Ok, dann würde ich an deiner Stelle vielleicht noch mal schauen, was es ist an der Wut, dass dir nicht gut tut. Es bringt dir ja, aus meiner Sicht, nix, wenn du das einfach so für dich feststellst und dann die Wut, wenn sie mal wieder kommen sollte, ganz schnell wegschiebst, weil du sie nicht haben willst, weil du denkst, sie zerstört alles. Sowohl wegschieben als auch sofort rauslassen sind die zwei Extrempole. Der Weg der Mitte löst die Gegensätze dagegen auf.
Wegschieben & sofort rauslassen möchte ich generell in Zukunft vermeiden. Und da arbeite ich unter anderem dran. Und es ist zur Zeit nicht so leicht für mich. Denn ich habe mich noch nie so sehr mit meiner Seele & meinen Emotionen sowie mit meinem Körper beschäftigt wie in diesem Jahr. Die für mich plötzliche Begegnung mit meinen drei Engeln Anfang Juli sowie ihre fast ständige Präsenz seitdem haben einige Denkmuster bei mir schon in eine andere, ruhigere Richtung gelenkt. Und ich mag es so. Ich bin auch diesem Postfahrer ruhig begegnet in der Hoffnung, daß er freundlich & hilfsbereit reagieren würde. Ok, das war nun nicht der Fall. Und so langsam ist es für mich an der Zeit, diese Sache abzuhaken.
So unterschiedlich auch wieder nicht; Weiterentwicklung und keinen Stillstand äussert sich für mich eben im "sich-so-annehmen-wie-man-ist"; das ist so ein Paradox, weil man denkt, weiterentwickeln heisst sich ändern; aber eigentlich heisst das, von der eigenen Inakzeptanz zur Akzeptanz sich entwickeln. Du warst der, bist der und wirst immer der sein, der du schon immer warst, nur der Grad der Selbstakzeptanz ändert sich. So erfahre ich das für mich.
Verändern bedeutet z.B. für mich, daß man von einem Tag auf den anderen Prinzipien & Dinge, für die man bisher einstand, einfach über Bord wirft & durch andere Prinzipien & Dinge ersetzt. Weiterentwicklung bedeutet für mich, zwar weiter für meine positiven Eigenschaften einzustehen, aber auch über den Tellerrand hinauszuschauen & neue Dinge zu entdecken, die mir gut tun & mir Freude bereiten könnten. Das sind zumindest die bewußten Erfahrungen, die ich in den vergangenen Monaten gemacht habe. Und trotz des Beinbruchs, der OP & der Nachwehen jetzt geht es mir im Vergleich zum selben Zeitpunkt im Vorjahr wesentlich besser, weil nun besser auf mich achte & auch zulasse, daß meine drei Engel dies tun.
Naja, zumindest kam das in dem einen Posting von dir so rüber, wenn du´s nicht gar genauso gesagt hast, dass du dich selber dafür in den Arsch treten könntest, dass du wütend geworden bist. Das klingt für mich schon nach Selbstverurteilung. Und die ist es, denk ich, die dich miserabel fühlen lässt. Nicht das Gefühl als solches; ich würde das klar unterscheiden.
Als ich schrieb, daß ich mich darüber ärgern würde, daß mich dieser Postfahrer wütend gemacht hat, war ich noch immer sehr aggressiv drauf. Doch ich habe diese Wut beoabachtet. Die Wut auf den Fahrer. Die Wut auf mich selbst. Das ging aber erst ab Donnerstagmorgen. Den gesamten Mittwochnachmittag habe ich meine drei Engel nicht an mich herangelassen. Ich wollte (!!!) wütend sein. Auf den Fahrer & auf mich selbst. Klingt kompliziert, oder? Nun, das ist ein weiterer Punkt in meinem bisherigen Leben, an dem ich gern arbeiten möchte. Denn man sollte sich das Leben doch so einfach & angenehm wie möglich gestalten, oder? Besonders in den Tagen im Krankenhaus habe ich beobachtet, wie vieviel Wahres an dem Sprichwort Wie es in den Dschungel hineinruft, so schallt es wieder hinaus! dran ist. Ich war den Pflegekräften für ihre Hilfe sehr, sehr dankbar & habe mich entsprechend ehrlich freundlich verhalten. An zwei aufeinanderfolgenden Abenden hatte ich plötzlich ziemlich spät noch einen Riesenhunger, obwohl ich Stunden vorher jeweils reichlich Abendbrot verputzt hatte. Was macht der Pfleger an diesen beiden Abenden? Organisiert mir nochmal ein reichliches, komplettes Abendbrot inklusive Eis zum Nachtisch! Der Wahnsinn! Einfach nur geil! Ein anderer Pfleger meinte zu mir am Abend vor meiner Entlassung: "Irgendwie finde ich es schade, daß Du morgen gehst. Aber Du mußt uns unbedingt ab & zu besuchen kommen. Aber nicht als Patient, ok?"
Es ist, wie wenn ein kleines Kind weint und traurig ist. Die Trauer ist nicht per se schlimm. Schlimm wirds erst, wenn ein Erwachsener kommt und sagt, sei nicht traurig, ist doch alles gut. Dann lernt das Kind dadurch, das Gefühl ist nicht willkommen und wird zum emotionalen Krüppel.
Das klingt, als ob der Erwachsene etwas schlimmes tut.
Na dann noch viel Erfolg und immer schön hinschauen.
Das tue ich. Keine Sorge.
LG