Hi Stephania,
Das Phänomen ist mir nicht ganz unbekannt, ging mir früher bisweilen auch so.
Früher fand ich das bisweilen problematisch: Man läuft irgendwie "verwundert" durch die Welt, scheint geistesabwesend zu sein und irgendwie fehlt der Antrieb, die notwendigen alltäglichen Dinge zu erledigen. Ich hoffe, das trifft auf deine Erfahrung zu, falls ich falsch liege, solltest du mich korrigieren.
Nun gäbe es dazu relativ viel zu sagen.
Als erstes würde ich dir mal empfehlen, bevor du mit Meditation aufhörst, jeweils bewusst Zeit aufzuwenden um "zurückzukehren" und nicht einfach nur grade die Meditation zu beenden. Lass dir genügend Zeit damit, es ist wichtig. Während der Meditation spüre ich oft meinen Körper nur noch an wenigen Stellen (v.a. Hände, hinter den Augen, Scheitel). Bevor ich jeweils beende, versuche ich bewusst wieder aus diesem Zustand zurückzukommen und den Körper ganz bewusst wahrzunehmen - insbesondere der ganze Körper unterhalb des Bauchnabels (inkl. Beine). Der untere Teil des Körpers ist es, welcher dich mit dem Boden verbindet, dich gewissermassen "erdet", daher kann man zum Beispiel absichtlich das Bewusstsein verstärkt auf diesen Teil legen.
Wahrscheinlich bist du einfach eine Person, welche sehr gut während der Meditation alles ausserhalb von dir ausblenden kann, das ist von Mensch zu Mensch natürlich verschieden.
Überhaupt: Falls du eine Bürotätigkeit ausführst, und dabei z.B. noch viel am Bildschirm sitzt, solltest du sowieso vermehrt Wert darauf legen, dich zu "erden" - bei mir ist das jedenfalls wichtig. Versuche doch mal auch regelmässig eine andere Meditationstechnik, z.B. dass du dich auf deinen Körper konzentrierst und die Empfindungen bewusst wahrnimmst. (Druckstellen, Verspannungen, warm/kalt usw.)
Möglicherweise hilft es, die Meditation weniger oft auszuführen oder auch sie erst z.B. vor dem Ins-Bett-Gehen auszuführen, so dass du danach eh schlafen gehst.
Oder du treibst nach dem Meditieren Sport oder führst eine Tätigkeit aus, welche einfach ist und nicht allzu grosse Aufmerksamkeit erfordert.
Zweitens lässt sich aber das Problem nicht so einfach lösen, denn hier geht es tiefer als nur darum, wie man wieder "zurückkommt". Es geht darum, wie du "die Realität" normalerweise wahrnimmst. Denn: Das, was du ohne regelmässige Meditation jeweils als "deine Umwelt" wahrnimmst, ist in Wahrheit kaum so, wie es schliesslich in deinem Kopf landest.
Wie du sicher weisst, filtert unser Kopf ständig unheimlich viele potentielle Wahrnehmungen und was schliesslich unser Bewusstsein erreicht, ist wohl < 2% oder so aller Dinge, die sich um uns herum abspielen. Mit andern Worten: Zwischen der Wahrnehmung der uns umgebenden Welt und der Welt selbst, gibt es eine "Kluft".
Nimmst du irgendeine Droge, bist du alkoholisiert, bist du sehr müde oder "nicht ganz aus der Meditation zurückgekehrt", stellt sich dir die Welt anders dar als gewöhnlich. In unserer deutschen Sprache bezeichnen wir das gerne als "aussergewöhnliche" Zustände. Wir glauben, unsere Alltagswahrnehmung sei die "richtige", während jene nicht alltäglichen Wahrnehmungen "falsch" seien. Das rührt einfach nur daher, dass wir jene anderen Zustände nicht gewohnt sind. Meditierst du weiter, wirst du dich daran gewöhnen, dass anscheinend deine Wahrnehmung der Dinge variieren kann - und dass es keineswegs klar ist, welches die "richtige" Wahrnehmung ist.
Es soll Patienten geben mit geschädigtem Hirn, welche z.B. eine Seite der Welt schlicht nicht wahrnehmen. Für eine solche Person existiert die linke Seite der Welt z.B. einfach nicht. Sie essen den Teller nur auf der rechten Seite leer, weil sie die linke Seite nicht wahrnehmen. Ist das nicht verblüffend? Diesen Menschen muss man beibringen, mittels der Gewohnheit auch auf die linke Seite zu schauen, denn von selbst würden sie es nicht tun. Später können sie mittels der Macht der Gewohnheit ganz gut leben, aber zuvor gibt es für sie einfach nichts, was sich links von ihnen befindet.
Kurz: Irgendwann stellt sich von selbst die Frage, was Realität denn eigentlich ist und wie sie mit unserer Wahrnehmung zusammenhängt. Das Prolem ist dann nicht mehr länger, wie du aus diesem merkwürdigen Zustand in den normalen Zustand zurückfindest, sondern welcher der beiden denn eigentlich der "richtigere" ist. Ich kann dir sagen, diese Fragen sich selbst ernsthaft zu stellen, kann ganz schön unangenehm werden, es kann dich in ernsthafte Schwierigkeiten bringen! Es tastet nämlich das Bild an, welches sich der Mensch von sich und der Welt aufrechterhält.
Ja, es ist wahr: Meditation kann zum Beispiel eine begonnene berufliche Karriere gefährden, denn sie lässt dich plötzlich ganz ungewohnte Fragen stellen, z.B. über den Sinn dieser Karriere.
ABER: Eins ums andere. Bevor wir hier irgendwo weiter ins Philosophische abschweifen - ich denke, du solltest nicht vergessen, dass bei aller Meditation du immer auch ein Mensch bist, welcher letztlich seinen Platz im Alltag einnimmt. Es ist in Ordnung, wenn du diese grosse Ruhe auch mit in den Alltag hineinnimmst (umso besser sogar!), aber deswegen solltest du trotzdem in der Lage sein auf den Verkehr zu achten, wenn du Auto fährst. Es nützt dir nichts, wenn du eine supidupi Meditation hast, danach aber überfahren wirst, weil du verträumt in der Gegend rumgelaufen bist.
Greetz fckw