Gehirn und Geist

Lamia1 #49
Sogar der mit dem Materialismus und dem reduktionistischen Monismus sympathisierende Neurobiologe Prof. Dr. Gerhard Roth gibt zu, dass die neuronalen Korrelate bewusster Willensentschlüsse (noch?) nicht identifiziert werden konnten.

Und?

Ich kann nicht umhin, diese Formulierung als „herzig naiv“ zu beschreiben. Leitest Du aus dem Umstand, dass Neurowissenschaftler ihren derzeitigen Kenntnisstand kommunizieren (und nicht irgendeine Pseudogewissheit daherschwurbeln) irgendeinen Beleg für die Existenz einer wie auch immer gearteten göttlichen GeistSeele ab? Basierend auf der Logik „die wissen es nicht, also gibt’s Gott“?

Es fällt eben auf, dass sämtliche Geist-Fragen nicht neurowissenschaftlich beantwortet werden können.

Es fällt eben auf, dass sämtliche (Selbst-)Bewusstseins- u. Qualiafragen nicht religiös/theistisch beantwortet werden können.

P.S. bitte erläutere, was Du unter „bewusstem Willensentschluss“ verstehst und wie Du diesen Terminus gegenüber anderen möglichen "Entschlüssen" abgrenzt.
Was verstehst Du also unter bewusstem Wollen!
 
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Und?

Ich kann nicht umhin, diese Formulierung als „herzig naiv“ zu beschreiben. Leitest Du aus dem Umstand, dass Neurowissenschaftler ihren derzeitigen Kenntnisstand kommunizieren (und nicht irgendeine Pseudogewissheit daherschwurbeln) irgendeinen Beleg für die Existenz einer wie auch immer gearteten göttlichen GeistSeele ab? Basierend auf der Logik „die wissen es nicht, also gibt’s Gott“?



Es fällt eben auf, dass sämtliche (Selbst-)Bewusstseins- u. Qualiafragen nicht religiös/theistisch beantwortet werden können.

P.S. bitte erläutere, was Du unter „bewusstem Willensentschluss“ verstehst und wie Du diesen Terminus gegenüber anderen möglichen "Entschlüssen" abgrenzt.
Was verstehst Du also unter bewusstem Wollen!


Mag sein, dass es dafür keine Belege gibt, doch woher wollen wir wissen, dass die Natur uns für alles was sie tut logische Explikationen zur Verfügung stellt??
 
Lamia1 #52

Frage von Kallisto: Was verstehst Du also unter bewusstem Wollen!

Antwort Lamia1
"Ich möchte meinen Arm heben!"

Wie oft am Tag denkst/entscheidest/willst Du bewusst Deinen Arm zu heben – also „ich möchte meinen Arm heben“?
Oder wie oft willst Du bewusst beim Gehen das linke Bein nach vor stellen und dann das rechte und dann wieder das linke… selbstverständlich die Rumpfstabilität, die Gewichtsverlagerung, die Tonusregulation und und und nicht aus den Augen verlierend…
Dein Leben muss ganz schön kompliziert sein, wenn sich Dein bewusstes Wollen auf diese Abläufe konzentrieren muss. Ein Buch lesen? Fehlanzeige! Allein schon das Buch zu halten bindet Deine Kapazität…
 
Wie oft am Tag denkst/entscheidest/willst Du bewusst Deinen Arm zu heben – also „ich möchte meinen Arm heben“?

Fakt ist, bewusstes Wollen existiert. Das dementiert nicht einmal Prof. Dr. Gerhard Roth. Bewusstes Wollen wurde im Libet-Experiment 200ms vor der ersten apparativ gemessenen Muskelkontraktion von den Probanden reflektiert - im Durchschnitt. Bewusste Willensakte sind also eine Realität, deren neuronaler Ursprung unbekannt ist.
 
Lamia1 #55
Fakt ist, bewusstes Wollen existiert. Das dementiert nicht einmal Prof. Dr. Gerhard Roth. Bewusstes Wollen wurde im Libet-Experiment 200ms vor der ersten apparativ gemessenen Muskelkontraktion von den Probanden reflektiert - im Durchschnitt. Bewusste Willensakte sind also eine Realität, deren neuronaler Ursprung unbekannt ist.


Meine Frage bezog sich auf Deine oben genannte Äußerung in Post #1. Hier schreibst Du, dass das bewusste Wollen des Geistes (der bewusste Willensakt) die Wahrscheinlichkeit einer Exozytose am Synapsenspalt gezielt maximiert – vorher merktest Du noch an, Dich nur auf die Willkürmotorik zu beschränken.

Auf meine konkrete Frage, was Du denn unter bewusstem Wollen verstehst, hast Du geantwortet: „ich möchte den Arm heben“. Ziemlich banal, aber nun gut.

Beim Libet-Versuch lag der Zeitpunkt der messbaren neuronalen Aktivierung im Motorkortex (Erhöhung des Bereitschaftspotentials) deutlich VOR der bewussten (bewusst gewordenen?) Handlungsabsicht!
Also, in der Reihenfolge des Auftretens während der Aufgabenstellung:
1) neuronale Aktivierung im Motorkortex
2) Proband gibt bewusste Absicht an
3) Willkürbewegung

Die m.E. durchaus berechtigte Kritik an diesem Versuchsaufbau betrifft die Frage, ob der Zeitpunkt einer bewussten Absicht in dieser Art von Versuchsanordnung überhaupt so klar greifbar ist.
Ganz abgesehen davon, dass Willkürbewegungen nicht zwangsläufig mit bewusstem Wollen / bewusster Absicht gleichgesetzt werden können. Ebenso wenig, wie Unwillkürliches nicht absichtslos geschehen muss.
Dies habe ich auch versucht, Dir mit dem Beispiel Hunger/ Kühlschrank / Gehen / Essen zu demonstrieren.
Hier nochmal:
Wie unterscheidet die Geist/Seele zwischen „Willkürmotorik“ und „unwillkürlicher Motorik“ (z.B. einem Stützreflex, wenn ich beim Gehen stolpere), (lebensnotwendigen) Bedürfnissen und "bewusstem Wollen".
Wenn ich Hunger habe, ist dann der Gang zum Kühlschrank willkürlich und /oder bewusstes Wollen, betrifft es die einzelnen Schritte oder auch die Rumpfkontrolle, die notwendige Tonusregulation; die Absicht das ich etwas esse oder nur die Entscheidung was ich essen werde? Oder braucht es die immaterielle GeistSeele nur wenn man Diät halten möchte?



Ich bestreite in keinster Weise, dass es bewusste Willensakte gibt (ob es, dem umfassenden Wortsinn nach, völlig freie Willensakte gibt wage ich aber zu bezweifeln).
Es ist in diesem Zusammenhang (Bewusstsein, Qualia, Wollen…) übrigens völlig irrelevant, ob Neurophysiologen, Neurologen oder sonstige Wissenschaftler den neurologischen Ursprung bewusster Willensakte erklären können oder nicht. Einzig relevant ist in dieser Diskussion, dass das von Dir vorgeschlagene (transzendentale?) Modell einer vom Körper unabhängigen, immateriellen GeistSeele diese Vorgänge NICHT erklären kann (und m.E. inkonsistent und inkonsequent ist).

Wenn ein übernatürlicher, immaterieller, vom Körper unabhängiger Geist die eigentliche (unbedingt notwendige) Instanz für (Selbst-)Bewusstsein, Qualia, bewusstes Wollen uäm. ist, dann stellt sich die Frage, warum er bei akuten Hirnschädigungen oder Drogenkonsum versagt (wenn er auf funktionierende Neuronen bzw. ein unbeeinträchtigtes Transmittersystem angewiesen ist, wie ist er dann unabhängig?)
Wen dieser immaterielle, unabhängige Geist NUR für (Selbst-)Bewusstsein, Qualia, bewusstes Wollen uäm. unbedingt notwendig ist, alle anderen hochkomplexen neuronalen Vorgängen (von Homöostase, reflektorischen Abläufen über vegetatives Nervensystem, Sinnesreizen, unbewusster Wahrnehmung bis zu unbewusstem Lernen) laut Deiner Annahme aber ohne ihn auskommen, dann ist das nicht nur inkonsequent sondern m.E. auch inkonsistent.
Wenn dieses Geistdings für ALLE neuronalen Vorgänge notwendig (und von einem Schöpfer dafür vorgesehen) ist, dann lande ich wieder bei der Frage, warum es auf funktionierende Neuronen, Synapsen und Botenstoffe angewiesen ist.
 
Beim Libet-Versuch lag der Zeitpunkt der messbaren neuronalen Aktivierung im Motorkortex (Erhöhung des Bereitschaftspotentials) deutlich VOR der bewussten (bewusst gewordenen?) Handlungsabsicht!
Also, in der Reihenfolge des Auftretens während der Aufgabenstellung:
1) neuronale Aktivierung im Motorkortex
2) Proband gibt bewusste Absicht an
3) Willkürbewegung

Die Reihenfolge ist bekannt, ich bin selber endlos oft darauf eingegangen
und habe sie im Kontext des dualistischen Modells erklaert. Fakt ist, dass ohne ein bewusstes Wollen, das 200ms vor der ersten Muskelaktion und 350ms nach der Entstehung des Bereitschaftspotenzials auftritt, eine Handlung ausbleibt. Also ist das Wollen dafuer entscheidend, ob es zur Realisierung einer Willkueraktion kommt oder nicht. Das Bereischaftspotenzial gibt es, da das Gehirn ihm rational erscheinende Handlungsmuster vorbeiretet, die jedoch vom Geist sanktioniert werden muessen. Sonst wuerde das alles viel zu lange dauern. Bis 50ms vor der ersten Muskelkontraktion kann das Beschreitschaftspotenzial noch abgebrochen werden. Nach diesem Zeitpunkt sind die Pyramidenzellen bereits aktiviert und die Handlung kann nicht mehr vermieden werden. Ohne Wollen flacht das Bereitschaftspotenzial ab.

Ich bestreite in keinster Weise, dass es bewusste Willensakte gibt (ob es, dem umfassenden Wortsinn nach, völlig freie Willensakte gibt wage ich aber zu bezweifeln).

Ich spreche nie von freiem, sondern stets von bewusstem Wollen.
 
denken sie fürs wollen doch einfach langfristig genug. würden sie nun ihrem denken den reinen zufall überlassen? denken sie doch mal darüber nach. oder lesen sie mal schopenhauer.

wenn das libet-experiment mir sagt, dass mein wille nicht frei ist, dann frage ich mich, wie frei ich es denn gerne hätte. und wahrscheinlich habe ich dann das experiment völlig falsch interpretiert.
 
wenn das libet-experiment mir sagt, dass mein wille nicht frei ist, dann frage ich mich, wie frei ich es denn gerne hätte. und wahrscheinlich habe ich dann das experiment völlig falsch interpretiert.

Ich bin der Meinung, dass sich aus dem Libet-Experiment keine Aussagen zur Willensfreiheit ableiten lassen. Das wäre nur der Fall, wenn es sich beim Bereitschaftspotenzial um einen monokausalen Faktor willkürmotorischer Aktionen handeln würde.
 
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