Hallo Namo,
namo schrieb:
Kausalitäten sind eine Kette aus festen Wirkmechanismen bewirkt durch das Handeln mit Energie.
Es gibt keine festen Wirkmechanismen. Schon garnicht wenn es um menschliches Verhalten geht, worauf es bei Horopdeutungen ja meist ankommt. Da existieren höchstens Hypothesen über mögliche Wirkmechanismen.
Warum es wichtig ist, skeptisch zu sein?
Erstmal vorausgeschickt: Es gibt m.E. zwei Arten von Skeptikern. Der eine der sich als skeptisch bezeichnet, aber eignetlich immer nur negativ eingestellt ist. Die andere Sorte Skeptiker ist im wirklichen Sinne skeptisch, also sie zweifeln an der Möglichkeit, sicheren Wissens. Zu letzteren gehöre ich auch, obwohl ich zugebe, dass es sogenannte triviale Wahrheiten, wie Popper es formulierte, tatsächlich gibt. Z.B. ich sitze auf einem Drehstuhl mit blauer Lehne, während ich diesen Beitrag schreibe. Wenn ich aber an der Möglichkeit sicheren Wissens und an der Verifizierung zweifle, muss ich genauso an der Falsifizierung zweifeln, wenn ich ein wahrer Skeptiker bin. Viele Skeptiker, die sich so nennen, tun das nicht, sondern sind im Grunde auf eine der beiden Seiten festgelegt, entweder sie nennen es skeptisch, haben aber eine ablehnende Haltung (überwiegend der fall) oder umgekehrt.
Was mich skeptisch stimmt, ist einmal wiederum die Absolutheit der Aussage und zum anderen sind die Methoden, mit denen astrologisches Deutungswissen gewonnen wurde, empirisch-methodisch fragwürdig. Denn viele der Aussagen in Deutungstexten treffen häufig genug so nicht zu. Richtig einschätzen kann man das ja nur bei Transiten oder Progressionen. Im Geburtshoroskop kommt da ja noch der Barnum-Effekt ins Spiel und die Charakterdeutungen sind mit wenigen Ausnahmen voller urteilender und wertender Adjektive.
Außerdem: viele der Interpretationen, die ich bisher in astrologischen Büchern und sonstwo gelesen habe, werden als astrologische Erkenntnis verkauft, haben aber den Geschmack von Vorurteilen gegenüber anderen Personen. Und die Teirkreiszeichen, Planeten und Häusereinteilungen verführen ja schon sehr, Menschen damit festzulgen und zu kategorisieren. Und sich entsprechende Feindbilder und Sündenböcke auszusuchen (z.B. Steinbock, Skorpion, 8. haus, Saturn, Pluto, Mars-Pluto etc.) Wenn man da in der Astrologie die Kritik ausschaltet, verlässt sie die humanistische Grundlage (sofern sie diese für sich beansprucht) und es bekommt den Geschmack einer Ideologie mit möglicherweise sogar diktatorischen Zügen.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Sterne und Planeten Einfluss auf uns haben und dass die Deutungen im Groben auch einigermaßen und auf vorsichtiger Ebene stimmig sind. Skeptisch bin ich gegenüber den Deutungen. Und wenn Leute daherkommen und behaupten, sie hätten "Gesetze" ("Gesetze des Lebens", "Gesetze der Projektion" oder was auch immer) gefunden, dann stellen sich mir die Nackenhaare auf. Denn wie Hans Albert es formuliert hat: "es gibt keine Gesetze, es gibt nur Menschen, die behaupten, sie hätten Gesetze gefunden"
Namo schrieb:
Ich denke, Empirie ist die einzige wissenschaftliche Methode jenseits der physikalischen Kräfte, die zu einer Erkenntnis führt.
Da stimme ich dir zu.
Nur ist die Frage, ob es absolutes Wissen gibt. und da bin ich kritische Rationalistin. Man kann mit empirischen Methoden Aussagen höchstens falsifizieren, nicht verifizieren. Es ist ja genau wie du oben geschrieben hast, Signifikanzen sind nur Wahrscheinlichkeiten und damit ist die aufgrunddesen gewonnene ERkenntnis auch nur mit einiger Wahrscheinlichkeit und nicht absolut sicher gültig. Wenn es durch eine empirische Studie nicht möglich ist, eine Aussage zu widerlegen, kann man weiter mit ihr operieren. Sollte sich aber immer bewusst sein,dass diese Erkenntnis vorläufig ist. Das ist für diese ERkenntnis nicht abwertend gemeint. Es setzt voraus, dass wir die gleiche Hypothese widerholt empirischen Tests aussetzen und es setzt Kritikfähigkeit voraus.
Was bei empirischen Studien häufig fehlinterpretiert wird, ist die Reichweite ihrer aussagen. Soweit diese Aussagen im deskriptiv-statistischen Rahmen bleiben, ist das kein Problem. also vor allem Zeitpunkt oder -raumbezogen und bezogen auf die Grundgesamtheit, die untersucht wurde. Problematisch wird es, wenn die Aussagen mit Test- und Schätzverfahren schließender Statistik von einer Stichprobe auf die Gesamtheit verallgemeinert werden, weil das nur unter sehr bestimmten Verteilungsannahmen zu korrekten Aussagen fürhrt. Aus meiner Erfahrung wird das aber häufig nicht gemacht und die Ergebnisse werden überinterpretiert. M.E. ist das bei den Gauquelin-Ergebnissen der Fall. Sie werden möglicherweise über ihre Aussagegrenzen hinaus interpretiert.
Das problem, das Menschen damit haben ist wohl, dass man zum Handeln oder Leben sichere Ausgangsbasen braucht. Die Kunst ist aber, das Leben auch dann zu meistern, wenn es kein absolut sicheres Wissen gibt.
Namo schrieb:
Daß jemand behauptet, daß etwas der Ordnung der Astrologie widerspricht, bedeutet nichts. Relevant ist einzig das, was jemand als Ordnung erkennt und das, er auch kommunizieren kann mit anderen, die auch etwas als Ordnung erkannt haben. Wenn jemand etwas nicht erkennt, macht das, was andere erkannt haben, deswegen nicht unwahr.
Das ist die konstruktivistische Auffassung, die aber auch nicht ohne Kritik ist. Stellium hat dazu im Meridian einen guten Leserbrief geschrieben.
Namo schrieb:
Statistik ist ein Werkzeug, das in vielen Bereichen der Analyse von Ordnung Wertvolles leistet, solange die zu analysierende Ordnung einfach und linear ist.Aber sie ist nicht brauchbar, wenn eine Struktur aus vielen verschiedenen einzelnen komplexen Eigenschaften besteht wie z.B. der Charakter eines Menschen oder eine Symphonie.
Das stimmt nicht ganz. Es gibt eine Fülle nichtlinerarer, verteilungsfreier Test- und Schätzverfahren und noch viel mehr multivariate Test- und Schätzverfahren. Beim charakter eines Menschen stößt sie allerdings tatsächlich an Grenzen. Obwohl es mit Verfahren für kategoriale Variablen wohl auch möglich sein sollte. Empirsche Verfahren, die in der Psychologie verwandt werden, können das ja mittlerweile auch. Das Problem ist, dass Astrologie nicht an den Geldtöpfen für Forschungsmittel sitzt und da einen Nachteil gegenüber gesellschaftlich etablierten Forschungsrichtungen hat.
LG
Tintenfisch