Warum genetisch bedingt nicht jeder aus seinen Lebenskrisen etwas lernen kann, möchte ich dir gerne erklären:
Wie Du sicherlich auch weißt, werden die Informationen zwischen den Nervenzellen über ein Netz ausgetauscht. Das geschieht durch eine Art langer Kabel (Axone), die mit ihren Endknöpfen (Synapsen) an die Dendriten (kleine Erhebungen) an anderer Axone andocken und somit einen Schaltkreis bilden. Damit nun der Schaltkreis an- und ausgeschaltet werden kann befindet sich zwischen den Synapsen und den Dendriten ein schmaler Spalt, in den chemische Neurotransmitter Serotonin ausgeschüttet werden, um das Signal weiterleiten zu können.
Solange sich also Serotonin in diesem Spalt befindet, wird zum Beispiel das Gefühl von Angst und Stress erzeugt. Es gibt nun eine Art kleine chemische Pumpe (Gen 5-HTT), mit dem nun das Serotonin wieder aus dem synaptischen Spalt zurückführt und damit die Erregung beendet wird. Auf die Leistung von 5-HTT hat im Wesentlichen eine Gensequenz Einfluß, die in zwei unterschiedlichen Längen vorkommt. In Untersuchungen an der Uni Würzburg hatte man festgestellt, dass die längeren Sequenzen zu einer leistungsfähigeren Version von 5-HTT führen, als die kürzere.
Es ist nun so, dass die Gehirnzellen mehr Serotonin freisetzen, als sie wieder aufnehmen können, deshalb entsteht bei der kürzeren Gensequenz ein chronischer Mangel an Serotonin. Das bedeutet, dass diese Menschen ängstlicher sind und Ängste weniger schnell überwinden können, als jene mit der längeren Gensequenz. Die unterschiedliche starke Stresserfahrung führt dann letztlich dazu, dass die Menschen mit der längeren Gen-Version an ihren Schicksalschläge wachsen können und jene mit der kurzen Version nicht.
Es ist einfach eine fromme Lüge, dass man an seinem Leid wachsen könne. Leid macht klein, zerstört das Selbstvertrauen und die Hoffnung, es trägt also bestimmt nicht zum Seelenheil bei. Eine Lüge, mit der man in feudalen Zeiten gerne die Pfründe der Besitzenden gegenüber den Habenichtsen verteidigt hat, in dem man ihnen führ ihr Leid ein besseres Dasein in einer anderen Welt versprach.