Hallo
Wenn ich mir ansehe, was jetzt in New Orleans abläuft, dann empfinde ich das als Raasismus und ich kann die Wut der Farbigen über diese Behandlung durchaus verstehen.
Die Viertel in denen die weißen wohnen, sind von der Überschwemmung lange nicht so stark betroffen, wie die Viertel, in denen die Farbigen wohnen. Das Wasser schlug dort besonders heftig zu, wo die Armen und Schwarzen wohnten. Dorthin wird es so schnell keine Rückkehr geben. Viele Teile, gerade im Osten der Metropole, wird man nicht aufräumen, sondern abreißen müssen. Der Neuaufbau wird hier nicht Monate, sondern Jahre dauern. Wenn der ehrgeizige Plan des Bürgermeisters in zwei Wochen abgeschlossen ist und fast 200.000 Einwohner wieder in der Stadt leben, ist aus dem vorher mehrheitlich schwarzen New Orleans eine hauptsächlich weiße Stadt geworden.
Ausgerechnet der schwarze Bürgermeister Ray Nagin äußerte sich diese Woche in harschen Worten über scharfe Kontrollen, wer zurückkehren dürfe und wer nicht. Die Polizei werde keinen "Abschaum" in die Stadt lassen. "Wir haben nach dem Sturm eine Stadt ohne Drogen und Gewalt, und unser Willen ist es, dies so beizubehalten." Für Kriminelle kündigte er ein "bitteres Erwachen" an, wenn sie in die Stadt kämen, die sie nicht wieder erkennen würden.
Es ist schon eine merkwürdige Einstellung, die sich ausgerechnet in den Worten des schwarzen Bürgermeisters wiederspiegeln. Über die Ursachen der Kriminalität verliert man kein Wort. Kein Wort wird über über die äusserst gravierenden sozialen Ungerechtigkeiten zwischen schwarz und weiß verloren. Gerade für die besserverdienende weiße Oberschicht sind die Kriminellen grundsätzlich schwarz.
In einer Umfrage, welche die "Washington Post" veröffentlichte, will die Hälfte aller Evakuierten in den Notauffanglagern, und das dürften in ersten Linie die Farbigen und Armen sein, deren Häuser zerstört wurden, nicht wieder in die Stadt zurückkehren. Die meisten von ihnen gehören zu der Rasse und der Klasse, die viele Weiße gern als "Abschaum" betrachten.
Wie sich eine solche demographische Wende auf den dieser Tage oft zitierten Spirit New Orleans auswirken wird, ist kaum vorstellbar. Ein Mardi Gras ohne schwarze Kapellen der ärmsten Viertel der Stadt? Das Vergnügungsviertel im French Quarter ohne Jazz- und Blueskapellen? Eine hauptsächlich weiße Stadt mitten im Süden der Vereinigten Staaten? All das klingt nach unrealistischer Zukunftsmusik. Gleichwohl beherrschen solche Visionen schon jetzt die Diskussionen, wenn es mal nicht um die konkreten Schäden geht.
Bis heute war die Stadt eine Burg der Demokraten. Die taten zwar auch nicht viel für die ärmeren Schichten, heimsten aber wie selbstverständlich ihre Stimmen ein. Die Republikaner könnten nach dem Sturm nun Morgenluft wittern. Mit den zurückgekehrten Reichen und den wegbleibenden Armen könnten sie im bisher demokratisch durchsetzten New Orleans die Macht an sich reißen - was ein großer Erfolg wäre.
Quelle:
Spiegel
Alles Liebe. Gerrit