll verhüllen - und die Tage um Samhain andererseits alte, unbestimmte Erinnerungen wach werden lassen - wer kann da schon einfach durch die Landschaft wandern ohne seinen Gedanken die Zügel zu lösen?

Während die Füße den Wiesenweg zwischen abgeernteten Feldern in regelmäßig gesetze Schritte teilen, fliegt das Denken in die Weite, trifft noch vor den Augen auf graue Büsche, herbstleuchtende Bäume und schattenhafte Umrisse von aus grauem Licht hervorbrechenden Wäldern ...

Die sichtbare Welt ist klein ... und endlos weit ist die unsichtbare Welt ... in diesen Momenten ... und wie ist es mit der Geborgenheit? Fühlt man sich geborgen im kleinen, sichtbaren Reich? Oder bedroht durch das große Unsichtbare?

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Jeder fühlt wohl den Herbstnebel auf seine Art ...

Verschwommene Grüße
cerambyx
 
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Weit bin ich dem Bachbett entgegen seiner Strömung gefolgt. Anfangs war noch eine Forststraße, dann wurde ein Weg daraus, bald darauf ein steiniger Pfad. Und schließlich waren da nur mehr Steine und das Wasser ...
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Früher war hier überall Straße, aber die Natur hatte Zeit genug, auf den Moment zu warten bis ihre Chance gekommen war .... Gewitter und schwere Regenfälle sammelten riesige Mengen von Wasser und schickten es zu Boden und von dort talab ... und nichts hielt den Wassermengen stand! Übrig blieben kleine Reste der Straße an jenen Orten, die sich weit oberhalb der Bachsohle befanden ...



... und eine Brücke, die seitdem immer mehr verfällt - zum Zeichen dafür, wie vergänglich die Werke der Menschen sein können ...

cerambyx
 
Das Büro hat wieder mal exzessiv genervt, der Arbeitstag hat wieder deutliche Spuren im Gemüt hinterlassen - und so bleibt nur Eins: die Bergschuhe und die Alpinkleidung nach kurzer Fahrt aus dem Kofferraum nehmen, alles anziehen und .... nix wie hinauf in jene Bereiche, wo der Friede noch beständig zu finden ist in Allem, was man sieht und hört und spürt und riecht ...

Als Erstes beruhigt schon der alles in Watte packende Herbstnebel, der kühlfeucht mich umfließt ... das stetige Bergauf läßt weitere Ruhe und neue, friedliche Sammlung aufkommen .... und dann plötzlich durchbricht man den Nebel, der sich im im Bereich der Passhöhe angesammelt hat und .... man steht wieder einmal über Allem, was der tägliche Ärger, die tägliche Arbeit, die täglichen Herausforderungen an Bedeutung an sich gerissen haben ...

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Der Blick rundum ist nun ruhig und gelassen, friedlich kann Schatten und Sonne, Fels und Tal betrachtet werden, gleichmütig wird Wind oder Kälte ertragen, Ruhe ist eingekehrt ... und ebendiese Ruhe wird mit gemessenen Schritten hinabgetragen und mit nach Hause genommen ... der Tag klingt in Frieden aus ....

Es grüßt ein entspannter
cerambyx
 
Manchmal, ja manchmal .... gewährt einem die Natur den Blick weit zurück in die Geschichte, in die Anfänge der Menschheit vielleicht sogar und ihre damalige Symbolik.

Beim abendlichen Abstieg vom besonnten Vorgipfel eines Kalkgebirges tauche ich in den finster-kalten Waldschatten ein. Und nach wenigen Schritte steil bergab schaue ich noch einmal zurück ...
Schon oft bin ich hier gegangen, schon oft habe ich geschaut, aber erst heute bietet sich die hoch aufragende Felskanzel dem Blick anders dar als sonst: als Fruchtbarkeit spendendes Phallussymbol hochaufragend und sich der bald aufgehenden Mondin entgegenreckend, aus dem Wald ins endlose Blau vorstoßend ...

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So, auf diese Art, wurden wohl viele heilige Steine, darunter auch "Phallussteine" in grauer Vergangenheit entdeckt, benannt, verehrt, besucht von Menschen, die ein Auge für die Natur und die Natur des Menschen hatten ....

Ein angeregter
cerambyx
 
Es spricht das Alles-Nichts: Sieh genau hin und sage mir, Mensch, wo endet das Wasser, wo beginnt die Tiefe, wo beginnt die Luft, wo beginnt das Licht und wo ist dessen Ende ... ?

Was streitest Du um Führung, Meisterschaft, Begleitung, Harmonie, Recht .... um NICHTS?

Wenn Du doch noch nicht einmal diese Grenzen erahnen kannst ... ?

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Noch immer stehst Du erst ..... am UFER ... und wagst nicht den Schritt ... denn die kleinen Wellen erschrecken Dich ...

Euer dem Nebel lauschender
cerambyx
 
Die Schritte knirschen im harten kalten Gras, während sich die Lederschuhe mit dunklen Streifen vom abgestreiften Tauwasser schmücken. Der Waldrand gleitet stumm zu meiner Linken vorbei, seine tiefliegenden Äste verweigern den Einblick in die dunklen Bereich zwischen den Stämmen der Bäume. Dazwischen schmiegen sich Sträucher, die vorwitzig jetzt schon mit bunten Früchten winken, um den Vögeln den vorhandenen Wintervorrat anzuzeigen ...

Zwischen zwei solchen Sträuchern offnet sich einladend ein Spalt - dieser folgend schwenke ich vom Feldweg ab und stehe urplötzlich in einer anderen Welt ... finster drohende Baumstämme dicht an dicht, deren Krallenäste sich im Gewand verfangen, dazwischen gebrochene und geborstene Fichtenstämme, viel zu dünn um so früh schon gestorben zu sein ....

Der lautlose Tod hat hier in dieser Finsternis nächtens zugeschlagen ... während die Stacheln des kleinen vierbeinigen Wanderers im dürren Laub raschelten, konnte sich das stille Sausen unhörbar durch die Luft nähern - und dann bohrten sich die harten Krallen an den ebenso harten Stacheln vorbei tief in den Körper des noch jungen Igels. Ein kurzes Flattern brachte den schon leblosen Körper auf diesen Baumstamm, wo er mit kräftigem Schnabel kunstgerecht in kleine Happen zerlegt und gefressen wurde ...


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Ein immer wieder staunender
cerambyx
 
Es riecht schon wieder nach Schnee - aber noch läßt er sich Zeit. Einladend gepolstert ist der schmale Pfad, der einst den Zugang zu einer längst vergangenen Burg bildete. Freundlich winkt ein Steinmännchen den Wanderer weiter, einzutreten in den Wald, der heute die letzten spärlichen Reste der Burg umgibt ...

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Nur mehr kleine Reste der alten Burgmauer zeugen von ehemaliger menschlicher Anwesenheit. Man weiß von einem Raubrittergeschlecht, den Rohrern, die hier den schmalen Taleingang beherrschten und Zölle - oder gleich den ganzen BesitzAlles - forderten von jenen, die das Unglück hatten, hier ihren Weg suchen zu müssen ... schon lange bedecken den Boden die Wurzeln alter Bäume, die das Land zurückerobert haben und die Spuren der alten Zeiten verwischen ...

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Doch nichts währt ewig - auch viele der Bäume haben schon wieder ihrerseits Zeichen des Verfalls an sich. Rinde platzt auf, splittert herab, setzt das innere Holz frei ... Spalten bilden sich und werden sofort von den überall herumfliegenden Sporen verschiedenster pilze besiedelt, die sofort beginnen, ihr Myzelium sanft aber unerbittlich unter die Haut der Bäume zu treiben, deren Stamm umschmeichelnd, dann umklammernd, schließlich erwürgend und zersetzend, während bunte Fruchtkörper die Rinde außen verzieren und gleichsam schmücken ...

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Durch ein altes Fenster der Burg hoch über einem Abgrund schaut man hinab ... früher dröhnten hier alte Sensenhämmer im Besitz der "Schwarzen Grafen" durchs Tal ...
Jetzt blickt man aus dem Zerfall der alten Burg hinab direkt ins neue, heutige Leben ... ein Gleichnis der Natur in Menschenwerk abgebildet ...

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Oft scheinen uns die Geheimnisse der Natur dunkel und drohend -aber nur, wenn sie Geheimnis bleiben! Denn bei allen Vorgängen, ob stürzen, brechen, modern und vergehen, ob fressen oder gefressen werden, ist doch das oberste Ziel, beständig neues Leben zu ermöglichen, neues Leben zu schaffen, Lebensräume immer wieder neu zu begründen ...

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Wer jetzt hinausgeht, sieht besonders gut und findet besonders leicht alte Spuren am Boden, die aus der Erde ragen, ihn verformen, Schatten werfen oder sonstwie Strukturen freigeben ... den Rest des Jahres sind diese Spuren ja oft von prallem Grün überdeckt, versteckt ...

Viel Glück und Erbauung bei der Suche!
cerambyx
 
Es spricht das Alles-Nichts: Sieh genau hin und sage mir, Mensch, wo endet das Wasser, wo beginnt die Tiefe, wo beginnt die Luft, wo beginnt das Licht und wo ist dessen Ende ...
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nun war meine erste Assoziation: infinity pool xD

Schöner Beitrag - mal wieder ... hilft mir zu beginnen zu fühlen, was Erhabenheit und Grenzen miteinander zu tun haben.
 
Eine Wetterlinse - Schaut relativ harmlos aus, aber da bin ich auf 2.000 m und kam von genau dort drüben, ganz links am Bildrand von dem Berg. Traumwetter vorerst, und dann binnen 45 Minuten Wolken, und bevor ich über den letzten Sattel verschwunden bin, das Kribbeln auf dem Kopf. Umgedreht und DAS Bild gemacht. Und dann die Beine in die Hand genommen, da die Hütte noch über eine Stunde (aber fast Laufschritt) entfernt war und der Weg dauernd am Bergrücken ohne Ausweichmöglichkeit.

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Tja, ich war da eher "unspirituell" rasch unterwegs, hat aber nix genützt: die letzten Meter hats mich erwischt und unter Donnern und Krachen war ich blitzschnell bis auf die Haut durchnäßt, dass mir Hören und Sehen vergangen sind ... war echt net ungefährlich, dort hat's schon Pferde, Schafe und ein Kind erschlagen ... Grund: Metalle im Boden, altes Bergwerksgebiet ...

LG cerambyx
 
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Nicht die gewohnte eigene, sondern eine fremde geborgte Kamera ist diesmal dabei - und die Lust, damit Bilder zu machen ist niedrig. Der kontrollierende Blick ins Display läßt aufseufzen - nichts ist wie gewohnt ... und gelinder Ärger steigt auf.

Aber es braucht bloß die Zeit des Gehens ... und der Ärger bleibt zurück in den kalten Fußspuren - und die Sinne beginnen die eisige Luft zu durchdringen, sich auszubreiten ...

Schnee macht einen Wald so anders, und vor allem "besonders" ... es werden Dinge und Strukturen sichtbar, an denen man sonst achtlos vorbeigeht, vobeigehen MUSS ... einfach, weil sie nur bei Schnee erkennbar werden!
Das Gleichmaß dieser Stämme, die Neigung, die Krümmung, das Alter ... entdeckt im JETZT ...

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Plötzlich ist der Wald in Formen gestaltet, die so unvermittelt das Auge zum "Schauen" animieren ... das einheitlich scheinende Wintergrau wird wirr, kraftvoll gebogen, gewaltsam gedreht, fröhlich gewunden, zärtlich bestäubt ... eine Metapher auf verschiedene menschliche Leben bildend ...
und es gibt plötzlich ein Oben und Unten ...
und man begreift: Es ist einfach schön, ohne Zweck und Ziel zu SCHAUEN ...

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Und auch eine andere Idylle wird durch den Schnee sichtbar und spürbar. Die Langsamkeit der Kälte hat auch manche Tiere befallen ... und so wird der Waldteich zu einem ganz tief sich einprägenden, sanft wirkenden Erlebnisraum ... wobei das Erlebnis die Zeit dehnt bis ins Unendliche, ....
das nur durch die kalt werdenden Zehen begrenzt wird ...
... die aber auch lächelnd "langsam gelebt" werden können ...

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Tja, eigentlich gibts hier doch gar nichts mehr zu fotografieren ... ? oder doch? Es ist doch schon viel zu dämmrig, es ist kaum etwas zu sehen, alles ist still, kein einziges "Objekt" drängt sich auffallend in den Vordergrund .... und dennoch besticht das Ganze ...

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Habe ich vielleicht jetzt die Stille abgebildet?

Es endet so wie viele Aufsätze vieler Kinder: ... und dann gehe ich heim ...

cerambyx
 
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