Spirituelles Gehen

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Normalerweise deckt das ja der Winter mit seiner weissen kalten Decke zu, drückt darunter alles platt, und das Vergehen vollzieht sich unsichtbar .... aber dieses Jahr blieb der Schachtelhalm stehen, knickte irgendwann um, und die Nachtkälte und Tagesfeuchte lassen die einst grünen Fäden weiß und fast durchsichtig werden .... noch im beginnenden Sterben ein Bild voller zarter Schönheit ....



... so liegt er da und harrt zwar in unbequemer Haltung aber unverdrossen des kommenden Wetters; läßt ihn klirrende Kälte oder andauernde Wärme austrocknen, aushärten? ... oder wird feuchte Fäulnis ihn braun und welk werden lassen?

Die Natur ist variationsreich in ihrem Werden und Vergehen .... der Vergleich drängt sich auf: wie werden wir selber einst vergehen? Und werden wir uns dieselbe Schönheit im Übergang zum endlichen Tod und Vergehen bewahren können?

Dennoch lebensfrohe Grüße
cerambyx
 
Es ist schön dass Du wieder da bist.

In Deinen Bildern und den ruhigen und zugleich kraftvollen Beschreibungen kann ich mich immer so richtig verlieren.

Das ist jedes Mal wie stehen bleiben in einer Ruheblase.:)
 
Wohlig strecke ich mich ein wenig, spüre und genieße die Wärme der Daunenjacke. Der Feldweg führt mich in sanften Windungen einen flachen Hang hinauf, und mit langsamen Schritten nähere ich mich einem Waldrand. .... rascheln .... knistern ... knirschendes Knacksen .... und wieder Stille. Unsichtbar sind wohl Rehe abgetaucht in die dunklen Schatten der Bäume. Kurz entschlossen verlasse ich den Weg und gehe über die Wiese den Waldrand entlang - spüre das trockene, gefrorene Gras unter meinen Füßen knirschend nachgeben, ahne das knarrend hörbare Brechen der stärkeren Halme. Schritt für Schritt eine immer andere Komposition von Geräusch - unbewußt vergleiche ich mit den Rehen vorhin, wie anders es, und dennoch manches gleich ertönt. Zu den Geräuschen der Schritte gesellt sich plötzlich Licht - ich habe nicht auf die Umgebung geachtet und bleibe stehen und schaue .... mitten in das Wunder der im Dunst hinter dem Wald aufgehenden Sonne!



Ich bleibe stehen, schließe meine Augen und in Gedanken füge ich alles zusammen: das Knirschen und Knacksen der Rehe, meine Schritte, das Licht ... und zuletzt füge ich die großartige Stille hinzu, die mich jetzt gerade umfängt.
So lausche ich lange ...
 
Mein Weg der Spiritualität war eng verbunden mit dem Erleben von und mit Tieren, mit der gemeinsamen Zeit draußen in der Natur. Viel durfte ich dabei erlernen, viele Einblicke wurden mir gewährt, Ängste wurden mir genommen und das Leben im Jetzt erklärt, so manches Wort ihrer Sprache lernte ich verstehen ... und den Tod nur als Angst des Menschen begreifen - und als Teil des Lebens belächeln ...

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Poooh, wieso bin ich auch in die Wiese rausgegangen ... nur wegen der paar Hasenböhnchen, die so verlockend gerochen haben, bin ich über die Büschel hingestolpert ... ich kanns einfach nicht lassen! Dabei wackeln die Hinterbeine wie Espenlaub, torkeln und straucheln, und ich weiß nicht warum ... naja, ich hab ja noch kräftige Vorderbeine, die müssen eben mehr ziehen, was die Hinteren nimmer schieben vermögen ...

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So, jetzt bin ich wohl lang genug hier rumgelegen - ich war sooo müde, dabei waren wir ja nur kurz unterwegs. Schon aus dem Auto herauszukommen war alleine unmöglich, aber die Gerüche und Düfte sind einfach herrlich. Auch wenn ich kaum noch sehe, was rund um mich ist ... Herrchen hat aus einer seiner zahllosen Taschen meinen Kamm gezaubert und mich sanft gestriegelt ... schon toll, dieses locker-duftige Gefühl, wenn der Wind in meine langen Haare fährt ... aha, auf geht's, wieder heim geht's .... na dann, hab lang genug gerastet, und jetzt geht's ja wieder ...

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Aufsteigender Rauch von Räucherwerk aus Eibe und Weißem Salbei weist den Weg, weg von allem Irdischen ... im Hintergrund baumeln Eulenfedern vom vertrauten Wanderstock, kleine Frühlingsblumen schmücken den stillen Körper, und andere vergehen in den Flammen ...
Die sanft streichenden Hände am Fell geben Ruhe und Sanftheit, und langsam werden die Berührungen leiser und verschwinden in einer hellen Ferne ...


Die vier Pfoten neben mir ... gehen jetzt ihren eigenen Weg ....

14 Jahre trabten diese vier Pfoten neben mir, in Wind und Wetter, bei Sturm, eisiger Kälte und Schnee, bei sengender Hitze ... vor kaum einem Jahr wurden diese letzten Bilder gemacht ... aber wenn die Federn am Wanderstock rascheln, ist das Traben immer wieder da ....

Vielleicht erzähl ich mal die ganze Geschichte ....

Es grüßt ohne Trauer
cerambyx
 
14 Jahre trabten diese vier Pfoten neben mir, in Wind und Wetter, bei Sturm, eisiger Kälte und Schnee, bei sengender Hitze ... vor kaum einem Jahr wurden diese letzten Bilder gemacht ... aber wenn die Federn am Wanderstock rascheln, ist das Traben immer wieder da ....
Ich verstehe Dich nur zu gut...
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