hallo,
@condemn
also du bringst mich schon wieder zum nachdenken.
ich sage mir selber immer wieder, dass dieses oder jenes eben kein problem sei. diesen gedanken kann ich eine zeit lang festhalten - und fall dann wieder zurück.
ich such das sprichwörtliche haar in der suppe - und finde es meistens auch. oft bin ich so labil, dass nur eine kleinigkeit benötigt und ich bin traurig und frustriert. und je mehr ich dann darüber nachdenke umso schlechter gehts mir eh klar.
ich könnte diese gedanken auch wegschieben, weil nichts dahinter ist, und es eigentlich kein problem gibt. wenn ich das aber schaffe, habe ich dann komischerweise ein schlechtes gewissen! keine ahnung warum. ich MUSS mir doch darüber gedanken machen ..., ich darf das einfach nicht positiv sehen.
das ist verrückt.
Ja, Du sprichst da einen sehr interessanten Punkt an.
Ich sagte doch in meinem ersten Beitrag, dass ich der Ansicht bin, dass es eher mit Verurteilung und Angst zu tun hat. Bzw.: Verurteilung AUS Angst.
Angst und Verurteilung gehen eine Art Koalition ein und werden zu einer Art psychologischen Instanz, die ich persönlich "Condemn"

nenne.
Das Problem, so wie ich es sehe, hat vor allem damit zu tun, dass man mit vielem noch nicht vollkommen bewusst umgehen kann. Ich versuche das mal in Schritten zu formulieren und an Deinem Beispiel:
Du hast gewisse Erfahrungen gemacht, in früheren Beziehungen etc., die Dir einfach nahelegen aufzupassen.
1. Du siehst ein Zeichen, dass Dich irgendwie trifft, wo Du einen Bezug zu hast. Deine "Werte" (Ansichten wie eine Beziehung sein sollte) werden sozusagen angegriffen. Du hinterfragst das nicht, sondern für Dich ist das so. Krass und etwas platt gesagt: Er geht zum Tanzen, Du bist ihm offensichtlich nicht so wichtig. Da geht dann einmal Verurteilung in seine Richtung, wie auch in die eigene... Sich zurückgewiesen fühlen führt in der Regel z.B. zur Suche nach Ursachen an der eigenen Person, Eigenschaften, Äußerlichkeiten usw. Das wird dann ebenfalls verurteilt. Wenn Du gewisse Erfahrungen gemacht hast, hast Du mit Sicherheit auch die gemacht.
2. Du hinterfragst diese Werte. Fragst Dich, ob sein Handeln wirklich die negative Bedeutung haben muss, die Du aus Angst (resultierend aus früheren Erfahrungen) darin zu erkennen glaubst. Du kommst vielleicht rein intellektuell zu dem Schluß: Nein, die Beziehung läuft eigentlich wirklich gut. Es gibt viel mehr Anzeichen dafür, dass ich ihm wichtig bin usw.etc.
3. Das Problem: Diese Reaktionen finden trotzdem noch statt. Es bleibt sozusagen bedeutungsvoll, wenn er ohne Dich loszieht. Du bist da nicht vollkommen frei von diesen Gedanken. Und auch wenn Du jetzt jedes mal eine solche Reaktion bemerkst, ihr intellektuell begegnest, ist das nur ein Gedanke gegen ein grundlegendes Gefühl von Unsicherheit.
4. Dieses grundlegende Unsicherheitsgefühl (das vielleicht jeder Mensch hat) bringt Dich dazu, die Ursache herausfinden zu wollen. Du landest dann ganz schnell wieder bei den bekannten Gründen und fragst Dich dann z.B. "Könnte es nicht doch ein schlechtes Zeichen sein?" Ganz allgemein, die Angst vor Verlust, sucht nach Zeichen dafür. Ein Mangel an Vertrauen, sucht nach Zeichen dafür. Das alles hat Schutz-Funktion...
5. Diese Schutz-Funktion ist es dann, die nicht zuläßt, das man auf neue Art mit den Dingen umgehen kann, auf der Basis dessen, was man eigentlich schon erkannt hat. Das führt dann, wie Du es beschreibst, z.B. zu Selbstverurteilung. Du bist Dir nämlich nicht vollkommen sicher. Nur muss der Grund gar nicht dort liegen, wo Du hinschaust. Damit meine ich: Deine Beziehung ist vielleicht wirklich perfekt, zumindest gibt es nirgendwo ein grundlegendes Problem. Und das ist Dir möglicherweise vollkommen klar, aber eine grundlegende Unsicherheit "verführt" Dich dazu, nach Problemen Ausschau zu halten.
6. Das Verurteilen gewisser Eigenschaften (Dein Beispiel: Einfach sagen "Es ist alles okay" und Dir keine Sorgen zu machen) führt zur Verstärkung der Eigenschaft die Du verurteilst, sowie deren Gegenteil. Du springst dann hin und her zwischen einer Art Suggestion (Ist ja eigentlich alles okay) und der Eigenschaft: "Nein... so leicht kann ich es mir nicht machen. Ich fühle mich ja noch nicht wirklich so, als ob alles okay sei." .......also weitersuchen....
Ich habe dieses Prinzip, wie ich es selbst kenne, jetzt mal versucht auf Dein Beispiel umzuformulieren, weil ich glaube, das es eine Art grundlegender Mechanismus ist, der abläuft. Ich kann es besser formulieren, wenn ich es allgemeiner darstelle:
1. Man fühlt sich mies. Grund unbekannt.
2. Man sucht nach Gründen und findet sie. (Beziehung, Finanzen, Gesundheit, was auch immer)
3. Man verurteilt alles was man als Ursache zu erkennen glaubt.
4. Man stärkt die Eigenschaften, die zu diesen Ursachen führen.
5. Man hinterfragt diese Gründe, erkennt vielleicht mehr und mehr diese Zusammenhänge... man kommt zu dem Schluß: Das ist es nicht wirklich, bzw. all das sind Wirkungen, nicht Ursachen.
6. Man wendet sich wieder dem Gefühl zu, dieser reinen Unsicherheit.
7. Man verurteilt nun die Unsicherheit, da man nun in ihr die Ursache zu erkennen glaubt.
8. Man sagt sich: Ah... ich darf nicht verurteilen, ich versuche das mal.
9. Da man ständig aus der Wahrnehmung das Feedback "Besserung" verlangt, kommt man an einen Punkt: "Egal was ich tue, es verändert sich nichts"
10. Das ganze ist eine Verurteilung: Verdammt, entweder ist da etwas das absolut nicht in den Griff zu bekommen ist (das Böse selbst

), oder ich bin zu blöd dazu.
11. Man erkennt, dass das gleichbedeutend damit ist zu sagen: Es soll sich nichts verändern, es soll nicht in den Griff zu bekommen sein, oder ich soll zu blöd dazu sein.
12. Man läßt das...
Punkt 12 ist aber nicht definierbar im Sinne von "Ich lasse es". Man kann das nicht tun. Er geschieht aus der Erkenntnis dessen heraus, was man bisher die ganze Zeit "tut" (geistig tut... ). Diese Mechanismen basieren auf Überzeugungen und haben geistig ein bisschen "Film-Bild-Charakter".
Damit meine ich, das man z.B. einen "Angst-Eindruck" hat... Etwas das Dein Freund etwa tut, was bei Dir zu einer negativen Reaktion führt.
Wahrnehmung-Reaktion (Interpretation)
Erkennen der Reaktion - Gegenüberstellen von z.B. "Eigentlich gibts kein Problem"
Wahrnehmung - "Ich fühle mich trotzdem nicht besser"
Warum?
Weil ich mir doch nicht so sicher bin?
usw.
Man kommt dabei immer tiefer zu unkonkreten Überzeugungen. Erst sind es konkrete Dinge wie "Er geht Tanzen, negative Bedeutung"
Das kann man leicht hinterfragen. Je tiefer man aber kommt, desto mehr stößt man auf etwas das man nicht so schnell als das erkennt, was es ist: Dasselbe Prinzip. Es sind nur rein psychologische Überzeugungen...
"Ich erkenne nicht."
"Es funktioniert nicht/s"
"Vielleicht funktioniert es, aber ich mache etwas falsch."
"Genau diese Überzeugungen sind das Problem" .......Verurteilung.....
"Ich darf nicht verurteilen, sonst stärke ich genau das was ich nicht will"
usw.
Das sind alles Einzelbilder, die ihre überzeugende Kraft daraus bekommen, das man sie ständig mit äußerer Wahrnehmung vermischt. Emotionen... Emotionen sind physisch und Wirkung. Aber in Verbindung mit einem Gedanken, wird dieser Gedanke zu einer Überzeugung... Es ist im Grunde eine Erfahrung, und Erfahrung ist überzeugend.
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sobald es mir besser geht und ich mir z.b. denke, dass mein freund heute abend ohne weiteres alleine tanzen gehen könnte, weil ich unbedingt den abend zu hause verbringen möchte, und es mir nichts ausmachen würde ...... kommt mir gleich im nächsten moment der gedanke, dass es mir dann doch schlecht gehen sollte, weil ich mich vernachlässigt fühlen sollte.
Das ist noch ein wichtiger Punkt für Dich selbst... Also einfach die Frage warum? Ich meine... Mögliche Gründe könnten sein, dass Du Dir einfach nach wie vor unsicher bist, ob vernachlässigt-fühlen nicht die angemessene Reaktion wäre, weil es nach wie vor Deinen Überzeugungen entspricht. Möglich wäre auch, das Du Dir nicht gestattest, Dich gut zu fühlen, wenn nicht alles perfekt so ist, wie es Deinen "Werten" entspricht. Dann glaubst Du vielleicht nicht, das es ein schlechtes Zeichen ist, wenn er alleine loszieht, aber es ist eben nach wie vor nicht so wie Du willst... Also solltest Du Dich nicht gut fühlen. Es kann auch den tieferen Punkt berühren, den viele Menschen kennen: Einsamkeit... Der Gedanke, das man vollkommen alleine sein, und es einem gut gehen kann, wird von manchen nicht mal als positiv empfunden. Sie wollen so sehr eine gute Beziehung, das der Gedanke an "Alleine aber glücklich" fast Angstauslösend ist. Das ist übrigens bei allen großen Wünschen so. Man will nicht frei von dem Wunsch sein, man will das er sich erfüllt. Das ist ein seltsamer Fehler im Denken irgendwie.
Ich meine... Mal ein anderes Beispiel: Denk Dir jemanden, der unbedingt viel Geld verdienen will, reich sein möchte. Würde ihn der Teufel vor die Wahl stellen: Ich befreie Dich von dem Wunsch und Du bist ohne Geld genauso glücklich und frei, oder aber: Verkauf mir Deine Seele und Du hast Deine Kohle...

Dann verkauft dieser Jemand seine Seele.
Verstehst Du was ich meine? Das ist einerseits seltsam, aber andererseits kennt es fast jeder. Erzähl mal einem unglücklichen Single, er sollte versuchen daran zu arbeiten, das er eine Beziehung gar nicht für sein Glück braucht. Nix da! Sag ihm/ihr lieber sofort, wie er Traumfrau/mann bekommt.
Nur, das wirklich blöde Prinzip ist: Solange ich etwas brauche, bleibe ich beim brauchen... kriege es nicht.
So, muss mal aufhören, hoffe das war nicht zu konfus.
VG,
C.