Lieber Mr.B.Rasta,
ich kann gut verstehen, dass du meine Beiträge so liest. Wenn ich deine Beiträge lese, dann finde ich sie immer recht leserfreundlich geschrieben und ich finde darin auch stets etwas wieder, was ich ähnlich schon erlebt habe.
Ich selbst schreibe manchmal eher einfache Beiträge, oft wenn es z.B. über Liebe oder Erfahrungen, Gefühle geht, manchmal eher sehr argumentierende Beiträge, wenn es um bestimmte Sachverhalte geht.
Mir selbst geht es aber nicht so, wie du es hier beschreibst. Ich für mich habe nicht das Gefühl, dass der VErstand mich irgendwie daran hindert, bei mir zu sein. Ich habe auch nicht das Gefühl und erlebe mein Leben nicht so, das ich zwar meine Probleme erkenne, aber letztlich vor allem dann zusehe. Ich bin eher eine eher sehr emotionaler, sehr einfühlsamer Mensch, kein Intellektueller primär. Ich meditiere, mache Yoga, fühle mein Selbst, meinen Leib, bin auch spontan, kann aber auch zurückhaltend und abwartend sein.
Jeder Mensch erwirbt sich ja im Laufe seines Lebens eine Menschenkenntnis. Wenn du mich treffen würdest, sehen würdest, wie ich spreche, wie ich agiere, dann hättest du von mir nicht das Gefühl, dass ich ein Intellektueller bin. Meine besten Freunde rufen mich nicht an, weil ich irgendwie für sie denken soll, sondern weil ich mich sehr gut einfühlen und gut zuhören kann, aber auch weil man mit mir Spaß haben kann. Ich bin eher ein Mensch, der Schwingungen aufnimmt, oft so sehr, dass ich mehr den anderen als mich selbst fühle, nicht ein Mensch, der sich primär mit dem Verstand vor Schwingungen abschirmt.
Dennoch habe ich studiert, habe ich an der Universität gelehrt, habe ich Phasen verbracht, in welchen ich vor allem mit meinem Verstand gearbeitet habe. Und ich finde das auch nicht schlecht, sondern erlebe das eher als Bereicherung.
Ich glaube, dass du etwas sehr ähnlich siehst, wie es Lightning auch angesprochen habe, das ich jedoch ganz anders sehe. Mir scheint, dass sehr spirituelle Menschen oft fähig sind, sehr komplex zu denken. Mir scheint auch, dass der Verstand selbst ein Medium sein kann, das einen Menschen befreien kann. Das ist der Weg der abendländischen Philosophie. Das ist nicht mein Weg, aber ich bin diesen Weg auch schon gegangen und es liegt mir nichts daran ihn zu verurteilen. Es gibt sicherlich Menschen, die mit diesem Weg sehr weit kommen. Wenn man mit dem Verstand z.B. bis in die Logik vordringt und dort versteht, inwiefern logische Systeme nicht bewiesen werden können, dann bewirkt dies im Verstand selbst eine Befreiung von Konventionen, eine Loslösung des Verstandes von sich selbst.
Entwicklungspsychologen und daran anschließend PHilosophen wie Ken Wilber oder Jürgen Habermas sehen dies und verstehen, dass die kognitive Entwicklung ein wesentlicher Baustein der spirituellen Entwicklung sein kann.
Ich hatte das schon weiter oben zu Lightning gesagt: wenn er hier spricht, dann ist das nicht immer nur Gefühl. In all seine Beiträge fließt immer auch sein Verstand ein, der Unterscheidungen mit Worten trifft. Wenn er Tolle als Antichristen bezeichnet und nicht als Erlöser, dann sind das Worte, die er selbst verwendet. Ich würde weder das eine noch das andere verwenden.
Mir scheint, dass ein Mensch sich mit einem einfachen Verstand auch sehr viel Probleme machen kann.
Natürlich kann es oft hilfreich sein, einfach zu sprechen, in Bildern, Symbolen, Metaphern, aber es kann auch manchmal hilfreich sein, komplex zu argumentieren.
Ich hatte Lightning weiter oben recht argumentierend angesprochen. Das warenn Versuche, mehr nicht. Es gibt Menschen, die darauf eingegangen wären, er ist es nicht. Das war einfach so. Als ich erkannte, dass er darauf in dieser Weise nicht eingehen wird und er auch genau mit dieser Weise ein Problem hat, habe ich damit aufgehört. Ich habe dann an seinen Reaktionen gemerkt, dass er meine Worte nicht als Offensein, als Angebote, als Verstehen selbst verstanden hatte, dass er nicht die Neutralität, das Beschreiben darin als Chance sah, sondern dass er meine Worte anscheinend als Angriffe erlebt hatte, weil er sich nicht vertrauend, die Worte verstehend, darauf einlassen konnte - scheint es mir. Seine Reaktionen waren ja dann recht affektiv, authentisch, zeigen aber auch, dass er selbst noch viele Probleme hat.
So etwas, dieses Aneinandervorbeireden, kommt öfters vor. Ja, aber das sind einfach Erfahrungen. Dadurch geht die Welt aus meiner Sicht nicht unter und jeder kann etwas über sich lernen.
Ich wusste nicht, dass ausgerechnet Lightning eine derartige Sicht der Welt vertritt, dass vor allem Gefühle wichtig seien und dass genau meine Vorgehensweise genau seiner Ansicht entgegenläuft.
In diesem Sinne war ich ja sozusagen genau die Person, die Lightning wie einen verkopften Intellektuellen wahrnehmen musste. Aus meiner Sicht ist seine Vorgehensweise einseitig. Für ihn scheint es wichtig zu sein, dass die Gefühle und der Leib gefühlt werden, das ist die Basis. Dem widerspreche ich nicht, aber aus meiner Sicht kommt nicht nur etwas von unten, sondern es kann auch etwas von oben kommen, Licht, Ideen, Vernunft, etc. .
Es besteht hier natürlich immer die Tendenz der Trennung, das stimmt. Es besteht hier immer die Tendenz, dass die unteren 3 Chakren nicht mit den oberen 3 Chakren verbunden sind und das Herz verletzt ist, dass gerade nicht alles durch das Herz verbunden ist, dass die oberen drei Chakren das eine sagen und die unteren drei etwas anderes und die oberen drei durch die unteren drei auch lediglich kompensieren.
Das ist eine Gefahr, ein Problem, eine Tendenz, aber das muss nicht so sein. Wichtig scheint es mir zu sein, dass es eine Verbndung gibt.
Ein Beispiel: Eine Frau schläft mit einem anderen Mann. Der eigentliche Mann der Frau erfährt das und wird eifersüchtig, neidisch, wütend, fühlt sich verletzt, vernachlässigt, entwertet.
Die oberen drei Chakren sagen nun, dass dies die Freiheit der Frau ist, dass er nicht an ihr festhalten sollte, dass er sie loslassen kann, dass er sie so lieben kann, wie sie ist.
Wenn der Mann beides in sich erlebt, dann gibt es hier einen großen Spalt, eine Trennung, eine Ambivalenz. Einerseits sind hier die Gefühle der Verletzungen, des Fühlens des eigenen Leibes, der eigenen Gefühle, andererseits gibt es hier die Gefühle des Verstehens und des Mitfühlens mit dem anderen, was sich zumindest zu Beginn oft vor allem über den Verstand bei vielen Menschen vollzieht.
Meiner Ansicht nach geht es in spiritueller Hinsicht vor allem darum, letztlich diese beiden Seiten zu vereinen: sich anzunehmen, zu lieben zu akzeptieren, mit all den Schmerzen und zugleich mit dem anderen mitzufühlen, ihn zu verstehen. Wenn man auf jeweils eine Seite fällt, dann entwickeln sich immer asymmetrische Rollen: Helfer-Rollen oder Opfer-Rollen. Der Adler und der Schmetterling entwickeln sich nur in diesem freien Zusammenspiel, das durch Trauer und Verstehen reift. An diesem Prozess sind sowohl der Verstand als auch die Gefühle und der Leib beteiligt. Es ist nicht der identifizierende Ego-Verstand eines verletzten Menschen, sondern es ist ein liebvoller Verstand: der Verstand eines liebevollen Menschen, der sich und andere zu lieben vermag.
Wenn man diesen Weg geht, dann löst sich das auf, was du als Beobachtungen von Konditionierungen beschreibst. Ich kenne dies vor allem von Menschen, die Zen-Meditation praktizieren, aber ich praktiziere vor allem Yoga und Vipassana-Meditation und bei beiden Praktiken geht es nicht nur um das Beobachten, sondern immer auch um den Leib und um das Loslassen.
Am wichtigsten scheint mir persönlich zu sein, dass ein Mensch die Fähigkeit ausbildet, sich selbst lieben zu können. Man kann sich stets fragen: wenn ich mich liebe, sollte ich dann dies tun? Bin ich dann liebevoll zu mir? Wenn man sich dies immer fragt, dann entwickelt ein Mensch ein Gefühl, was es heißt zu lieben. Und auf diese Weise wird er Liebe auch für andere Menschen entwickeln. Wenn ein Mensch beginnt, sich selbst zu lieben, dann werden dadruch automatisch auch Trauerprozesse, Loslasseprozesse eingeleitet, dann wendet er sich wohl den eigenen Gefühlen als auch den anderen Menschen zu, etc. . Das ist aber nicht nur ein Prozess der Gefühle, das ist auch ein Prozess des Verstandes. Beide sind daran beteiligt - und sie vermitteln das Dritte.
Liebe Grüße,
Energeia