Mondgöttin,
das stimmt ganz einfach nicht:
INTEGRATIONSDEBATTE
Distanz auf beiden Seiten statt "Integrationsunwilligkeit"
Studienautor Rohe: "Dieses Wort taugt so nicht", "Angstdebatte" - Prokop verteidigt Aussage: "Im Prinzip das Gleiche" - Mit Infografik und Studie zum Download
Keine integrationsunwilligen Muslime, sondern "eine signifikante Minderheit" an Distanzierten aufseiten der Muslime und der Österreicher gleichermaßen, stehen sich laut Studie des Innenministeriums gegenüber. Studienautor Mathias Rohe konstatiert eine "Angstdebatte".
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Wien - Das wichtigste "Ergebnis" ist ein Nichtergebnis: "Integrationsunwillige" konnten durch die am Freitag präsentierte Studie "Perspektiven und Herausforderungen in der Integration muslimischer MitbürgerInnen in Österreich" nicht ausfindig gemacht werden.
Schon gar nicht jene von Innenministerin Liese Prokop (VP) vor einer Woche genannten 45 Prozent. Das Wort findet sich auf keiner der 228 Seiten der Studie.
Deren "Conclusio" endet bei der "vereinfachten Aussage", dass in Österreich "ein insgesamt eher kontaktarmes, friedliches, aber von einiger Distanz geprägtes Nebeneinander besteht - ,Integration' auf niedrigem Niveau".
"Angstdebatte auf allen Seiten"
Der Erlanger Jus-Professor und Islamwissenschafter Mathias Rohe sagte: "Es handelt sich um eine Angstdebatte auf allen Seiten. Es gibt diffuse, abstrakte Ängste." Aber in Summe zeige sich, dass es "in der Gesamtgesellschaft und bei den Muslimen eine Mehrheit gibt, die ein integrationsfreundliches Leben führt. Zugleich gibt es in beiden Gruppen signifikante Minderheiten, die dem Aufeinanderzugehen deutliche Distanz zeigen." Diese Gruppen seien "ungefähr gleich stark". 40 Prozent integrationsdistanzierten Österreichern stünden 45 Prozent distanzierte Muslime gegenüber. Ein Teil der Muslime fühle sich abgelehnt, ein Teil der Österreicher hätte "schlechte Erfahrungen" mit Ausländern gemacht. "Was zuerst da war, ist nicht sicher zu sagen", meinte Rohe.
Die Studie liefere "belastbares Material, ein informelles Zwischenergebnis, auf das man Maßnahmen aufbauen kann. Dass es Probleme gibt, ist nichts Überraschendes." Österreich stehe im Vergleich zu anderen Ländern "ziemlich gut" da. Es gebe aber "ein so großes Maß an Distanz, das unter ungünstigen Rahmenbedingungen kippen kann in Gegnerschaft." Zur kolportierten "Integrationunwilligkeit" meinte er: "Dieses Wort taugt so nicht."
Prokop verteidigte ihre Aussage: "45 Prozent haben ein Problem mit Annäherung. Die sind nicht alle deswegen gefährlich." Die Studie verwende vielleicht "eine andere Form der Wortwahl". (DER STANDARD, Printausgabe 20./21.5.2006)
www.derstandard.at
Link zur Studie:
http://www.bmi.gv.at/downloadarea/asyl_fremdenwesen/Perspektiven_Herausforderungen.pdf