Scharlatanerie?
Wer solche Aussage das erste Mal vernimmt, ist meist mehr als skeptisch. Dazu kommen die in der Medienwelt und im Internet oft hitzig ausgefochteten Diskussionen, aus denen Hellinger selbst sich übrigens heraushält. Unter
www.hellinger.com hat er einen kurzen Artikel "Über die Kraft der Feinde" hinterlegt und an gleicher Stelle findet sich übrigens auch ein öffentliches, nicht zensiertes Diskussionsforum; ansonsten sagt er dazu nur: "Keine Antwort einem, der lauert."
Hellinger wird oft als "Guru" im negativen Sinne des Wortes bezeichnet, als rücksichtsloser und brutaler Therapeut, autoritärer Patriarch mit antiquierter Sprache. Auslöser sind Aussagen wie "Die Frau folgt dem Mann", oder Anweisungen während Aufstellung an Frauen, sich z.B. vor ihrem Vergewaltiger zu verneigen. So gesehen empörende, oder zumindest antiquierte Standpunkte. Allerdings darf man sie nicht isoliert betrachten. Der eben erwähnten erste Satz ist übrigens nicht vollständig zitiert, denn daran anschließend folgt: "Und der Mann muss dem Weiblichen dienen." Und "folgen" heißt nicht "untertan" sein!
Wer sich intensiv mit Hellinger und seinen Gedanken beschäftigt, findet viele Antworten auf anfangs völlig Unverständliches. Auch große Wahrheiten * die zum Teil sehr schwer anzunehmen, noch schwerer zu leben sind * ich spreche da aus eigener und der Erfahrung einer ganzen Reihe von Aufstellungen. Wenn man z.B. zum ersten Mal mit dem Gedanken konfrontiert wird, seinen Eltern, die einem so vieles angetan haben, oder * sehr viel heftiger * einem Vergewaltiger oder Mörder Ehre und Achtung zu erweisen, sich womöglich noch vor ihm oder ihnen zu verbeugen, dann scheint das anfangs unmöglich.
Erträglich werden solche Gedanken, wenn man akzeptieren kann, dass wir Menschen vor dem größeren Ganzen alle gleich sind und das Menschen, die in diesem Sinne geachtet und geliebt werden, ihre Fehler erkennen und bereuen bzw. sich anders verhalten hätten oder werden (je nachdem, ob es sich um Personen der Vergangenheits- oder Gegenwartssysteme handelt). Geradezu leicht zu leben werden solche "Anforderungen", wenn man im Laufe einer Aufstellung merkt bzw. fühlt, wieviel Kraft einem die Familie geben kann.
Das Leben kam durch unzählige Generationen meiner Familie zu mir. Wenn es gelingt, die vielleicht gestörte Beziehung zu Vater und / oder Mutter wieder herzustellen, kann die Energie dieser Generationen ihre Kraft in mir entfalten. In diesem Augenblick erschließt sich einem vieles * und man erkennt auch, dass es für einen selbst wichtig ist, endlich verzeihen und somit loslassen zu können. Denn dann kann man weit weniger belastet seinen eigenen Weg gehen, ohne dauernd seine Energie an die Vergangenheit zu verschenken.
(Quelle:
http://www.hellinger.com/deutsch/oeffentlich/medienecho/venus_mai_2002.shtml#scharlatanerie