Durchaus nachvollziehbar, dass du die Reue vermisst.
Ich kenne allerdings eine andere Bedeutung von Vergebung, die mMn. viel auch Sinn macht. Diese Form von Vergebung ist nicht an Bedinungen gebunden und soll den, der vergibt frei von der Sache machen (befreien). Da könnte man den Begriff Vergebung mit "den Anspruch auf Rache und/oder Wiedergutmachung aufgeben" beschreiben. Diese Form von Vergebung befreit jeden, der von der Tat direkt oder indirekt betroffen ist.
Ist allerdings nicht ganz einfach und das Prinzip des Ausgleichs und der Wiedergutmachung finde ich ebenso sinnvoll. Wenn beispielsweise in Partnerschaften ein Partner den anderen betrügt, dann ist Wiedergutmachung schon echt sinnvoll. Das ist für die Psyche beider gut und hebt beide auch wieder auf gleiche Augenhöhe. Nur Vergebung würde zu einem Dauerhaften Ungleichgewicht führen.
Eine ähnliche Situation des Ungleichgewichts, allerdings wesentlich komplexer haben wir ja auch bei der Nazi-thematik. Gerade hier ist es schwierig und fraglich, ob es die Augenhöhe überhaupt geben soll und wie eine Wiedergutmachung im persönlichen Kontext aussehen kann. Da könnte Vergebung der effektivere Weg sein.
Zum Thread ansich. Die These, dass die Hitlererfahrung notwendig war finde ich sehr gewagt. Wenn man sich die Gesamtgesellschaft anschauen mag, dann ist das vielleicht erstmal eine stimmige Idee. Wenn man sich aber einzelne Menschen und deren Schicksale anschaut, dann finde ich wackelt diese Idee arg. Hinter der großen Idee steckt nämlich die Idee, dass jeder Mensch sich jede noch so krasse Erfahrung selbst aussucht. Das halte ich für ein sehr problematisches Konzept. Vor allem kann man dann am Ende ja solche Sachen sagen, wie "Die Juden haben sich das ausgesucht." Machen viele nicht, die diesen Thesen folgen, aber so abwegig ist dieser Gedanke innerhalb dieses Weltbildes nicht. Das hat mich an der These von Walsch schon sehr früh gestört.