Also bei mir persönlich ist's so: ich setzte mich gerne "einfach so" hin. Aber sobald das geschehen ist, beginnt meine Wahrnehmung damit, dies wahrzunehmen. Und es bin weniger "ich", sondern es ist mein körperlicher Organismus, der dann feststellt: das geht noch besser. Das führt mich dann über die Jahre zu einer immer besseren Sitzposition. Eine Sitzposition halte ich persönlich dann für gut, wenn meine Wahrnehmung ohne daß ich selber es herstellen muß, frei wird für geistige Prozesse. Ich gebe also sehr gerne zu, daß ich solange kaum eine spirituelle Meditation machen kann, solange ich in irgendeiner Weise mit dem Sitzen beschäftigt bin. Denn zum Spiritus gehört ohne Frage das Umgehen mit dem Geist. Ich aber befasse mich stets zuerst mit dem Körper - wie ich beobachte. Ich füge mich dem nur.
Früher, als ich mit der Sitzmeditation begann, da schlummerte ich auf meinem Kissen in Gedankengefühlen hin und her. Meinen Körper habe ich kaum so wahrgenommen wie heute, ich meine manchmal, jede einzelne Faser mit meinem Geist aufsuchen zu können. Früher wußte ich noch nicht mal, wo Fasern sind und wie sie sich anfühlen. Das kam dann erst durch die Beschäftigung mit dem Sitzen und damit dann auch der Wunsch: ich will noch mehr spüren, ich will also auch Meditation in Bewegung erlernen. Und so begann ich mit dem Taichi. Was sich, letztlich, als eine Art zu Gehen herausstellte, in der alltäglichen Essenz. Auch eine Art zu Stehen ist damit verbunden. So kann man das meditative Leben auf das Gehen und das Stehen ausbreiten. Stehe ich an einer Ampel, habe ich so nie langweilig. Gehe ich, dann weiß ich viele Dinge, auf die ich beim Gehen achten kann.
Richtig frei im Geist wird man jedoch so sicherlich nicht. Wenn der Körper dem Geist stets im Weg ist wie bei mir und überwunden werden will, ja regelrecht will, dann muß man anders vorgehen, als ich das mache, wenn ich für meinen Körper übe. Das tue ich meist. Mein Geist ist gesund. Meine Psyche bemerke ich und sie ist nicht kränker als die von anderen Menschen, die ich kenne. Ich meditiere also am ehesten für den Körper. In ihm bekomme ich ganz einfach die höchste Form meiner eigenen Wachheit oder Präsenz hin. Das macht "schnapp" und schon nehme ich mich vollständig wahr, als Körper mit einem wahrnehmenden Geist und einer Seele, die für mich da ist. Die sich aber auch mit anderen teilt, sich austauscht und sich paart, eigentlich sexuell unterwegs ist. Da ist jede Menge Bewegung, in so einem einzelnen Menschen. Fast mehr als auf der Welt drumherum, man muß es nur mal bemerken. In die Tiefe blicken - wer seinen Körper wahrnehmen will, kommt daran niemals vorbei.
Warum ist mir mein Körper und daß ich ihn wahrnehme so wichtig? Nun, wegen dem Leben und dem Tod. Dazwischen liegt das Sterben. Und ich möchte diesen Prozess, vom Leben über das Sterben in den Tod zu wechseln, gerne möglichst wach mitbekommen. Ich möchte wissen, was denn nun wirklich geschieht. Ich möchte ganz einfach wissen, wie es ist zu sterben und wie es ist, tot zu sein. Ich stelle mir vor, daß ich diesen Prozess am besten beobachten kann, wenn ich "ganz bei mir" bin. Nun, ich bin jetzt 40 und habe weitere 40 Jahre Zeit, um es weiterhin zu üben.
Und daneben habe ich Geist. Also genauer gesagt darinnen, im Körper. Aber Geist ist verschiebbar, ich kann ihn z.B. in eine Kerze versenken, die vor mir steht. Geist kann sich "hineindenken" in andere Personen und hängt dann allzu oft im Geist anderer Personen regelrecht fest. Denkt deren Gedanken (zu Ende). Weiß die Lösung. Man ist oft so wenig Ichfixiert, weiß oft so wenig, was der Andere ist und was man selber ist. Auch dagegen hilft Meditation: gegen ein Zuviel an Mitgefühl, ein Zuviel an Sinnlichkeit, an "Sexualität" im übergeordneten Metasinne: dem Austausch.
Ich mache hier eine so deutliche Grenze und stelle dar, daß mein Körper nicht in Austausch mit anderen Personen geht, weil ich asexuell lebe. Ausserdem sorge ich durch Körpergrösse, Haltung und Kampfvermögen dafür, daß mich niemand berührt, wenn ich es nicht möchte. Ich habe extrem klare Grenzen - auch weil ich in einem beruflichen Umfeld arbeite, in dem diese Grenzen oftmals überschritten werden.
Aber mein Geist geht natürlich sehr in Austausch. Er kann sich meinen Mitmenschen auch ganz einfach besser nähern, weil ich für mich weiß, daß ich von meinem Gegenüber nichts Sexuelles wollen werde. Ich kann mich besser öffnen als viele Andere und es öffnen sich mir auch mehr als anderen und tiefer. Weil ich das ertragen kann. Warum? Weil ich meinen Körper ertragen kann. Ich kann ertragen, daß mein Körper in schwierigen Situationen tagein tagaus sitzt, gerade weil mein Geist von meinem Körper "frei" ist. Er ist sogar in der Lage, meinen Körper zu mißbrauchen und ich tue es alltäglich - nur ist mir, bzw. meinem Geist im Gegensatz zu vielen anderen Menschen bewusst. Unser Leben mißbraucht uns ganz einfach, weil es in einer "zivilisierten Welt" so zivilisiert ist, wie es zivilisiert ist.
Das Leben verursacht doch wohl in uns allen traumatische Störungen. Jedes Leben hat Anlässe für Rückzüge der Wahrnehmung und damit erfährt der Geist Einschränkungen im Denken und im Fühlen, später dann im Handeln. Das ist in jedem einzelnen Leben so.
Wie kann ich mich daraus nun entfernen? Wie kann ich z.B. "gesund" sterben oder so, daß es sich für mich gesund anfühlt, wie mein Sterben und Tod ist? Es ist doch wohl angebracht, es üben zu wollen, daß etwas den Körper verlassen wird. Üben zu wollen, daß etwas übrig bleibt, nachdem man verlassen hat oder verlassen wurde. Diesen Trost will der Mensch - und er sucht ihn auch in der Meditation. Denn dort kann er ja üben, den Geist sich bewusst zu machen als einen fluiden Teil des eigenen Seins, der verschiebbar, verrückbar und letztlich sogar unendlich ist in seinen Möglichkeiten. Wie beschränkend ist es, das nicht zu wissen! Daß im Geist allein die Freiheit liegt und die Unendlichkeit (Gottes).
Komme ich also vom Körper weg. Gehe ich zum Geist. Werde ich dasjenige, das vielleicht wird beobachten können oder wahrnehmen, was passiert, wenn mein Körper es schon nicht mehr sieht, hört, riecht, fühlt, schmeckt. Werde ich klar. Frei von Struktur, ohne Idee, bar jeder "Behauptung", also ohne etwas im Kopfe zu haben. Werde ich Geist, gehirn- und denkfrei, fühlfrei, nicht bewusstlos, sondern bewusst. Werde ich präsent, bin ich präsent. Strahle ich. Gehe ich in's Feinstofflich, Nichtkörperliche.
Was kann ich nun in diesem Teil meines Seins wahrnehmen, im Geist? Nun, zunächst mal bei mir als Mann: nichts. Da ist diese gähnende Leere, die Frauen manchmal schlecht nachvollziehen können. Das was am ehesten passiert ist, daß ich atme - aber um ehrlich zu sein: mir als Mann fällt da jetzt nicht automatisch die Aufmerksamkeit drauf. Ich müsste schon etwas beabsichtigen, um meine Aufmerksamkeit auf den Atme zu bekommen oder aber mein Körper müsste sich schwer tun und mich auf meinen Atem aufmerksam machen. Ansonsten ziehe ich es vor, ganz einfach nicht als Denkender und auch nicht als Denkfühlender - keinesfalls also als Abwägender oder Bewertender - in Erscheinung zu treten. Nicht als jemand, der mich manipuliert. Ich habe festgestellt, daß man nämlich auch ohne Gedanken herrlich durch den Tag kommt. Ein Trick dabei ist natürlich, auf den Körper zu achten. Vielleicht hat man Glück und hat einen Körper wie ich, den man schlichtweg nicht vergessen kann. Und ich ahne, daß es auch niemals mehr so wird.
Ja, also warum auch immer: ein gutes Fundament ist besser als ein schlechtes Fundament. Man merkt's beim Häuslebau. Hast Du ein schiefes Fundament im Haus gegossen oder gebaut, kriegst Du darüber früher oder später Gedanken. Und Gefühle, die ausschliesslich entstehen, weil Du diese Gedanken hast, weil Du das Fundament schief gegossen hast. Es geht also alles immer wieder auf die Qualität des Sitzens zurück.
...ich weiß nicht, ob's allen schon aufgefallen ist, aber im Geist sind auch Worte. Das wollte ich der Ordnung halber nur noch hinten dranhängen, falls jemand nun denkt: "über Worte hat Trixi Maus gar nichts gesagt". Nun ich denke, dieser oder diese hat gelesen, aber doch nicht gelesen. Sonst wäre klar, was ich über Worte gesagt habe, indem ich sie wegliess. (Auch wenn man's nicht bemerkte.)