Der Ursprung der Angst
Angst scheint viele Ursachen zu haben. Angst vor Verlust, Angst vor Versagen, Angst vor Verletzung und so weiter, aber letztendlich ist jede Angst die Angst des Ego vor dem Tod, vor der Vernichtung. Für das Ego lauert der Tod immer gleich um die nächste Ecke. Wenn du dich mit dem Verstand identifizierst, beeinflusst die Angst vor dem Tod jeden Aspekt deines Lebens. Auch das scheinbar so triviale und "normale" zwanghafte Bedürfnis zum Beispiel, bei einem Streit Recht behalten zu wollen und die andere Person ins Unrecht zu setzen, die Verstandesposition, mit der du dich identifiziert hast, zu verteidigen, gründet auf der Angst vor dem Tod. Wenn du dich mit einer Verstandesposition identifizierst und dann im Unrecht bist, wird sich dein auf den Verstand gegründetes Selbstgefühl ernsthaft von der Vernichtung bedroht fühlen. Du als Ego kannst es dir also nicht leisten, Unrecht zu haben. Unrecht zu haben bedeutet zu sterben. Darüber sind Kriege geführt worden und zahllose Beziehungen sind daran gescheitert.
Sobald du dich aber von deinem Verstand trennst, macht es für dein Selbstgefühl keinen Unterschied mehr, ob du im Recht oder im Unrecht bist. Der stark zwanghafte und zutiefst unbewusste Drang, Recht zu haben, der auch eine Form von Gewalt ist, wird nicht mehr länger bestehen. Du kannst klar und deutlich zum Ausdruck bringen, wie du dich fühlst und was du denkst, ganz ohne Aggressivität oder Verteidigungsmechanismen. Dein Selbstgefühl wurzelt dann nicht mehr im Verstand, sondern in einer viel tieferen inneren Wahrheit.
Jeder, der mit seinem Verstand identifiziert ist statt mit seiner wahren Stärke, dem tieferen, im Sein verankerten Selbst, wird die Angst als ständigen Begleiter haben. Es gibt allerdings nur wenige Menschen, die schon über den Verstand hinausgegangen sind. Du kannst also davon ausgehen, dass so gut wie jeder, dem du begegnest oder den du kennst, in einem Zustand der Angst lebt. Unterschiede gibt es nur in der Intensität. Sie schwankt zwischen Furcht und Grauen auf der einen Seite der Skala bis zu einem vagen Gefühl von Unbehagen oder Bedrohung auf der anderen. Den meisten Menschen wird das erst dann bewusst, wenn die Angst eine akutere Form annimmt.