Eckhart Tolle

ich glaub nicht dass buddha sowas sagte

hat buddha eigendlich jemals was zur enthaltsamkeit gesagt?

In der Majjhima Nikaja 119 spricht Buddha u.a. folgende Worte:

"Weiter sodann, ihr Mönche: als hätte der Mönch einen Leib auf der Leichenstätte liegen sehn, einen Tag nach dem Tode oder zwei oder drei Tage nach dem Tode, aufgedunsen, blauschwarz gefärbt, in Fäulnis übergegangen, zieht er den Schluß auf sich selbst...

In der Digha Nikaya 22 sagt Buddha.

Weiter sodann, ihr Mönche: als hätte der Mönch einen Leib auf der Leichenstätte liegen sehn, ein Knochengerippe, fleischbehangen, blutbesudelt, von den Sehnen zusammengehalten; ein Knochengerippe, fleischentblößt, blutbefleckt, von den Sehnen zusammengehalten; ein Knochengerippe, ohne Fleisch, ohne Blut, von den Sehnen zusammengehalten; die Gebeine, ohne die Sehnen, hierher und dorthin verstreut, da ein Handknochen, dort ein Fußknochen, da ein Schienbein, dort ein Schenkel, da das Becken, dort Wirbel, da der Schädel; als hätte er das gesehen, zieht er den Schluß auf sich selbst: Und auch dieser Körper ist so beschaffen, wird das werden, kann dem nicht entgehn.

Buddha spricht häufiger über die Enthaltsamkeit. An deutlichsten wird dies wohl bei den Ordensregeln für die Mönche.
 
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In den Ordensregeln heißt es u.a.:

Regeln über Vergehen, die jegliches Erlösungsstreben vereiteln:

Welcher Mönch auch, der die Übung und die Lebensweise der Mönche auf sich genommen hat und der sich von (dieser) Übung nicht zurückgezogen und sein Unvermögen kundgetan hat, (obwohl) er sich dem Geschlechtsverkehr, auch sogar mit einem Tier, hingibt, (dessen Erlösungsstreben) ist vereitelt; er ist ausgestoßen.

Regeln über Vergehen, die auf einer Versammlung des Ordenskapitels beraten werden müssen:

Ein absichtlicher Samenerguss, außer von einem Schlafenden, ist ein solches Vergehen.

Quelle: Patimokkha (Ordensregeln)
 
zuerst einmal ein lob an alle schreiber in diesem threat, die beiträge sind wirklich schön geschrieben und auch lehrreich.
leider habe ich noch nichts von hrn. tolle gelesen deswegen kann ich auch nicht unbedingt mitreden aber alles was das "hier und jetzt" betrifft kann ich nur zustimmen.
einer der größten illusions quellen ist die zeit. es ist wie ein unbeschriebenes blatt papier auf dem man ständig herumkritzelt. aber es bleibt trotzdem eine illusion deren inhalte man dann dem "jetzt" zuordnen versucht, welches einem mehr oder weniger gelingt und dadurch mehr oder weniger leid verursacht.
aufmerksamkeit kann nur im jetzt erlebt werden.
ohne aufmerksamkeit kein status, ohne status keine vergleichsmöglichkeit und dadurch auch kein plan wie man an sich arbeiten kann

noch etwas ot an opti:
auch wenn das thema mit dir schon hundertmal besprochen wurde,
eines würde mich mal echt interessieren opti.
hast du den eigentlich jeh etwas, für dich fruchtbares von deiner enthaltsamkeit erhalten.
ich meine irgendwas positives was dem körper oder geist geholfen hätte.
ich will nichts verurteilen, es interessiert mich einfach.
du hast einmal gemeint, du hättest eine zeitlang eine unbeschreibbare leichtigkeit gespürt, welche dann irgendwann aussetzte.
thats it?
bzw. erwartest du etwas bestimmtes davon? so eine art belohnung oder weniger bestraffung?
du sprichst ausserdem ständig von lehren die eigentlich streng religiöse mönche betreffen.
da deren ziel ist eine ausgeprägte geistige existenz/präsenz zu entwickeln ist es völlig normal das sie körperliche erlebnisse/erfahrungen den geistigen unterordnen, dies ist natürlich einfacher wenn man sie garnicht erlebt/erfährt.
also nochmal opti. ich will jetzt nicht von dir hören wie der samen zu lebenssaft oder sonstigen umgewandelt wird um dann von heiligen elfen mit elefantenrüsseln in die blumen unserer körper als nektar einmasiert wird, sondern einfach nur DEINE persönliche erfahrung/empfindung als mensch.
um den thread nicht zu stören freu ich mich selbstverständlich auch über eine pm.

danke im voraus

ElaMiNaTo schrieb:
Darauf wichs ich mir erstmal einen.
muhaha! :)
 
Hallo Condemn,


Der Moment wo das Beobachterbewusstsein ins Spiel kommt, was bedeutet dass zwischen ihm und dem Gedanken (Muster) kein weiterer Gedanke ist, kein "darüber nachdenken", entspricht dem "fallen lassen" und das ist dann wirklich alles eins und alles in einem Moment. Erkennen und "sein lassen", was unmittelbar zur Heilung des betreffenden Musters führt. Man könnte fast sagen, es ist eine Art Teilerleuchtung, oder eine Erleuchtung eines bestimmten Aspekts. Und der Beobachter ist außerhalb der Zeit, was er wahrnimmt ist innerhalb. Die Qualitäten des "reinen Seins" in die Wahrnehmung zu bringen, erschafft all das was man wünscht.

[...]

Identifikation ist etwas, dass schwer zu durchschauen ist. Man kann es erstens mal als "an etwas hängen" definieren, man bewertet sich selbst über etwas anderes, man braucht etwas um zu einer positiven Selbstbewertung zu kommen, wobei es im Negativen Fall natürlich auch einer Identifikation entspricht. Z.B. bei einer Person die sich für dumm hält. Identifikation ist die Ursache allen Leidens, denn auch positive Identifikation, also z.B. der Stolz auf ein bestimmtes Talent... als Identifikation, schließt das "brauchen" mit ein, was Angst mit sich bringt, die dem Samen des Verlustes entspricht.
Identifikation ist gleichzeitig auch ein Gefühl von Machtlosigkeit: Etwas ist SO, ohne das ich darauf Einfluss habe.
Es schließt Zeit mit ein, in Form von Dauerhaftigkeit: Es ist SO und bleibt so. Ich kann es jetzt nicht beenden.
Es schließt Glauben/Überzeugung mit ein, das Ausschließen des Gegenteils: Es ist SO und das Gegenteil ist nicht real. (Höchstens als Potential, aber nicht erfahrbar für "mich").
In der Identifikation ist Trennung und Bewertung angelegt und das kann man ebenfalls als Ursache allen Leidens ansehen.

Und damit ist Identifikation das genaue Gegenteil der Qualitäten des "reinen Seins". Auch hier könnte man sagen, es sind verschiedene Möglichkeiten des Ausdrucks oder der Sichtweise auf ein und dasselbe... Sozusagen das negative Prinzip, das Gegenstück des "reinen Seins". Man sollte es aber nicht als negativ im Sinne von schlecht bewerten, denn erst dadurch kommt Bewegung zustande. Ohne einen Mangel gäbe es kein Motiv für irgendeine Entwicklung.

Ja, ich verstehe das so, wie du es hier beschreibst. Ich finde, dass du das recht erhellend beschreibst. Was mir hier eben auch auffällt ist, dass du anscheinend gerade sehr intensiv auch in der Gegenwart bist oder dass du auf die Gegenwart gerichtet bist oder auch selbst ein wenig mit der Gegenwart "identifiziert" - wenn das überhaupt geht. Ob dies daran liegt, dass du gerade sehr intensiv meditierst oder auch durch die Auseinandersetzung mit Tolle gerade sehr intensiv im Gegenwartsbewusstsein lebst etc. - kann ich nicht beurteilen. Ich finde es jedenfalls interessant. Du blickst immer wieder aus der zeitlosen Beobachterperspektive auf die Beschreibung des Prozesses als EINS.

Das ändert sich jetzt erst im nächsten Abschnitt:

Was ich aber eigentlich sagen wollte... bin bisschen abgeschweift merke ich gerade... ;) "De-Identifikation" ist m.A.n. eher der Gesamtprozess und entspricht einer inneren Heilung. Totale De-Identifikation ist Erleuchtung. Um sie (De-Identifikation) zu erreichen muss man wie gesagt die Qualitäten des reinen Seins hineinbringen und da hat Tolle wirklich Recht: Das ist nur im JETZT möglich, was einer möglichst bewussten Haltung entspricht.

Ja, diesen Gesamtprozess meinte ich auch.

Aber es ist wirklich so, je mehr ich theoretisch verstand, desto mehr Respekt hatte/habe ich vor der Einfachheit von Tolles Lehre, die auf Anwendbarkeit abzielt. Er betont das Wesentliche, macht grundlegende Dinge klar, verliert sich dabei nicht in irgendwelchen persönlichen Ansichten, und reduziert das Praktische auf einen, den am leichtesten zu erkennenden Punkt, das "Jetzt", und weiß genau, dass es alles mit einschließt. Er hätte auch wie viele andere sagen können: Liebe Alles. Da fragen dann aber sehr viele gleich "Wie?" Die Antwort ist dann oft "Tu es einfach!" Aber eine möglichst bewusste Haltung im Augenblick einzunehmen, kann jeder.

Ja, da kann ich zustimmen. Mich haben beim Lesen ab und an seine sozialkritschen Beschreibungen gestört; das ist das einzige, was ich als "persönliche Ansichten" vermerkte. Aber letztlich ist das auch eine Thematik, die mich durch das Studium und die Lehre sehr geprägt hat, mit der ich selbst noch identifiziert bin und an der ich wohl auch deshalb ein wenig angeeckt bin.

Ja... In einer bestimmten Intensität kennt das wohl auch jeder. Und jedem ist bekannt, das jemand der gerade glücklich ist, deutlich gelassener mit was auch immer umgeht, als jemand der sowieso schon einen schlechten Tag hatte. Aber im Extrem.. eine wirkliche Gelassenheit, weil man nicht oder kaum identifiziert ist, ist ein Zustand großer Macht und ruhiger Freude. Eine Art von Unantastbarkeit.

Ja, und es ist eben doch auch ein großer Unterschied, ob ein Mensch Gelassenheit erfährt, weil er gerade Sport trieb, weil er gerade sexuell-erotische Stunden erlebte, weil er gerade die Arbeit abgeschlossen hat, an der er jahrelang lebte - oder weil ein Mensch durch Achtsamkeit eine Stille, selbständige Gelassenheit und Ruhe entwickelt hat, die ihn wiederum trägt, auch über die nächste problematische Lebenssituation hinweg.



Was ich mich bisher noch frage ist, ob es möglich ist, dass jemand absolut aufrichtig ist, das Gegenüber aber nicht offen.

Also ich glaube schon, dass das möglich ist. Die Frage ist für mich: Unter welchen Umständen?
Wenn ein Mensch seit frühester Kindheit viele schlechte ERfahrungen gemacht hat, sehr verletzt wurde, viele Rollen gelernt hat, mit welchen er die nicht-erfahrene Liebe kompensiert, letztlich voll in seinem Ego aufgeht und immer die Probleme, die sich ereignen, die durch Verstandesinterpretationen innere Gefühle auslösen, der Umwelt und Sündenböcken zuschreibt, wenn ein derartiger Mensch auf einen offenen Menschen trifft, dann kann diese Offenheit sehr viel Angst bewirken und dazu führen, dass sich dieser Mensch vollkommen verschließt.
Ich würde eher sagen, dass dies die Regel ist. Vielleicht gibt es auch noch den Fall, dass da ein Heiliger - idealtypisch gesprochen "Jesus" - kommt und das Licht strahlt so hell, dass alle ihre fixierten Schablonen fallen lassen, aber gerade bei Jesus ist das ja auch nicht bei der gesamten Gesellschaft passiert, sonst hätten sie ihn nicht gekreuzigt. Mir scheint, dass die Menschen, die sehr stark in fixierten Identifizierungen leben, ein eigenes Symbolsystem mit vielen festen Interpretationsschemata entwickeln, die derartige Menschen sofort kategorisieren, etwa "verrückt und gefährlich". Wenn ein Mensch selbst nicht offen ist, dann wird er am anderen Menschen immer nur Gefahren wittern, etwa, dass der andere ihn kontrollieren oder manipulieren möchte. Die Ängste des EGos sind in der Regel stärker als die es die Offenheit eines anderen vermag, dem anderen diese Ängste zu nehmen - scheint es mir.
Es ist ein sehr langer, langsamer sozialer Prozess, in dem die Menschheit insgesamt allmählich ein Bewusstsein des Achtsamkeit und des Mitgefühls entwickelt. Man denke nur daran, wieviel Kulturen, Tiere etc. wir bisher in dieser langen Lernphase ausgerottet haben, obwohl es immer wieder Menschen gab, die hell leuchteten und das Licht der Transzendenz frei legten.


Okay, verstehe... Wie gesagt dachte ich erst, Du meinst wirkliches Ausleben, also mit Baseballschläger zum Schuldner oder so.. :D ...während das was Du beschreibst eher eine Art Methode ist, durch bewusstes "Ausleben" überhaupt zu erkennen was man fühlt. Das sehe ich dann genauso wie Du. Je nachdem wie klar es einem selbst ist, reicht ein kurzer Blick nach innen, oder man schreibt oder schimpft drauf los...

Genau, es ist eher ein "Spiel- und Erfahrungsraum". So lange man den anderen Menschen nicht wirklich schädigt, kann man prinzipiell Briefe schreiben, die man nicht abschickt, auf den Boden klopfen, dem Freund erzählen, wie wütend man ist, ... ...es werden Gefühle unmittelbar freigesetzt. Natürlich ist es bei vielen Menschen auch so, dass sie die Handlung dann auch tatsächlich ausführen.
Auch das kann dazu dienen, dass man seine Gefühle erkennt. Aber es ging mir nicht darum, dass man dies immer so tun muss.
Die einzige Frage ist dann, ob der Mensch, nachdem er die Gefühle authentisch ausgedrückt hat, sich mit der Wut, der Verehrung etc. identifiziert, daran festhält, oder ob er etwas über sich lernt, sich auf diese ERfahrung als ZEUGE U N D als SPIRITUELLES KIND einlässt. Lerne ich, nachdem ich wütend war, etwas über mich, verstehe ich mich dadurch besser, sehe ich, wo der andere Grenzen überschritten hat, wie ich Grenzen überschritten habe, wie ich mich habe provozieren lassen, wie ich Schemata der Situation unterlegt habe, dass alles so kam? Kann ich letztlich immer mehr von diesem Muster loslassen? - oder bejahe ich die Identifikation? Lebe ich immer mehr aus meiner spirituellen Freiheit heraus, aus meinem Gegenwarts-Sein? oder halte ich (immer mehr) an meiner Identifikation, ein Spiritueller/Held/Winner/Looser/etc. zu sein, fest?


Ja, wobei ich ehrlich gesagt bei dem Fall mit Deinem Freund den Fokus auf seine "Abhängigkeit" gelegt hätte, weniger auf dessen Freundin. Ich glaube nämlich, dass es durchaus möglich ist dass man mies behandelt wird, demjenigen aber nicht wirklich böse sein kann, weil man die Ursachen kennt und weiß, dass das eher eine armselige Person ist, und man sogar Mitleid hat. Nur bedeutet das eben nicht, dass man alles akzeptieren kann. Man kann einerseits Verständnis haben, ohne Schuld zu sehen oder sehen zu wollen, aber trotzdem auf Distanz gehen. Wenn das nicht möglich ist, liegt irgendeine Form emotionaler Abhängigkeit vor, irgendwas bindet dann. Und da liegt m.A.n. dann der Knackpunkt.

Ja, ich hatte eher die eine Seite beschrieben, aber natürlich geht es hier auch um Abhängigkeit. Mir scheint es aber, dass die Abhängigkeit auch deswegen besteht, weil die wahren Gefühle, die ein Mensch subjektiv erfahren könnte, wenn er authentisch ist, unterdrückt werden, zugunsten einer Rolle, die dem anderen alles entschuldigt - eine Rolle, die dieser Mensch sein Leben lang einstudiert hat. Wenn er Wut gezeigt hätte, dann hätte dies die Rolle gesprengt. Aber dazu war er nicht fähig, obwohl er rational sagen konnte, dass er wütend ist.


Ich habe mich vor einigen Monaten mal ein paar Tage etwas intensiver mit Psychologie beschäftigt, weil ich einer Bekannten bei den Vorbereitungen für eine mündliche Prüfung half. Und ich habe mich da wirklich gewundert was Psychologie für eine Flickschusterei ist. Das ist nicht mal ansatzweise eine Wissenschaft, da stützt die eine Vermutung die andere und wenn etwas unklar ist, wird irgendeine mögliche Begründung eingesetzt und weiter geht es.

Genau das ist aber reale Wissenschaft. Ich habe Psychologie studiert und abgeschlossen und ich habe schon den Eindruck erhalten, dass sich die Psychologie sehr stark an (natur)wissenschaftliche Standards hält. Das Problem ist meiner Ansicht nach bei der Psychologie eher, dass die Theorien selbst leider noch recht verzerrt und falsch sind, weil das zugrunde liegende Menschenbild der Psychologie immer noch zu sehr den modischen Trends folgt. In der Psychoanalyse waren es die Triebe und die Normen, im Behaviorismus waren es die Konditionierungen, in der Verhaltenspsychologie Instinkte und ebenfalls soziales Lernen, in der Kognitionspsychologie das Denken, in der Biopsychologie das Gehirn, in der humanistischen Psychologie Emotionen und Authentizität. Es gibt hier noch kein einheitliches Menschenbild, der Mensch ist noch zersplittert, und die Untersuchungen stützten sich meist nur auf eines dieser Splitter, wenn sie z.B. die Emotionen, Gedanken, etc. des Menschen untersuchen.

Was psychologische Therapien angeht bin ich, und das war ich vorher aber auch schon, der Meinung dass das was hilft tatsächlich v.a. das Gespräch mit dem Therapeuten ist, und dabei Bewusstwerdung geschieht. Der Therapeut ist m.A.n. nur dazu da, um die richtigen Fragen zu stellen und Raum zu geben für vollkommene Offenheit. Und da funktionieren Therapien wahrscheinlich deutlich besser, als wenn jemand mit Problemen mit der besten Freundin spricht, weil die Distanz auch Neutralität bringt und nur aus der Neutralität oft die wirklich richtigen Fragen gestellt werden. Ansonsten wird sehr oft bestätigt was die betroffene Person selbst sowieso schon denkt... "Ich bin das Opfer". Denn einfach darüber sprechen, verbunden mit Fragen die dazu auffordern immer wieder nach innen zu schauen, kann schon viel bringen. Man kann z.B. ein Thema "totquatschen" und darin stagnieren, aber sobald der Wunsch nach einer wirklichen Lösung da ist, kann man ein Problem tatsächlich auf diese Art lösen, bzw. die Muster die ihm zugrunde liegen.

Ich denke, dass das sehr auf das spirituelle Bewusstsein und auf die Liebe der Menschen ankommt. Es gibt Menschen, die sehr offen und zugleich kritisch sein können, aber eben auch Menschen, die nicht zuhören und alles bestätigen, vielleicht auch weil sie denken, dass das der andere sowieso nur möchte oder weil sie einfach diese Rollen auf diese Weise in der Familie gelernt haben. Derjenige, der das Problem hat, ist dann entweder das "Opfer" oder ist "selbst schuld", etc.. Es findet kein wirkliches Verstehen, auch kein Trauern statt.
Aber so muss es nicht immer sein und ist es auch nicht immer - ich denke, dass viele Menschen auch schon weiter sind, zumindest einige Schritte.

Liebe Grüße,
Energeia
 
Hallo Jaza,

"Tolle geht davon aus, dass der krankhafte Zustand des menschlichen Geistes zu einer kollektiven Fehlentwicklung geführt hat und wir vor einer gefährlichen Weggabelung stehen."

Es gibt keinen krankhaften Zustand oder eine kollektive Fehlentwicklung. Das Sein ist immer vollkommen, aber durch unser Bewusstsein geteilt. Er verschiebt sein Ego in das Außen, verurteilt es dort und macht deshalb daraus einen krankhaften Zustand, doch dies ist er zuerst einmal selbst.

mir scheint, dass man sich diese Stellen bei Tolle genauer ansehen sollte.
Vielleicht ist es wirklich mal Zeit, hier im Thread die Stellen auch näher anzusprechen.

Ich möchte dazu sagen, dass ich beim Lesen einen ähnlichen Eindruck hatte. Zumindest habe ich mich an den Stellen, wenn Tolle auf die Gesellschaft zu sprechen kam, gestoßen. Dabei stehe ich der Gesellschaft selbst kritisch gegenüber, aber irgend etwas in mir sagte mir, dass Tolle hier die Gesellschaft ungerechtfertigterweise verurteilt. DAs war jedenfalls ein Gefühl.
Jetzt zu Tolle selbst:

Tolle verwendet den Krankheitsbegriff, den er auch in Bezug auf Zellen und organische Prozesse - nicht in Bezug auf psychisches - einführt, und wendet ihn dann auf die Menschen und Gesellschaft an:

Tolle-Zitate:
Denken ist zu einer Krankheit geworden. Krankheit entsteht,
wenn Dinge aus dem Gleichgewicht geraten. Zum Beispiel ist es
normal, wenn Zellen sich im Körper teilen und vermehren, aber
wenn dieser Prozess sich unkontrolliert ohne Bezug zur
Ganzheit des Körpers fortsetzt, dann wuchern diese Zellen und
Krankheit entsteht.
Der Verstand ist ein hervorragendes Instrument, wenn er
richtig benutzt wird. Bei falschem Gebrauch kann er allerdings
sehr destruktiv werden. Genauer gesagt ist es nicht so, dass du
deinen Verstand falsch gebrauchst - du gebrauchst ihn
normalerweise überhaupt nicht. Er gebraucht dich. Das ist die
Krankheit.

Die Gesellschaft und die Zivilisation erscheinen auf diese Weise krank, weil sich der identifizierende Verstand lebenszerstören auswirkt.

Was
glaubst du, warum unsere Zivilisation so lebensfeindlich
geworden ist? Aber sogar die lebenszerstörenden Kräfte sind
immer noch Lebensenergie.

Tolle sieht aber, dass dies nicht nur auf die moderne, westliche GEsellschaft zutrifft, aber er sieht in unserer Gesellschaft eine erhöhte Intensität.

Die Unterströmung ständigen Unbehagens begann natürlich
lange vor dem Aufstieg der westlichen industriellen
Zivilisationen. Aber in der westlichen Zivilisation, die nun fast
den gesamten Globus bedeckt, eingeschlossen den größten Teil
des Ostens, manifestiert sich dieses Unbehagen auf eine bisher
nie dagewesene akute Weise. Schon zu Zeiten Jesu gab es dieses
Unbehagen, auch sechshundert Jahre vorher zur Zeit Buddhas
und noch viel früher. "Warum sorgt ihr euch ständig?", fragte
Jesus seine Schüler. "Können sorgenvolle Gedanken eurem
Leben auch nur einen einzigen Tag hinzufügen?" Und Buddha
lehrte, dass die Wurzeln allen Leidens in unserem ständigen
Wollen und Wünschen zu finden sind.
Die kollektive Funktionsstörung von Widerstand dem Jetzt
gegenüber ist wesentlich mit dem Verlust des Gewahrseins von
Sein verbunden und bildet die Grundlage unserer
entmenschlichten industriellen Zivilisation.

Diese kollektive Funktionsstörung hat eine sehr
unglückliche und außergewöhnlich grausame Zivilisation
geschaffen, die nicht nur für sich selbst, sondern für alles Leben
auf diesem Planeten zur Bedrohung geworden ist.

Tolle unterscheidet aber schließlich die Gesellschaft/Zivilisation und das SEin. ER sieht, dass letztlich die Gesellschaft/Zivilisation in das SEin eingelassen ist.

Der Verstand
regiert unsere Zivilisation, doch das Sein trägt die
Verantwortung für alles Leben auf unserem Planeten und
darüber hinaus
. Sein ist die Intelligenz, die als das physische
Universum sichtbar und manifest wird. Obwohl Frauen ihm von
ihren Anlagen her näher stehen, ist es auch Männern in ihrem
Inneren zugänglich.
Zur Zeit befinden sich die meisten Männer genau wie die
meisten Frauen noch fest in den Klauen des Verstandes: mit
dem Denker und dem Schmerzkörper identifiziert.

Der
unaufhörliche geistige Lärm hindert dich daran, den Raum
innerer Stille zu finden, der vom Sein untrennbar ist.
Wenn
diese Lücken stattfinden, dann fühlst du eine gewisse Stille und
einen Frieden in dir. Das ist der Beginn deines natürlichen
Zustands von empfundenem Einssein mit dem Sein, das
normalerweise vom Verstand getrübt ist. Durch Übung wird sich
dieses Gefühl von Stille und Frieden vertiefen.

Du hast nun weiter oben geschrieben:
Es gibt keinen krankhaften Zustand oder eine kollektive Fehlentwicklung. Das Sein ist immer vollkommen, aber durch unser Bewusstsein geteilt. Er verschiebt sein Ego in das Außen, verurteilt es dort und macht deshalb daraus einen krankhaften Zustand, doch dies ist er zuerst einmal selbst.

Das ist genau das Gefühl, das ich auch hatte, als ich Tolle las, weshalb ich seine Kritik affektiv ablehnte.
Ich hatte immer das Gefühl: auch das, was Tolle beschreibt, die Zivilisation, die Gesellschaft, all das ist Teil des Seins und hat seinen SINN.
Andererseits ist es ja nicht so, dass Tolle nicht auch sehen würde, dass es dieses Sein gibt, das alle Zivilisation umfasst.
Tolle beschreibt jedoch den Zustand der Zivilsation und ruft dazu auf, sich dem Sein zuzuwenden und die Zivilisation zu verändern, zu transformieren.
Man muss Tolle nicht so lesen, dass er die Gesellschaft "ver-urteilt", scheint es so. Mann kann dies auch als Beschreibung und eine Erinnerung an und eine Verbindung zum Sein lesen.
Man kann aber auch fragen, warum Tolle überhaupt die Notwendigkeit sieht, die Gesellschaft zu kritiseren. Hier kann man aber wohl auch viele "Gründe" nennen: Weltkriege, GEwalt, Technikmacht, etc. .

Wenn man dies an Tolle sieht und kritisierenswert findet, dann kann man sich meiner Meinung nach jedoch dennoch bemühen, zu verstehen, was Tolle neben dieser Kritik noch sagt und worum es ihm geht.
Meiner Ansicht nach ist es nicht so wichtig zu sehen, was ein spiritueller Text alles falsch sagt, sondern wichtig ist vor allem (für das eigene Sein), zu verstehen, für was es öffnet. Ja, eigentlich ist das aus spiritueller Sicht die einzige Essenz: öffnet der Text für mich Transzendenz, strahlt Licht oder nicht?
Wenn nicht, dann kann ich den Text von Tolle ja auch weglegen und mir einen anderen Text nehmen, der für mich mehr strahlt - oder ich praktziere einfach selbst und schreibe selbst für mich Texte.

Ich will dazu noch sagen, dass ich durch das Lesen einiger Bücher Tolles für mich wertvolle Erfahrungen machen durfte. Ich habe die Phase, in der ich z.B. "Jetzt - die Kraft der Gegenwart" gelesen und gehört habe, ähnlich erlebt, wie einen intensiven längeren Meditationskurs. Und nach dieser Lese- und Hör-Phase war das Bewusstsein nicht einfach weg, etwa so als hätte ich einen Film oder Buch konsumiert, sondern mein Bewusstsein hatte sich eindeutig recht dauerhaft verändert. LEtztlich zählte nicht, ob ich mich an der einen oder anderen STelle gestört habe, sondern vor allem, wie sehr ich mich für den Text und wie sehr sich der Text für das Sein öffnete.

Liebe Grüße,
Energeia
 
Hi Energeia!

Hallo Condemn,




Ja, ich verstehe das so, wie du es hier beschreibst. Ich finde, dass du das recht erhellend beschreibst. Was mir hier eben auch auffällt ist, dass du anscheinend gerade sehr intensiv auch in der Gegenwart bist oder dass du auf die Gegenwart gerichtet bist oder auch selbst ein wenig mit der Gegenwart "identifiziert" - wenn das überhaupt geht. Ob dies daran liegt, dass du gerade sehr intensiv meditierst oder auch durch die Auseinandersetzung mit Tolle gerade sehr intensiv im Gegenwartsbewusstsein lebst etc. - kann ich nicht beurteilen. Ich finde es jedenfalls interessant. Du blickst immer wieder aus der zeitlosen Beobachterperspektive auf die Beschreibung des Prozesses als EINS.
Ich beschäftige mich insgesamt sehr viel mit dem Thema und schreibe gerne darüber, weil ich dann in guten Momenten intuitiv schreibe. Das heißt, dass ich weniger etwas aufschreibe was ich weiß, sondern mir selbst erst dadurch manche Dinge klar werden. Ist leider nicht immer so. Aber insgesamt war bisher gerade dadurch das Forum sehr viel wert für mich. Interessant, dass die Unterschiede anscheinend auch von anderen möglich wahrzunehmen sind. Also ob ich gerade eher intuitiv schreibe oder "informativ" sozusagen... gespeichertes Wissen.

Ja, da kann ich zustimmen. Mich haben beim Lesen ab und an seine sozialkritschen Beschreibungen gestört; das ist das einzige, was ich als "persönliche Ansichten" vermerkte. Aber letztlich ist das auch eine Thematik, die mich durch das Studium und die Lehre sehr geprägt hat, mit der ich selbst noch identifiziert bin und an der ich wohl auch deshalb ein wenig angeeckt bin.
Ja, ich habe gerade Deinen Beitrag an Jaza gelesen. Nur... wenn man das Beispiel seiner Aussage eines krankhaften Prozesses nimmt, kann man genauso gut sagen, dass darin keine Wertung seinerseits enthalten sein muss. Und man kann sehr gut begründen, warum es passt gewisse Dinge krankhaft zu nennen. Zu sagen, dass es im weitesten Sinne keine krankhaften Prozesse gibt, das Sein immer vollkommen ist etc., mag ja stimmen. Aber wir erfahren Leid. Tolle beschreibt einfach einen Zustand. Er kann ja schlecht sagen: Alles ist bestens. Dann braucht er kein Buch schreiben und jemand der das wirklich glaubt, braucht keines lesen. Es sagen ja viele, aber es ist für fast alle lediglich Theorie.. Es wird gesagt: Eigentlich sind wir schon erleuchtet... Eigentlich ist alles gut und schön. Eigentlich... Kann man das irgendwie logisch begründen? Ja! Aber wird es individuell auch so empfunden? Seltenst. Insofern finde ich es schon gerechtfertigt einen deutlichen Unterschied zu machen zwischen Aspekten die ins Leid führen und dessen Ausdruck sind, und Aspekten die in die Freiheit von Leid führen. Er nennt an manchen Stellen ja auch den Verstand als "wahnsinnig", wenn ich mich richtig erinnere. Und ich würde behaupten, dass der Unterschied zwischen einem "normalen" Verstand (den Tolle wahnsinnig nennt) und einem Wahnsinnigen in pathologischer Hinsicht nur eine Frage der Intensität ist. Das Prinzip ist dasselbe. Und würde man die Momente, wo man unter extremen Druck steht, unbewusst ist und unbewusst reagiert, zeitlich einfach ausweiten... das man z.B. eine Woche auf dieser Basis leben müsste... würde sich schnell zeigen, dass man das als Wahnsinn bezeichnen kann. Es gibt eben nur auch immer wieder Unterbrechungen, die es beim pathologisch-Wahnsinnigen seltener gibt, bzw. kürzer. Gleichzeitig muss das keine Wertung von ihm beinhalten. Man kann ja durchaus sagen: Der ist krank! ...bei jemandem der krank ist, ohne das man daraus eine negative Beurteilung ableitet. Es ist eine Zustandsbeschreibung.



Ja, und es ist eben doch auch ein großer Unterschied, ob ein Mensch Gelassenheit erfährt, weil er gerade Sport trieb, weil er gerade sexuell-erotische Stunden erlebte, weil er gerade die Arbeit abgeschlossen hat, an der er jahrelang lebte - oder weil ein Mensch durch Achtsamkeit eine Stille, selbständige Gelassenheit und Ruhe entwickelt hat, die ihn wiederum trägt, auch über die nächste problematische Lebenssituation hinweg.
Ich glaube, das ist eine Frage der Überzeugungen. Wenn Du davon überzeugt bist, dass z.B. joggen Dir dasselbe gibt wie Meditation oder sogar mehr, dann wird das so sein denke ich. Die Wirkung von etwas ist, über sich selbst hinaus in die Zeit, nicht objektiv, sondern jeweils genau das was man dann "momentan" denkt (wovon man überzeugt ist).




Also ich glaube schon, dass das möglich ist. Die Frage ist für mich: Unter welchen Umständen?
Wenn ein Mensch seit frühester Kindheit viele schlechte ERfahrungen gemacht hat, sehr verletzt wurde, viele Rollen gelernt hat, mit welchen er die nicht-erfahrene Liebe kompensiert, letztlich voll in seinem Ego aufgeht und immer die Probleme, die sich ereignen, die durch Verstandesinterpretationen innere Gefühle auslösen, der Umwelt und Sündenböcken zuschreibt, wenn ein derartiger Mensch auf einen offenen Menschen trifft, dann kann diese Offenheit sehr viel Angst bewirken und dazu führen, dass sich dieser Mensch vollkommen verschließt.
Ich würde eher sagen, dass dies die Regel ist. Vielleicht gibt es auch noch den Fall, dass da ein Heiliger - idealtypisch gesprochen "Jesus" - kommt und das Licht strahlt so hell, dass alle ihre fixierten Schablonen fallen lassen, aber gerade bei Jesus ist das ja auch nicht bei der gesamten Gesellschaft passiert, sonst hätten sie ihn nicht gekreuzigt. Mir scheint, dass die Menschen, die sehr stark in fixierten Identifizierungen leben, ein eigenes Symbolsystem mit vielen festen Interpretationsschemata entwickeln, die derartige Menschen sofort kategorisieren, etwa "verrückt und gefährlich". Wenn ein Mensch selbst nicht offen ist, dann wird er am anderen Menschen immer nur Gefahren wittern, etwa, dass der andere ihn kontrollieren oder manipulieren möchte. Die Ängste des EGos sind in der Regel stärker als die es die Offenheit eines anderen vermag, dem anderen diese Ängste zu nehmen - scheint es mir.
Es ist ein sehr langer, langsamer sozialer Prozess, in dem die Menschheit insgesamt allmählich ein Bewusstsein des Achtsamkeit und des Mitgefühls entwickelt. Man denke nur daran, wieviel Kulturen, Tiere etc. wir bisher in dieser langen Lernphase ausgerottet haben, obwohl es immer wieder Menschen gab, die hell leuchteten und das Licht der Transzendenz frei legten.
Ja, Du könntest da Recht haben.
Genauso dachte ich aber schon öfter, dass vielleicht diejenigen von denen man annimmt, dass sie derart "rein" waren, wie z.B. Jesus, es vielleicht doch nicht waren. Ich habe mal etwas gelesen, wo ich erst dachte, dass sei eine ziemlich verrückte Theorie. Als ich dann darüber nachdachte wurde mir klar, dass die durchaus stimmen kann. Es gibt ja das "Spiegelprinzip" und das ist wahr, es beruht auf der fundamentalen Einheit. Man könnte sagen, dass sich alles, alle getrennten Teile, von "oben" aus gesehen bewegen wie ein großer Körper, mit nur einem Zentrum. Alles passt zusammen, auch wenn man es vielleicht chaotisch empfinden mag ist eine Art Ordnung doch auch erkennbar. Das Gesetz: "Innen wie Außen" ist meiner Ansicht nach ebenfalls wahr. In dem was ich las, ging es um Jesus als Beispiel. Dort wurde gesagt: Wäre Jesus derart "rein" wie es von vielen geglaubt wird, hätte ihm nicht geschehen dürfen was ihm geschah. Wenn er aber tatsächlich eine extrem hohe Stufe als "Erwachter" erreicht hatte, kann es sogar möglich sein, dass er erfahren wollte was ihm wiederfuhr. Es wäre sogar denkbar dass es einer Demonstration entsprach, einer Art Metapher für etwas das er lehren wollte. Ich glaube "Ein Kurs in Wundern" drückt auch ähnliche Gedanken aus. Und klar... Das hört sich erst mal unglaubwürdig an. Aber ich bin mir vollkommen sicher, dass jemand der diese "Stufe" erreicht hat wie Jesus sie wahrscheinlich erreicht hatte, auch die Macht hatte zu vermeiden was ihm wiederfuhr, genauso wie es geschehen zu lassen, sogar zu steuern. Es ist etwas schwer zu erklären, für diejenigen die das für undenkbar halten, aber es ist durchaus logisch und möglich.




Genau, es ist eher ein "Spiel- und Erfahrungsraum". So lange man den anderen Menschen nicht wirklich schädigt, kann man prinzipiell Briefe schreiben, die man nicht abschickt, auf den Boden klopfen, dem Freund erzählen, wie wütend man ist, ... ...es werden Gefühle unmittelbar freigesetzt. Natürlich ist es bei vielen Menschen auch so, dass sie die Handlung dann auch tatsächlich ausführen.
Auch das kann dazu dienen, dass man seine Gefühle erkennt. Aber es ging mir nicht darum, dass man dies immer so tun muss.
Die einzige Frage ist dann, ob der Mensch, nachdem er die Gefühle authentisch ausgedrückt hat, sich mit der Wut, der Verehrung etc. identifiziert, daran festhält, oder ob er etwas über sich lernt, sich auf diese ERfahrung als ZEUGE U N D als SPIRITUELLES KIND einlässt. Lerne ich, nachdem ich wütend war, etwas über mich, verstehe ich mich dadurch besser, sehe ich, wo der andere Grenzen überschritten hat, wie ich Grenzen überschritten habe, wie ich mich habe provozieren lassen, wie ich Schemata der Situation unterlegt habe, dass alles so kam? Kann ich letztlich immer mehr von diesem Muster loslassen? - oder bejahe ich die Identifikation? Lebe ich immer mehr aus meiner spirituellen Freiheit heraus, aus meinem Gegenwarts-Sein? oder halte ich (immer mehr) an meiner Identifikation, ein Spiritueller/Held/Winner/Looser/etc. zu sein, fest?
Ja, das sehe ich genauso.
Allerdings ist bei mir da etwas unklar, was aber schwer zu formulieren ist.
Stell Dir mal vor: Das "reine Sein" schaut auf bzw. durch die Persönlichkeit... nimmt sie wahr. Identifiziert ist nie das "reine Sein". Immer nur die Persönlichkeit mit etwas das wahrgenommen wird. Das Zentrum der Persönlichkeit ist ein "Ich-Gedanke" der die Grundlage der Illusion individuell zu sein ist. Die Dynamik des Gedankenablaufs erzeugt nun diese Illusion... "Ich nehme die Welt wahr... und bin mit .... identifiziert."
Für das "reine Sein" läuft das in etwa so ab:
Wahrnehmung des Ich-Gedankens
Wahrnehmung eines äußeren Objektes
Wahrnehmung des Gedankens "Ich bin identifiziert"

Natürlich extrem vereinfacht. Worum es mir geht ist v.a.: Identifikation besteht innerhalb der Wahrnehmung und gehört auf die Seite der Illusion die transzenidert werden kann/muss. Es ist eine Verbundenheit zwischen Bewusstseinsinhalten, so dass sozusagen an bestimmten "Stellen" keine Wahl besteht. Ein Gedanke der mit einem anderen verbunden ist, löst unweigerlich diesen anderen aus, während das Gefühl der Identifikation gleichzeitig die Überzeugung mit sich bringt eine Wahrheit vor sich, wie auch keinen Einfluss darauf zu haben. Dazu kommt Unbewusstheit. Aber: Das alles läuft innerhalb der Wahrnehmung ab und läßt das "reine Sein", den Beobachter vollkommen unberührt. "Der" wird weder bewusster noch unbewusster oder ist von irgendetwas überzeugt oder mit etwas identifiziert. "Er" läßt einfach alles geschehen, stellt sich selbst sozusagen als grundlegende Energie zur Verfügung und beobachtet wie er "verformt" wird. Es gibt also aus der Sicht des "reinen Seins" keine Wahrheit die absolut wäre, noch nicht mal eine momentane wie etwa "genau jetzt ist er unbewusster als eben". Es ist immer gleich und unberührt. Alle Veränderung liegt innerhalb dessen was wahrgenommen wird. Das Seltsame ist, man nimmt nun eine Persönlichkeit wahr, die dass durchschaut hat. Sie weiß: Ich bin das in Wirklichkeit "reine Sein". Das was ich bin ist weder mit etwas identifiziert, noch von etwas überzeugt, sondern absolut frei. Und ich frage mich oft, wie man das einerseits wissen kann, andererseits auch wieder nicht. Im einen Moment ist man sich sicher, im nächsten Moment kommt irgendein unbewusster Gedanke/Zweifel, der eigentlich gar keine Rolle spielen dürfte. Meiner Meinung nach dürfte der nicht mal auftauchen. Negative Gedanken ziehen sehr schnell weitere negative Gedanken nach sich. Positive Gedanken hingegen lösen sehr oft auch erst mal das Gegenteil aus, also Negative. Und irgendwie ist das wiederum ein Zustand, der einerseits lösbar sein müsste... also der gesamtzustand "Verdammt, ich weiß es doch... aber ich komme nicht weiter." müsste eigentlich auflösbar/annehmbar sein. Gleichzeitig liegt seine Perfidität darin, dass er es nicht ist. Man kann hingegen auch nicht so einfach sagen: Man muss ihn gar nicht annehmen... Es scheint da irgendwo eine objektive Kraft zu geben und genau die ist mir unklar. Irgendetwas das nicht bloß Glaube ist, bzw. vielleicht ist der Glaube selbst diese objektive Kraft, das Gefühl das eine Überzeugung wahr erscheinen läßt, während das Gegenteil außerhalb der Möglichkeit es zu erfahren zu liegen scheint.
Kann man verstehen was ich meine? ;)


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Fortsetzung... (wollte die Zitate dieses mal ungekürzt lassen)

Ja, ich hatte eher die eine Seite beschrieben, aber natürlich geht es hier auch um Abhängigkeit. Mir scheint es aber, dass die Abhängigkeit auch deswegen besteht, weil die wahren Gefühle, die ein Mensch subjektiv erfahren könnte, wenn er authentisch ist, unterdrückt werden, zugunsten einer Rolle, die dem anderen alles entschuldigt - eine Rolle, die dieser Mensch sein Leben lang einstudiert hat. Wenn er Wut gezeigt hätte, dann hätte dies die Rolle gesprengt. Aber dazu war er nicht fähig, obwohl er rational sagen konnte, dass er wütend ist.
Das ist ein gutes Beispiel woran man sehen kann, wie eines das andere bedingt. Auf der einen Seite das Nicht-Bewusstmachen, auf der anderen die Abhängigkeit und damit verbundene Verlustangst. Das Prinzip ist nämlich bei allen Identifikationen so.

Solche Menschen haben ja aufgrund der Abhängigkeit und damit verbundenen Verlustangst das Problem, dass sie sich immer "richtig" verhalten müssen, weil sie sonst Ablehnung fürchten. Diese Art nett und gut und freundlich zu sein, hat sozusagen einen "egoistischen Kern", da das Motiv oft Angst ist. Also das Motiv z.B. Wut eher zu unterdrücken, oder Kritik immer herunterzuschlucken, selbst wenn sie nicht mal gegen die Person gerichtet wäre etc. Gleichzeitig verhindern sie genau dadurch, dass ihnen die eigenen Gefühle und Muster bewusst werden, und erhalten sie dadurch. Und das Ganze ist ja dann nicht statisch. Es ist immer in Bewegung... Und da es sehr unwahrscheinlich ist, dass ein Bewusstmachen geschieht, wenn gerade eine Phase der Ruhe ist, was dieses Thema angeht, wird es immer wieder und immer mehr auch Krisen geben. Das was nicht gelöst ist, zeigt sich im Außen und das so lange und immer drastischer, bis man nicht mehr daran vorbeikommt. Und das ist wirklich bei allen Identifikationen der Fall. Auf der einen Seite das brauchen, die Angst vor irgendeiner Art Verlust von etwas das mit dem Selbstwert verbunden ist, und auf der anderen Seite die unbewusste Haltung genau demgegenüber, da diese Gedanken gefürchtet werden, zu fliehen versucht wird. Im Grunde baut sogar alles nur darauf auf. Wir fliehen fast ständig in irgendeiner Weise vor dem grundsätzlichen Gefühl des Mangels, der nahezu konstant ist. Ich glaube, es gibt so etwas wie ein grundlegendes reines Leid... Eben das was ich im letzten Beitrag beschrieb, wo Du meintest ich hätte es "meditativ geschrieben" ;-) Dieses Gefühl, das Identifikation, Ohmach/Opfer-sein, Dauerhaftigkeit, Unfassbarkeit, allgemeine Unsicherheit etc. zu vereinen scheint. Und ich glaube, dass es die Wirkung der illusionären Trennung ist. Wir leben keine Wahrheit. Im Grunde genommen muss sich das ja mies anfühlen ;)


Genau das ist aber reale Wissenschaft. Ich habe Psychologie studiert und abgeschlossen und ich habe schon den Eindruck erhalten, dass sich die Psychologie sehr stark an (natur)wissenschaftliche Standards hält. Das Problem ist meiner Ansicht nach bei der Psychologie eher, dass die Theorien selbst leider noch recht verzerrt und falsch sind, weil das zugrunde liegende Menschenbild der Psychologie immer noch zu sehr den modischen Trends folgt. In der Psychoanalyse waren es die Triebe und die Normen, im Behaviorismus waren es die Konditionierungen, in der Verhaltenspsychologie Instinkte und ebenfalls soziales Lernen, in der Kognitionspsychologie das Denken, in der Biopsychologie das Gehirn, in der humanistischen Psychologie Emotionen und Authentizität. Es gibt hier noch kein einheitliches Menschenbild, der Mensch ist noch zersplittert, und die Untersuchungen stützten sich meist nur auf eines dieser Splitter, wenn sie z.B. die Emotionen, Gedanken, etc. des Menschen untersuchen.
Finge interessant das Du Psychologie studiert hast. Hatte ich auch mal in Betracht gezogen, aber heute bin ich ehrlich gesagt froh es nicht gemacht zu haben. Und das was Du sagst, dass sich die Psychologie sehr stark an naturwissenschaftliche Standards hält... Ja, einerseits ist das richtig, andererseits ist es gar nicht möglich, weil es viel zu subjektiv ist und v.a. ist es sogar ein Problem... Es ist ersteinmal allgemein eine Illusion. Objektivität existiert nicht mal in den anderen Wissenschaften wirklich. Und bei Psychologie ist das noch mal im Doppelten der Fall. Ich habe ja nicht soviel Ahnung davon, dass ich mir da ein umfassendes Urteil erlauben sollte, aber immer wenn ich mit Psychologie als Wissenschaft in Berührung kam, war das höchst unausgereift und ich fragte mich, wie man so vieles einfach unhinterfragt als eine Art "Gesetz" festmachen kann. Vieles ist auch verkompliziert. Ich glaube, das wahre Psychologie auf Empathie beruht, auf Intuition. Ein Mangel an Fähigkeit mit Menschen umgehen zu können, kann nicht durch psychologisches Wissen ausgeglichen werden, und ich glaube sogar das die meisten guten Psychologen, die wirklich hilfreich sind, nicht unbedingt schlechter wären wenn sie ihren Job ohne Studium und rein aus ihrem Talent heraus machen würden. Wobei... Das Studium bringt sicher auch Sicherheit mit sich, die wichtig ist. Aber viele Konzepte sind einfach nicht grundlegend genug und betrachten nur einen Teil. Sie verhindern sogar Heilung, wenn damit einhergeht dass z.B. gesagt wird: "Das" ist die Ursache... während dieser "Ursache" auch noch Objektivität eingeräumt wird.

Wie auch immer... Ich habe mich nur selten wirklich mit wissenschaftlicher Psychologie beschäftigt. Am ehesten mit C.G. Jung und ein bisschen Freud was die "alten Meister" angeht... und ansonsten "Psychologie Heute" :D Und eben die Prüfungsvorbereitungen meiner Bekannten.


Ich denke, dass das sehr auf das spirituelle Bewusstsein und auf die Liebe der Menschen ankommt. Es gibt Menschen, die sehr offen und zugleich kritisch sein können, aber eben auch Menschen, die nicht zuhören und alles bestätigen, vielleicht auch weil sie denken, dass das der andere sowieso nur möchte oder weil sie einfach diese Rollen auf diese Weise in der Familie gelernt haben. Derjenige, der das Problem hat, ist dann entweder das "Opfer" oder ist "selbst schuld", etc.. Es findet kein wirkliches Verstehen, auch kein Trauern statt.
Aber so muss es nicht immer sein und ist es auch nicht immer - ich denke, dass viele Menschen auch schon weiter sind, zumindest einige Schritte.
Ja, sehe ich auch so. Ich glaube manchmal, dass man etwas "kennen" muss um es verstehen zu können und dann richtig mit jemanden umgehen zu können der sich in einer solchen Problematik befindet. Und was ich so seltsam finde ist, dass ich einen deutlichen Unterschied bei mir bemerken kann, ob ich mich in etwas hineinversetzen und nachfühlen kann, oder nicht. Nur... wenn ich es kann, heißt das seltsamerweise nicht, dass ich das unbedingt erlebt habe. Und da frage ich mich schon manchmal, ob es soetwas wie eine Seele gibt, die irgendwie doch ein paar Dinge mehr erlebt hat, als der Typ der hier momentan herumläuft. ;)

VG,
C.
 
ich hab einen ich nenn's mal "hilfreicheren typen" gefunden als eckhart tolle.
eckhart tolle spricht zwar auch über die wirklichkeit, aber er geht dabei auch ein klein wenig manipulativ vor um seine zuhörer für sich zu gewinnen. das funktioniert, indem er den menschen ein gutes gefühl gibt und immer mal seine "witzchen" einbaut. als manipulation bezeichne ich es deshalb, weil er zu seiner authentischen netten art zusätzlich eine art "nettigkeit" hinzufügt, die überflüssig ist, was "mooji" allerdings nicht macht. obwohl die essenz der grundaussage(n) bei beiden diesselbe ist empfehle ich allen den link
http://de.youtube.com/watch?v=8MxMIg1rkYM
und natürlich alle "ähnlichen videos" die bei youtube auf der rechten seite zu finden sind.
 
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hast du den eigentlich jeh etwas, für dich fruchtbares von deiner enthaltsamkeit erhalten. ich meine irgendwas positives was dem körper oder geist geholfen hätte. ich will nichts verurteilen, es interessiert mich einfach.
du hast einmal gemeint, du hättest eine zeitlang eine unbeschreibbare leichtigkeit gespürt, welche dann irgendwann aussetzte.
thats it?

Schon diese Frage zeigt mir, dass du nicht wirklich zugehört hast, obwohl ich's schon so oft erzählt habe und daß ich nicht den Fehler machen sollte, es noch einmal zu versuchen.

du sprichst ausserdem ständig von lehren die eigentlich streng religiöse mönche betreffen.
da deren ziel ist eine ausgeprägte geistige existenz/präsenz zu entwickeln ist es völlig normal das sie körperliche erlebnisse/erfahrungen den geistigen unterordnen, dies ist natürlich einfacher wenn man sie garnicht erlebt/erfährt.

Was meinst du, aus welchen Gründen entscheiden die Mönche sich für diesen Weg?
 
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