Es tut mir leid, dass ihr so viel schlechte Erfahrungen mit Gott (oder eher mit Menschen, die Gott angeblich vertreten) gemacht habt! Es stimmt, es gibt viele Menschen, die sich Christen schimpfen, die aber überhaupt nicht glaubhaft scheinen. So zum Beispiel die Mutter meiner Freundin. In ihrem Glauben verbietet sie ihren Kindern alles. Meine Freundin hat sie rausgeschmissen, weil sie aktuelle Musik gehört hat, ihren Bruder zum Exzorzisten geschleppt, weil er immer aggressiver wurde (weil ihn sein Vater ständig verprügelt hat, einmal hat er sogar seine Zimmertür so eingeschlagen, dass sie sie rausnehmen mussten) und anfing zu trinken, wie sein Vater. Und ihre kleine Schwester haben sie in ein Internat gesteckt, in dem die Briefe Zensur gelesen werden und Telefonate abgehört werden. Ich finds echt schrecklich. Trotzdem frage ich mich, was sie da glauben. Wenn sie Gott so erfahren, wie ich ihn erfahre, können sie eigentlich gar nicht so handeln. Andererseits kann ich mir auch nicht vorstellen, dass man von etwas anderem, etwas, was nur "eingebildet" ist, so überzeugt sein kann.
Ich erlebe Gott/Jesus ganz anders. Meine Eltern sind nicht gläubig, in meiner ganzen Verwandtschaft glaubt eigentlich niemand so richtig. Meine Oma ein bisschen (?) aber sie droht auch eher mit Gott ("Was würde wohl Gott zu deinem Verhalten sagen?!") Aber in der Grundschule hatte ich einen Klassenkameraden, der in einer wirklich echten, christlichen Familie aufwuchs. Ich hab mich dort so wohl gefühlt! Man hat einfach gemerkt, dass zum Beispiel hinter den Gebeten mehr steckt, als Rituale.
Und trotz dieser schönen Erfahrung habe ich mich lange Zeit eher wieder vom Glauben abgewendet. Kennt ihr das auch? Wenn man langsam erwachsen wird, stellt man fest, das immer mehr, was einem erzählt wurde, nicht stimmt: Der Weihnachtsmann, Osterhase, Nikolaus, ... Und dann beginnt man, nochmal ganz neu über alles nachzudenken. Ich hab also auch viel über Gott nachgedacht. Hab immer mal wieder gebetet, aber das war so leer. Ich hab ernsthaft gezweifelt. Aber irgendwie, dachte ich, muss es schon was "Höheres" geben. Ich fand einfach keine andere Erklärung. Und so hab ich mich mit allerlei beschäftigt: Horoskope, Bachblüten, Feng Shui, Yoga, einigen Religionen, ... Aber das war nicht das, was ich suchte. Und dann hab ich das alles in die Ecke gestellt und mich erstmal nicht mehr mit dieser Frage beschäftigt. Das war einfach zu viel. Ich glaube, das "Falscheste" am christlichen Glauben, war für mich das "Vergeben" und dass man"seine Feinde lieben" soll. Vergebung war wirklich ein großes Problem bei mir. Wie konnte man zum Beispiel einem Mörder vergeben, der einem sein einziges Kind genommen hatte? Oder wie einem Vergewaltiger, der einem praktisch das ganze Leben "versaut" hatte? Ich hatte ständig das Gefühl (und nach einem Buch von Bert Hellinger fühlte ich mich darin bestärkt), dass ich durch die Vergebung die Schuld praktisch auf mich laden würde, und der Täter fröhlich weiterleben konnte. DAS wollte ich nicht! DER sollte gefälligst auch leiden. Also hab ichs erstmal so probiert, wie Hellinger meinte, dass ich demjenigen in Gedanken sagen sollte, dass er allein die VErantwortung für das Geschehene trägt. Danach hab ich mich auch ganz gut gefühlt - solange sein Name nicht genannt wurde und ich ihm vor allem nicht begegnen musste.
Die Vergebung war bei mir der Knackpunkt, warum ich keine Beziehung zu Jesus aufbauen konnte. Ich hab in der Bibel gelesen und das alles so stink langweilig gefunden. Eine ehemalige Klassenkameradin hat mich darauf aufmerksam gemacht (ich weiß nicht mehr, wie der Kontakt zustande kam, in der Schule hatten wir kaum miteinander zu tun). Irgendwann hatte ich einen Traum: Da war jemand, der sagte "so wie du bist, bist du genau richtig". Das hat so gut getan! Bald begann ich zu beten, dass ich gerne vergeben wollte, es aber nicht könnte (in mir hatte sich so ein Bild eingeschlichen, wie die Beziehung zu dem Menschen sein könnte, wenn alles vergeben und vergessen wäre). Und dann konnte ich plötzlich vergeben. Das war für mich so ein Wunder. Danach hab ich mich so befreit gefühlt, und das Tollste, ich merke, wie das Bild wahr wird! Wenn ich den Menschen jetzt sehe, denke ich nicht mehr an das Vergangene. Ich lerne ihn gerade neu kennen.
Ja, und zu der Zeit begann mein Leben als Christin. Ich wurde so reich beschenkt. In einem Gebet hatte ich mal so beiläufig erwähnt, dass ich Mohnblumen so mögen würde und plötzlich sah ich dauernd Mohnblumen. Und sowas geschah dauernd! Mein Freund war sehr verwundert, wie sehr ich mich verändert hatte. Es war ihm glaub fast ein bisschen unheimlich ; )
Ich frage mich auch immer, wie ich anderen Menschen von Jesus erzählen kann, damit sie das auch erleben können. Gestern habe ich bei einer Radtour auch darüber nachgedacht und da sind mir so ein paar Gedanken gekommen. (Mir geht es oft so, dass ich bete und dann plötzlich, ganz unbemerkt, denk ich in irgendwelche Richtungen und nach einiger Zeit merke ich, dass darin ja eine Antwort liegen könnte, bzw. dass das die Antwort ist.)
Ich bin in der Stadt losgefahren. Hier unten war es noch sehr neblig und die letzten Tage hatte ich so gar keine Lust aufs Radln (kalt, neblig, ungemütlich). Aber schon hier unten konnte man sehen, dass die Sonne fast durch den Nebel kam und das gab mir Hoffnung, dass ich schon bald in der Sonne sein würde, wenn ich auf den Berg fahren würde. Also bin ich los und tatsächlich war ich bald in der Sonne.
Bei mir ist es so, dass ich weiß, dass es mir total gut tut draußen zu sein und ich liebe das Gefühl, von der Kälte draußen wieder in die "warme Stube" zu kommen. Und natürlich denk ich auch dran, dass das ja gesund ist, gut fürs Immunsystem, ... Aber das überzeugt mich selten ; ) Aber dieser Sonnenstrahl, der gab mir richtig viel Hoffnung und der hat mich nach draußen gelockt. Und so stell ich mir das auch mit dem Glauben vor. Wenn ich früher von anderen Menschen gehört habe, wie toll das mit der Lebensübergabe war, wie sich das Leben plötzlich verändert, dann hat das wie die Gesundheitsratschläge auf mich gewirkt: Ist ja schön, aber meine Faulheit/Gemütlichkeit ist einfach stärker. Aber dann kam dieses kleine Licht in mein Leben, der Traum, diese Liebe, die ich da spüren konnte und dann noch das Bild, dass sich in mir entwickelte, dass alles gut werden könnte. Und dann hatte ich Hoffnung. Hoffnung ist ein unglaublicher Motor!
RitaMaria, du hast einige Fragen gestellt, die wirklich schwer sind. Zuerst mal: Ich hoffe, dass alle Menschen Gott wirklich erfahren können! Es kommt mir ungerecht vor, wenn ich zu Jesus darf, andere aber nicht. Ich hab mich oft gefragt, warum ausgerechnet ich zu ihm finden durfte. Und ich hab da immer noch keine Antwort drauf. Trotzdem vertraue ich Gott, dass er gerecht ist (so hab ich ihn bisher auch immer erfahren). Er wird es gut machen!
Warum hat Gott gewollt, dass Jesus gekreuzigt wird? Warum hat er den neuen Bund nicht auf irgendeine andere Weise eingeführt? Er hätte doch nur mit dem Finger schnippen brauchen, und schon wär alles anders geworden!
Ich denke, dass er die Regeln, die er aufgestellt hat, auch selber befolgen wollte. Dass er uns damit auch zeigen wollte, dass wir uns auf sein Wort verlassen können. Im alten Bund (mir scheint, ihr kennt die Bibel sehr gut) war es so, dass die Menschen für eine Sünde ein Opfer bringen mussten. Und zwar das Beste, dass sie hatten. Und so wollte Gott nun für alle Sünden, die noch geschehen werden und die schon geschahen, das beste Opfer geben - seinen Sohn, bzw. sich selber. Und wenn wir jetzt etwas falsch machen, können wir zu Jesus kommen und ihm sagen, wie sehr uns das leid tut. Und dann ist es auch schon vergessen. Wir können von vorne anfangen.
(bei einer anderen Radtour bat ich Gott, Menschen mit seinen Augen sehen zu dürfen. Daraufhin sah ich nur noch sehr verschwommen. Da meinte ich spaßig: du siehst aber schlecht! Und dann ging mir da auch ein Licht auf - wenn Gott nicht alle Augen zudrücken würde, könnte kein einziger Mensch vor ihm bestehen. Als läuft Jesus immer mal wieder durch sein Blickfeld. Immer dann, wenn jemand da grad was macht, was nicht so toll ist
Jetzt, im neuen Bund ist es ja auch so, dass jeder perönlich mit Gott eine Beziehung eingehen kann. Und ich denke, dadurch, dass wir wissen, was Jesus alles durchlebt hat, können wir viel besser darauf vertrauen, dass er genau weiß, wie wir uns fühlen. Und dass wir mit ihm wie mit dem besten menschlichen Freund reden können. Einfach über alles.
Der Text ist ja schon ewig lang geworden. Tut mir leid. Aber eins will ich noch kurz ansprechen. Irgendwo hier im Forum habe ich einen Post gelesen, indem jemand meinte, wie schrecklich es ist, ein Kreuz um den Hals zu tragen (so ein Folterinstrument!). Ich hab auch gebraucht, um mich damit anzufreunden, aber wenn ich mal ein schönes sehe, möchte ich mir jetzt auch eins kaufen. Denn, die Botschaft, die dahinter steckt ist nicht: Jesus wurde gefoltert, juchu, sondern, das Kreuz ist leer, also Jesus hat den Tod besiegt. Er ist auferstanden! Und damit all das Gute.
Ganz liebe Grüße,
vind