der artikel entspricht dem, was journalismus - von ausnahmefällen abgesehen - zu leisten ist: infotainment, das die erwartungen einer bestimmten, die auflage stabilisierenden leserschicht entspricht und ihre vorverurteilungen bestätigt.
da werden vielerlei reizworte in einem topf verrührt und ein gebräu angerichtet, das dann nach brauner suppe aussieht. und zweifellos ist es richtig, dass alle möglichen faschistischen tendenzen (wo ich sehr gerne auch die nicht weniger virulenten linksfaschistischen trends eingeschlossen sehen möchte, die unter dem mythos der aufklärung oder der globalisierungskritik ebenso totalitäre systeme anstreben) für ihre ideologisierung motive benutzen, die sehr verwandt mit esoterischen motiven klingen.
bloß ... was "so klingt wie" ist noch lange nicht "identisch mit". was vor allem den gesinnungsvergewaltigern jeglicher färbung in die hände spielt, ist die dummheit. ist das unvermögen, behauptungen zu hinterfragen und wahrnehmungen zu differenzieren. übrigens die gleichen mechanismen, die hinter jedem zeitungsartikel stecken, der komplexe zusammenhänge auf "leserfreundliches format" zu bringen hat. dieses bestreben nach "einfachen lösungen" ist es, das totalitäre systeme fördert. lieber dreinhauen als sich mit komplizierter wirklichkeit auseinandersetzen...
und da gibt es zweifellos esoteriker, die ebenso dümmlich vereinfachende theorien in die welt setzen, denen gegenüber der glaube eines kleinkindes an den weihnachtsmann schon als aufgeklärte entwickungsphase gelten mag.
in wirklichkeit ist esoterik für jedes totalitäre system tödlich, weil jegliche spielart von faschismus dem ferngesteuerten kollektiv vorrang gegenüber dem eigenverantworteten individuum einräumt. sobald jemand tiefer in die esoterik eindringt (und ich hab mentales bauchweh, esoterik einfach so als sammelbegriff stehen zu lassen, der ja letztlich wenig sagt...), ist er als instrumentalisierbares objekt totalitärer manipulation immer unzuverlässiger.
selbstverständlich bedienen sich totalitäre systeme irrationaler esoterischer elemente - parteitage und öffentliche auftritte wurden/werden wie gottesdienste zelebriert, religiöse symbolik wird mit verkappten magischen implikationen eingesetzt, die von jeglicher realität abgehobene sprache der imperatoren entspricht litaneiartigem sermon. wer dafür anfällig ist, der läuft wohl gern auch sekten zu.
viele menschen wollen führer, jemand, der ihnen sagt, wo's langgeht. solche führer finden sie in und außerhalb der esoterik ... viele glauben ja auch der bildzeitung. manche meinen, das auch bei gurus irgendwelcher prägung zu finden, oder sie erklären wehrlose menschen zu ihren gurus. das alles hat m.E. mit esoterik nichts zu tun, sondern mit diversen unzulänglichkeiten der menschlichen psyche (meine eingeschlossen, keine frage).
wo menschen sich mit dem befassen, was esoterik IMHO "wirklich" ist, geht es um innere führung und nicht um äußere führer. geht es um die verbindung mit dem essenziellen leben und nicht um macht. esoterik ist unpolitisch - das mag man ihr vorwerfen, weil viele esoteriker sich dem politischen engagement entziehen und das leisten von widerstand ablehnen (ich halte das allerdings nicht für ein grundlegendes charakteristikum esoterischer haltung). esoterik ist äußerst politisch, weil sie menschen autonom macht und von der instrumentalisierbarkeit befreit.
nicht umsonst wurden im dritten reich die allermeisten esoterischen disziplinen wie auch andere gruppierungen mit spiritueller ausrichtung verboten, verfolgt, landeten zigtausende "esoteriker" in den KZ. und unter stalin war es nicht anders, oder in der DDR.
esoterik dient unter dem strich weder dem faschismus noch den militanten antifa-ideologien (darum sind die wohl genauso empfindlich gegen esoterisches wie die faschos).
was den ND-artikel betrifft: er hat brav die vorurteile seiner leserschar bedient. ansonsten: thema verfehlt.
alles liebe, jake