D
DUCKFACE
Guest
Hallo!
Meine Meinung:
Die Todesstrafe ist ein facettenreiches Thema, das aus verschiedenen Perspektiven betrachtet und noch immer kontrovers diskutiert wird. Politische, ökonomische, moralisch-ethische, juristische und andere Argumente finden Eingang in die diesbezüglichen Debatten. In diesem Beitrag möchte ich einen Aspekt zur Sprache bringen, dem meiner Meinung nach noch zu wenig Resonanz geschenkt wird.
In den modernen Neurowissenschaften wird angenommen, dass jedem Gedanken, jedem Willensakt und auch jeder Handlung eines Menschen eine neuronale Aktivität vorausgeht, die letztlich konkrete Verhaltensweisen in Form von willkürmotorischen Reaktionen und/oder verbalen Artikulationen initiiert. Jeder Handlung liegt also ein neuronales Substrat zugrunde, welches das Verhalten eines Menschen generiert.
Normalerweise ist die aktive Tötung eines Anderen mit einem gesellschaftlichen und, wie ich glaube, auch mit einem biologisch bedingten Tabu belegt (Selbst- und Arterhaltung). Moralische Bedenken und emotionale Hemmschwellen bauen sich auf, sobald man ernsthaft in Erwägung zieht, eine andere Person ihres Lebens zu berauben. Dies dürfte zumindest bei einem intakten Gehirn der Fall sein.
Nun kann die Gesundheit unseres Hirns jedoch beeinträchtigt sein. Es besteht die Möglichkeit, dass sich z. B. ein Tumor bildet, der dazu führt, dass der an dieser Krankheit Leidende nicht mehr in der Lage ist, die vorgenommene Realisierung eines Tötungsdelikts mit den für die Moralität und Empathie zuständigen Hirnarealen in Verbindung zu bringen. Daher ist es ihm aufgrund jener neurobiologischen Modifikation nicht möglich, Gewissensnöte, Schuldgefühle, Mitleid, Hemmung bewusst zu empfinden. Die inhibitorischen Signale, die im Normalfall zur Blockierung des Totschlags führten, bleiben infolge dieser neuronalen Kommunikationsstörung aus, sodass der Täter die Tat begeht. Bei Psychopathen wurde in diesem Kontext bereits offenbar, dass spezifische Regionen ihres Gehirns Funktionsdefizite aufweisen, die primär die fürs Schuldbewusstsein und die für die sozialen Normen zuständigen Hirnbezirke betreffen(1). Hier wären mildernde Umstände aus medizinischen Gründen angebracht, nicht?
Wie man an diesem Beispiel erkennt, können pathologische oder degenerative Veränderungen des Gehirns vermutlich bewirken, dass ein Mensch seiner Gesellschaftsfähigkeit weitgehend verlustig geht. Er bedeutet dann eine potenzielle Gefahr für Andere, weshalb er im Extremfall der Sicherheitsverwahrung übergeben werden muss.
Nun möchte ich noch einen analogen Fall ins Visier nehmen: Ein Totschläger tötet einen Menschen. Diesmal entdecken die Neurologen jedoch keine Degeneration und auch keine andere Erkrankung im Gehirn des Täters. Folgt daraus nun, dass er anders behandelt werden muss als der am Tumor Erkrankte? Eigentlich ist das nicht logisch. Denn wenn das Gehirn des scheinbar gesunden Täters imstande gewesen wäre, die Verwirklichung des Töttungsdelikts zu unterbinden, aus welchem Grunde hat der Täter dann doch die Tat vollzogen? Offenbar war auch sein Hirn nicht fähig, der Motivation zur Tatausführung genügend inhibitorische Impulse entgegenzusetzen. Auch hier misslang es, die moralischen Werte mit der Tatausübung in Verbindung zu bringen, um hemmende Hirnzentren zu aktivieren. Der einzige Unterschied: Wir kennen die neurophysiologischen Ursachen in diesem Falle (noch?) nicht. Eventuell wird sich in fünf oder zehn Jahren aber herausstellen, dass dieser Person möglicherweise ganze Kommunikationskanäle fehlten, die notwendig gewesen wären, um die moralischen Botschaften mit den hemmenden Hirnfeldern und dem beplanten Totschlag in Beziehung zu setzen.
Wie bereits des Öfteren erwähnt wurde, steckt die neurodiagnostische Forschung noch in den Kinderschuhen. Heute ist man ja noch nicht einmal in der Lage, die neuronalen Korrelate bewusster Willenskommandos zu identifizieren. Welche Konsequenz schließe ich daraus? Aus meiner Sicht darf die Zuschreibung von Verantwortung nicht durch die aktuelle und damit situative Präzision neurodiagnostischer Instrumente definiert werden.
Welche Rolle kann dieser Gesichtspunkt in der Diskussion zur Todesstrafe spielen?
Viele Grüße
DUCKFACE
Literatur
1. http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0193953X08000300
Meine Meinung:
Die Todesstrafe ist ein facettenreiches Thema, das aus verschiedenen Perspektiven betrachtet und noch immer kontrovers diskutiert wird. Politische, ökonomische, moralisch-ethische, juristische und andere Argumente finden Eingang in die diesbezüglichen Debatten. In diesem Beitrag möchte ich einen Aspekt zur Sprache bringen, dem meiner Meinung nach noch zu wenig Resonanz geschenkt wird.
In den modernen Neurowissenschaften wird angenommen, dass jedem Gedanken, jedem Willensakt und auch jeder Handlung eines Menschen eine neuronale Aktivität vorausgeht, die letztlich konkrete Verhaltensweisen in Form von willkürmotorischen Reaktionen und/oder verbalen Artikulationen initiiert. Jeder Handlung liegt also ein neuronales Substrat zugrunde, welches das Verhalten eines Menschen generiert.
Normalerweise ist die aktive Tötung eines Anderen mit einem gesellschaftlichen und, wie ich glaube, auch mit einem biologisch bedingten Tabu belegt (Selbst- und Arterhaltung). Moralische Bedenken und emotionale Hemmschwellen bauen sich auf, sobald man ernsthaft in Erwägung zieht, eine andere Person ihres Lebens zu berauben. Dies dürfte zumindest bei einem intakten Gehirn der Fall sein.
Nun kann die Gesundheit unseres Hirns jedoch beeinträchtigt sein. Es besteht die Möglichkeit, dass sich z. B. ein Tumor bildet, der dazu führt, dass der an dieser Krankheit Leidende nicht mehr in der Lage ist, die vorgenommene Realisierung eines Tötungsdelikts mit den für die Moralität und Empathie zuständigen Hirnarealen in Verbindung zu bringen. Daher ist es ihm aufgrund jener neurobiologischen Modifikation nicht möglich, Gewissensnöte, Schuldgefühle, Mitleid, Hemmung bewusst zu empfinden. Die inhibitorischen Signale, die im Normalfall zur Blockierung des Totschlags führten, bleiben infolge dieser neuronalen Kommunikationsstörung aus, sodass der Täter die Tat begeht. Bei Psychopathen wurde in diesem Kontext bereits offenbar, dass spezifische Regionen ihres Gehirns Funktionsdefizite aufweisen, die primär die fürs Schuldbewusstsein und die für die sozialen Normen zuständigen Hirnbezirke betreffen(1). Hier wären mildernde Umstände aus medizinischen Gründen angebracht, nicht?
Wie man an diesem Beispiel erkennt, können pathologische oder degenerative Veränderungen des Gehirns vermutlich bewirken, dass ein Mensch seiner Gesellschaftsfähigkeit weitgehend verlustig geht. Er bedeutet dann eine potenzielle Gefahr für Andere, weshalb er im Extremfall der Sicherheitsverwahrung übergeben werden muss.
Nun möchte ich noch einen analogen Fall ins Visier nehmen: Ein Totschläger tötet einen Menschen. Diesmal entdecken die Neurologen jedoch keine Degeneration und auch keine andere Erkrankung im Gehirn des Täters. Folgt daraus nun, dass er anders behandelt werden muss als der am Tumor Erkrankte? Eigentlich ist das nicht logisch. Denn wenn das Gehirn des scheinbar gesunden Täters imstande gewesen wäre, die Verwirklichung des Töttungsdelikts zu unterbinden, aus welchem Grunde hat der Täter dann doch die Tat vollzogen? Offenbar war auch sein Hirn nicht fähig, der Motivation zur Tatausführung genügend inhibitorische Impulse entgegenzusetzen. Auch hier misslang es, die moralischen Werte mit der Tatausübung in Verbindung zu bringen, um hemmende Hirnzentren zu aktivieren. Der einzige Unterschied: Wir kennen die neurophysiologischen Ursachen in diesem Falle (noch?) nicht. Eventuell wird sich in fünf oder zehn Jahren aber herausstellen, dass dieser Person möglicherweise ganze Kommunikationskanäle fehlten, die notwendig gewesen wären, um die moralischen Botschaften mit den hemmenden Hirnfeldern und dem beplanten Totschlag in Beziehung zu setzen.
Wie bereits des Öfteren erwähnt wurde, steckt die neurodiagnostische Forschung noch in den Kinderschuhen. Heute ist man ja noch nicht einmal in der Lage, die neuronalen Korrelate bewusster Willenskommandos zu identifizieren. Welche Konsequenz schließe ich daraus? Aus meiner Sicht darf die Zuschreibung von Verantwortung nicht durch die aktuelle und damit situative Präzision neurodiagnostischer Instrumente definiert werden.
Welche Rolle kann dieser Gesichtspunkt in der Diskussion zur Todesstrafe spielen?
Viele Grüße
DUCKFACE
Literatur
1. http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0193953X08000300
oder wenn in zehn Jahren die Verschaltung vor einer Tat vermeintlich klar ist und Menschen präventiv als Nichtgesellschaftshige eingesperrt werden.