Das sind erstens zwei Paar Schuhe und zweitens ist das reichlich polemisch formuliert... wobei letzteres für mich schon okay ist - ich mag's würzig
Lösungsorientierte oder gar lösungsfokussierte Arbeit beruht dort, wo sie nicht auf die Übernahme eines bloßen Schlagwortes reduziert (oder unverstanden) ist, auf der Arbeit Steve de Shazers, und der stellt eindeutig klar, dass im lösungsfokussierten Prozess die gesamte Lösungskapazität beim Klienten liegt, auch die nötigen Ressourcen, und dass der Therapeut ... de Shazer schreibt das Wort gern durchgestrichen, um seine Zweifel an der Machtposition desselben auch typografisch auszudrücken - eine aufs Heuristische eingegrenzte Funktion hat. Das bedingt freilich ebensoviel professionelles Know-how wie auch ethisches Verhalten des Therapeuten - dann aber macht er die Erfahrung, dass das erstaunlich leicht geht und dass die "Schwierigkeit" oft eher im Beharren auf der Problemsicht liegt.
Zweitens geht es nicht um die "richtige" Lösung, keine Frage - wer wollte das beurteilen? Es geht um einen Lösungsweg, der dem Klienten Besserung seiner Beschwerden vermittelt. Und es geht nicht um die Lösung, sondern um den Weg zur Lösung. Einer der wesentlichen Punkte des lösungsfokussierten Arbeitens ist die Skalierung - es wird der nächstmögliche Schritt auf einem Lösungsweg ins Auge gefasst, dann der nächste, und beim übernächsten kann der Klient dann schon selber gehen. Es wird also nix gepusht in Richtung "die Lösung", sondern es wird, wenn Landkarte und Geh-Beweglichkeit zum Erliegen gekommen scheinen, dem Klienten vermittelt, dass er sich wieder seiner Beine besinnen und sich in seiner(!) Wirklichkeit und Erfahrung orientieren kann.
Schade, dass die dogmatische Gläubigkeit vieler Hellinger-Adepten es offenbar erfordert, andere Konzepte abzukanzeln. Es regelt sich aber eh in der Realität der Aufstellungs-Szene - da kristallisiert sich aus der entstandenen Vielfalt dieser sehr jungen Disziplin schon heraus, was Gewicht hat und was substanziell wachsen kann. Eingepanzerte Bunker wachsen kaum... wobei ich schon auch zwischen begrifflicher Klarheit in der Darstellung einer Methode einerseits und empathischer Offenheit in der Anwendung andererseits unterscheide, wie's Hellinger selbst ja immer wieder gezeigt hat.
Alles Liebe,
Jake
Grüß Dich, Jake,
nun nimm doch nicht alles gleich persönlich! Vielleicht sollten wir mal klarstellen, dass die Arbeit deShazers und die z.B. Hellingers (aber auch einiger anderer) völlig unterschiedliche Ebenen berühren und einfach nicht miteinander zu vergleichen sind. DeShazer arbeitet mit subjektiven Modellen der Wirklichkeit und das sicher seinen großen Wert, die Bewegungen der Seele und des Geistes geschehen absolut unabhängig von jedwerder subjektiven Auslegung der Wirklichkeit. Genau das macht es so schwierig, sie jemandem, der im Modell der subjektiven Modellbildung bleibt, verständlich zu machen. Ich werde es auch nicht versuchen. Unter der Präsupposition, dass es lediglich subjektive Modelle der Welt gäbe, kann man diese teifen Bewegungen überhaupt nciht erfassen. Und genau diese Präsupposition setzt du, wie auch andere hier als einzig möglich und allgemeingültig voraus.
Ich dachte bei meinen Worten auch eher weniger an deShazer als an jene "Therapeuten", die ich ganz persönlich gelegentlich (und viel zu häufig) erlebe, die behaupten, systemisch-phänomenologisch zu arbeiten, ja sogar von "Bewegungen der Seele" zu reden und ganz eindeutig viel zu sehr auf die Lösung, das "gute Bild" fixiert sind. Sie lassen sich überhaupt nicht auf die Bewegung der Seele und des Geistes ein und berühren nur die Oberfläche.
Was dann häufig herauskommt, ist eine schnelle und von den Stellvertretern gern genommene "gute Lösung". Da trieft es nur so von Mitgefühlsbezeugungen und "Lösungsgefühlen" aber die Aufstellenden machen dann in der Seele eine heftige Gegenbewegung. Es sind die Helfer, die das, was ist nicht aushalten, nicht die Seele in der die Betroffenen eingebettet sind und dann kommt so etwas zustande. Und das war es, was ich meinte.
Die Arbeit deShazers mag auf ihre Art eine weit reichende Wirkung auf den Einzelnen haben, doch sie berührt in keinster Weise Ebenen, auf denen sich die Bewegungen des Geistes vollziehen. Insofern ist es völlig unsinnig, hier irgendetwas vergleichen oder bewerten zu wollen. Lass uns Äpfel Äpfel sein lassen und Birnen Birnen. Ich glaube nicht, dass hier ein Streit lohnt.
Um zum konkreten Fall hier zurück zu kehren: wer z.B. "klassisch" (und damit ebenfalls weit jenseits der von mir genannten Ebene) aufstellt, fragt halt schon mal nach einem "guten Ergebnis". das ist dann, worauf sich alle Beteiligten fokussieren, was aber mit der Tiefe der Seele und des Geistes nichts zu tun hat, sondern eben nur mit den subjektiven (und aus dem subjektiven Modell entstandenen) Wünschen. Aber die Seele und das Leben beurteilen das oft vermutlich völlig anders, als wir meinen, was "gut" für uns wäre. "Gut" heißt doch für viele meistens subjektiv bequem und in einer Weise, bei der ich selbst möglichst wenig Bewegung vollziehen muss.
Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang z.B. an Aufstellungen, in denen ein (wenn oft auch nur unausgesprochener und unterschwelliger) Wunsch dahinter stand, dass z.B. die Mutter eines Aufstellenden, sich doch bitte zu einer einem subjektiven Idealbild entsprechenden Person entwickeln möge als Voraussetzung dafür, dass der sich dann wieder auf sie zu bewegen möge. Und der Aufsteller hat sich darauf eingelassen und an der Mutter und ihren Vorfahren herum gebastelt, bis das gewünschte Ergebnis erreicht war - scheinbar! Was dem Austellenden dabei entgangen ist, war genau das, was nach meiner Einschätzung mehr Tiefe und Wert (wegen der für ihn dazu notwendigen inneren Entwicklungsschritte) für ihn gehabt hätte: die Auseinandersetzung mit der Mutter und das Erlernen der Achtung ihr gegenüber und des Nehmens und sich auf sie zu bewegens WIE SIE EBEN IST. Die unterbrochene Hinbewegung kann so nach meiner Erfahrung nicht geheilt werden. Das Nehmen der Mutter - und demgemäß das zuvor not-wendende "Bitte, Mama!" - wie sie eben ist, ist eine ultimative Voraussetzung .
Ich habe von Leuten gehört, die wieder und wieder in klassische Familienaufstellungen gerannt sind, in der Hoffnung auch noch das letzte Quentchen an "Schlimmem" in der Familie aufzuspüren und "beheben" zu wollen, in der Erwartung, dass danach ihr Leben sich so gestalte, wie sie es sich denn wünschten.
Wer das Leben sucht, wie er es sich wünscht, dem entgeht das Leben selbst! Das wundervolle Leben wird nicht gesucht und gefunden - es wird geschenkt. Man muss aber auch bereit sein, dieses Geschenk zu erkennen - in dem Leben, wie man es eben geschenkt bekommen hat und mit allem , was dazu gehört.
Erst dann sind wir wirklich beschenkt!
Und wie wäre es - um in den Zusammenhag dieses Threads zurückzukehren - wenn wir lernten, unsere Männer und Frauen, denen wir uns an-ver-traut haben zu erkennen und zu lieben, wie sie eben sind. Wer an seinem Ehegaten herumkritisiert, der hat ihn oder sie noch nicht gesehen und das Geschenk nicht erkannt. Das Geschenk gibt es erst, wenn wir unsere engen subjektiven Idealvorstellungen und Wünsche zurück stellen und beginnen den anderen zu sehen.
Ähnliches gilt auch, wenn jemand eine Aufstellung gemacht hat und sich vorher - womöglich noch mit Hilfe des Leiters - überlegt hat, was denn für ihn eine akzeptable "Lösung" wäre. An dieser Vorstellung wird er das Geschehene dann messen und beurteilen. Dabei entgeht ihm aber völlig die Bewegung, wie sie sich gezeigt haben mag (wenn sie nicht im Streben nach eben der o.g. "Lösung" zunichte gemacht wurde) und das mögliche Geschenk und der Anstoß darin. Schade!
Sei gegrüßt!
A.