ihr lieben!
ujegerl, da hab ich mich auf was eingelassen... na gut, ich verkriech mich erst mal ins grundsätzliche.
ich sehe im systemischen stellen wie auch in der astrologie oder auch im tarot "werkzeuge", die strukturen einer ordnung sichtbar machen. welcher art diese ordnung ist, darüber gegen die thesen auseinander, wie sich ja schon in vielen threads gezeigt hat. polarisiert: es gibt das bild einer letztlich "kristallinen" ordnung, klar gefügt, von kausalitäten geprägt, und es gibt das bild einer chaotischen ordnung, in der nicht-linear konstituierte systeme sich entlang von "seltsamen attraktoren" und in fraktaler symmetrie (auch das chaos hat so etwas wie pseudokristalline strukturen ) entwickeln. wobei "entwickeln" einen linearen zeitbegriff voraussetzt, aber den kleinen tribut zahl ich jetzt mal, damit wir weiterkommen...
welche dieser beiden sichtweisen oder welche der vielen möglichen kombinationen zwischen diesen polen die richtige - oder die richtigere - ist? ich denke, es sind immer nur unsere bilder, mit denen wir hinschauen, die die bilder prägen, die wir dann sehen... die "wirkliche wirklichkeit" ist zu groß für meine kleinen augen, als dass ich mir ein urteil über das richtige schauen anmaßen würde. so wie bildgebende verfahren in der hightech-medizin neue einblicke bringen, so mögen vielleicht thesen über die inneren strukturen von wirklichkeit auch eine art von bildgebenden verfahren sein, die neue einsichten ermöglichen.
astrologie... das horoskop ist ein schaubild von zeitqualität. das geburtshoroskop scheint etwas wie einen "astrogenetischen code" aufzuzeigen, der unsere bewegungs- und freiheitsräume definiert. pessimisten würden sagen: begrenzt. optimisten würden sagen: unsere unendlichen individuellen möglichkeiten beschreibt. dazu dann die schichtungen von zeitqualität, die drüber liegen: transite z.b. als ausdruck der allgemein verbindlichen aktuellen zeitqualität, in der wir uns bewegen. oder dynamisch weitergerechnete formen des geburtshoroskops, die in meinen augen weitere schichten der "individuellen" zeitqualität in ihrem voranschreiten "in der zeit" aufzeigen - progressionen, solare, auslösungen, fraktale extrapolationen... in der summe all ihrer möglichkeiten erlaubt die astrologie tiefe einsichten mit einerseits höchst individueller gerichtetheit, andererseits höchst objektiver erkenntnisgrundlage (die sterne sind nun mal dort, wo sie sind, mehr oder weniger...). die schmerzlichen unschärfen entstehen erst in der deutung, wenn das ganzheitliche, vielschichtige bild in worte und begriffe vereinzelt und in die verlustreichen gefilde der kommunikation eingebracht wird.
jedenfalls ist die "betrachtung des horoskops" eine analyse unserer verstrickungen mit der zeitqualität. diese verstrickungen sind abbildbar, und diese verstrickungen zeigen sich ja nicht nur in raschelnden ausdrucken von gestirnspositionen, sondern in fleisch und blut, in holz und blech, in stein und bein.
die wissenden felder der systemischen aufstellungen liefern andere schau-bilder, andere kanäle der einsicht. für mich zeigen sich auch in der stellungsarbeit jene attraktoren chaotischer ordnung, entlang denen sich die protagonisten ihren platz suchen, die bei eingriffen hier in interaktiver vernetzung dort wirken. wir kennen aus der arbeit den "schmetterlingseffekt", wenn eine kleine veränderung im feld, ein satz oder ein lächeln im handumdrehen zu einem sturm der empfindungen führen. noch viel weniger als in der astrologie sind die positionen in der systemischen arbeit in begriffen zu erfassen, viel mehr als in der astrologie sind sie jedoch erlebbar. (wobei ich in etlichen lehrvideos bert hellingers sehe, dass er schon vor dem ersten wort irgendeines stellvertreters und in bewusst verstärkter kargheit der informationen des aufstellenden mit dem allerersten hinschauen das bild liest wie ein astrologe das horoskop...).
die für mich sehr wertvollen rituale der systemischen stellungsarbeit sind es vor allem, die aus diesem verfahren noch etwas anderes als ein analytisches instrument machen. das zurückgeben von dingen, die nicht zu mir gehören, das hereinholen von ausgeblendeten/m, die bewegungen der achtung und das nehmen der liebe zu dem preis, den sie kostet und vieles mehr, das zählt für mich auch zu jenen bildgebenden verfahren, die es dem klienten erlauben, auf andere weise auf die welt/sein system zu schauen. einsicht nicht nur in das ausgangsbild, sondern auch annähern an eine als lösend erfahrbare ordnung, durch umordnen dessen, was sich zuvor als unordnung gezeigt hat. einsicht in das neue bild der ordnung, die nicht der therapeut herstellt, sondern die in achtsamer bewegung aus dem system erwächst... ein keim, dessen pflege nur dem klienten anvertraut werden kann. das potenzial der voll erblühten blume hat er gesehen...
reflektierend lässt sich freilich sehr viel über das sagen, was während einer aufstellung geschieht. auch über das ins licht treten kausaler zusammenhänge. warum das gerade für den klienten in der regel problematisch ist, liegt daran, dass die gerade erst erlebte ganzheitliche einsicht mit allen sinnen und weit über diese hinaus im analysierenden gespräch auf die isolationsfolter der worte zurückgepfiffen wird. das nimmt der aufstellung ihre kraft. es hat jedoch nichts damit zu tun, dass die aufstellerei die diskussion zu scheuen oder sich vor einem analytischen verstand zu verstecken hätte. was dem beredten zugriff in der regel auch entgeht, ist die systemische verwurzelung - das kennen wir im übrigen ja auch aus anderen disziplinen: auch die "inhalte" des kollektiven unbewussten nach c. g. jung erschließen sich uns nicht durch kausales, analytisches ableiten, sondern über archetypen, synchronizistische prozesse, traumbilder, eben "bildgebende verfahren". so ist es für viele, die ja noch gerade zu nehmen vermögen, dass der klient selber eine veränderung erfährt, völlig unbegreiflich, dass auch das ganze system des klienten durch eine gelungene aufstellung mehr in ordnung kommt als es vorher wahr.
beides - astrologie und systemisches stellen (und ich nehm auch schon mal den tarot hinzu, mit dem ich noch ziemlich neu unterwegs bin) - bringt einsichten. und wenn es sich um den gleichen klienten handelt, sind es einsichten in die wirklichkeit dieses klienten. es sind zugleich aber auch unterschiedliche arten des hinschauens, also sind auch die bilder, die ich empfange, unterschiedliche. ich würde, denke ich, das "empfangen" der bilder aus einer aufstellung stören, wenn ich sie durch eine vorherige horoskopbetrachtung vor-bilden würde. umgekehrt funktioniert es besser: die "bilder einer aufstellung" (kein mussorgsky

durch astrologische einsicht weiter ordnen. wenn es nacharbeit zu einer aufstellung gibt, kann das durchaus hilfreich sein, meine ich.
noch sehr in meinem hinterhirn schlummert die vorstellung, es könnte gelingen, die bilder der astrologie in dynamische prozesse ganzheitlichen erfahrens einzubringen, aber das ist noch weit weg von spruchreif. was ich bisher an "astrologischen aufstellungen" erlebt habe, folgte dem prinzip "himbeersaft ist gut, schnitzel ist gut ... wie gut muss dann erst schnitzel mit himbeersaft sein!" - und so hat es dann auch geschmeckt.
so. hab ich euch nun noch mehr verwirrt, oder konnte ich irgendwas deutlicher machen? wir werden sehen...
alles liebe, jake