Ausblick
Die Stunde gebietet, mehr als jemals zuvor, nüchtern und unvoreingenommen zu begutachten, was vorliegt und was dies für Folgen hat. Dabei ist, wenn es mehrere wahrscheinliche Entwicklungen gibt, nicht die günstigste, sondern vor allem die ungünstigste in Augenschein zu nehmen.
Es sind im wesentlichen vier Problemfelder, die das weitere Geschick der Menschheit bestimmen: Die zunehmende Schädigung der Hülle und Oberfläche ihres Planeten, das Anwachsen der Zahl ihrer Mitglieder, das Überhandnehmen von Ungereimtheiten und Ungerechtigkeiten bei der Güterversorgung und die Steigerung der Gegensätze.
Die Suche nach einem Ausweichplaneten für die Menschheit (nachdem sie ihren eigenen ausgeplündert und verseucht hat) hat sich erledigt, wegen der Entfernungen, die wir inzwischen kennen. Ohnehin stellte die Umsiedlung auf einen anderen Planeten bei der zu bewältigenden Menge Menschen, samt Huhn, Schwein und Kuh, vor schwerlich zu überwindende selektive oder technische Schwierigkeiten. Deshalb muss die Menschheit, will sie als Gattung überleben, ihren Heimatplaneten wirtlich erhalten.
Gegen dieses Gebot verstößt die Mehrheit der Menschen gegenwärtig in erheblichem Umfang. Dies im einzelnen darzulegen, ist hier nicht der Ort. Festzuhalten ist lediglich, dass es bisher nicht gelungen ist, die von Menschen verursachte Schädigung der Umwelt zu beenden.
Bemerkenswert an diesem Sachverhalt ist, dass Völker, die sich noch auf althergebrachte Weise verhalten, der Natur wenig oder gar keinen Schaden zufügen. Je entwickelter, hochtechnisierter eine Gesellschaft lebt, um so mehr Schaden richtet sie an.
Der Mensch braucht die Technik, um den Unbillen der Natur zu trotzen. Doch bisher hat er verabsäumt, sie naturverträglich zu gestalten. Ob die Fähigkeit zur Problemlösung jemals das Wachstum der Probleme einholen wird, bleibt zweifelhaft. Die Natur ist bedrohlich erinnerungsfähig und wird immer rachelüsterner, meint Peter Sloterdijk.
Gegenwärtig, nach einer Untersuchung des britischen Ökonomen Pavan Sukhdev, verliert die Welt jedes Jahr zwei bis fünf Billionen Dollar an Naturkapital.
Trotz Kriegen und Katastrophen vermehrt sich die Menschheit. Früher als seinerzeit die Meadows hochrechneten (in Grenzen des Wachstums), durchbrach die Menschheit die sechs Milliarden-Marke. Erwartet wird, dass die nächste Generation auf neun Milliarden anwachsen wird.
Nach Berechnungen des WWF werden 2,1 globale Hektar benötigt, um einem Menschen das Leben zu ermöglichen. Zur Verfügung stehen gegenwärtig nur 1,8 Hektar. Verbraucht werden im Mittelwert 2,7 Hektar, wobei die Amerikaner mit 9,5 Hektar die größten missbräuchlichen Nutzer sind.
Wenn wir so weiter machen wie jetzt, bräuchten wir im Jahr 2035 zwei Planeten, um unseren Bedarf zu decken, schreibt James Leape, der General-Direktor von WWF International.
Zugleich gehen jedes Jahr weltweit landwirtschaftlich nutzbare Flächen von der Größe der Schweiz durch Wüstenbildung verloren (nach Berechnungen des Umweltprogramms der Vereinten Nationen UNEP). Darüber hinaus werden in den Industrieländern Acker- und Waldflächen durch Bauten versiegelt, allein in Deutschland täglich eine Fläche von 129 Hektar (dem Statistischen Bundesamt zufolge).
Der Maschineneinsatz in der Landwirtschaft verdichtet den Boden. In einer herkömmlich beackerten Krume versickern 25 Millimeter Regen pro Stunde. Ein industriell genutzter Acker nimmt nur mehr 10 bis 15 Millimeter Wasser auf. Das fördert die Erosion durch Wind und Wasser und ist zugleich eine von mehreren Ursachen für Hochwasserkatastrophen und geringere Ernteerfolge.
Nach Aussage von Robert Watson, des Direktors des Weltagrarrates, hungern derzeit 850 Millionen Menschen. Jedes Jahr kämen vier Millionen dazu. Von Gentechnik und zunehmender Industrialisierung sei keine Besserung zu erwarten. Die Landwirte müssen nachhaltig mit natürlichem Dünger und traditionellem Saatgut arbeiten, um Böden und Grundwasser zu schonen, so Watson. Diesem Urteil schließt sich der Bericht der Weltbank und der UN-Ernährungsorganisation FAO vom April 2008 an.
Die Wirtschaft lahmt, wobei noch nicht deutlich ist, ob es sich um eine vorübergehende Krise handelt oder einen anhaltenden Abschwung.
Die Politiker weisen die Schuld an der Entwicklung den Banken zu. Sie hätten sich verzockt. Sie hätten Papiere erfunden und mit ihnen Wetten angestellt, die unerfüllt blieben.
Der wahre Grund wurde von Anbeginn in den Hintergrund gedrängt: Die Banken sitzen auf Krediten, die nicht mehr bedient werden und deren Sicherheiten die Schuldsumme nicht abdecken. Man spricht von faulen Krediten. Die Staaten erwägen, sie den Instituten über Bad Banks abzunehmen.
Wie konnte es dahin kommen? Politik und Presse behaupten, die Banken hätten Kredite ohne ausreichende Sicherheiten vergeben.
Im allgemeinen verlangt ein Gläubiger, bevor er sein Geld aus der Hand gibt, Auskünfte von seinem Kunden. Dazu gehört, ob der Bittsteller eine feste Anstellung hat, ob er anderweitig verschuldet ist und welche Sicherheit er bietet für den Fall, dass er seine Schuld nicht begleichen kann.
Es besteht keine Veranlassung anzunehmen, dass die Banken in den USA diese Regeln nicht beachtet hätten. Bei den Kreditnehmern, um die es hier geht, handelt es sich überwiegend um Käufer von Grundstücken oder Immobilien oder Erbauer von Häusern. Als Sicherheit gaben sie die Grundstücke oder die Gebäude.
Für gewöhnlich kann einem Gläubiger, wenn er so verfährt, kein Schade erwachsen. Denn platzt der Kredit, veräußert er die Immobilie - ein Vorgang, der normalerweise nicht zu nennenswerten Verlusten führt.
In den USA indessen konnten plötzlich Schuldner in Massen ihre Kredite nicht mehr bedienen. Das wäre immer noch ohne Belang geblieben, wenn sich für die angebotenen Immobilien Käufer gefunden hätten. Doch das war nicht der Fall. Zwar gab es nach wie vor genügend Interessenten für Wohneigentum, aber es gab immer weniger Leute, die sich den Kauf leisten konnten - selbst nicht zu den rapide gefallenen Preisen.
Das wirft die Frage auf, was die Kaufkraft derart dramatisch einbrechen ließ. Dafür kommen nur geminderte Einkünfte oder erhöhte Kosten in Betracht. Arbeitsplätze aber waren (dank Bush's Kriegen) genügend vorhanden, auch Lohnkürzungen blieben aus. So kommen als Ursachen nur vermehrte Steuern und/oder Geldentwertung in Betracht.
An dieser Stelle ist festzuhalten, dass die Banken oder der Markt die Krise nicht herbeigeführt haben. Schuld trägt der Staat, der entweder die Steuern erhöht oder das Geld entwertet hat oder beides.
Über die Steuerprogression während der Bush-Präsidentschaft habe ich eine Zusammenstellung in der wissenschaftlichen Literatur nicht gefunden.
Die Geldentwertung dagegen ist reichlich dokumentiert: In den USA betrug die Teuerung 2007 angeblich (dargelegt vom Bureau of Labor and Statistics (BLS), aufgrund eines willkürlich gefüllten Warenkorbs) CPI-U 2,9 Prozent. Die nicht nur gefühlte, sondern tatsächliche Geldentwertung (Differenz aus vermehrter Geldmenge M3 und Bruttoinlandsprodukt), berechnet vom Shadow Government Statistics (SGS), betrug jedoch für den gleichen Zeitraum 10,5 Prozent. Für Februar 2008 stellten sich die unterschiedlichen Werte wie folgt dar: CPI-U ca. 4 Prozent, SGS-Alternate CPI ca. 11,8 Prozent.
Der Verlust der Kaufkraft führt inzwischen zu einer Verbilligung vieler Waren. Daran ist folgendes bemerkenswert. Auf dem Markt befindet sich erheblich mehr Geld als geschaffene Produkte. Das müsste normalerweise zu Teuerung führen. Doch offensichtlich befindet sich das viele Geld nicht in der Hand der Kaufinteressenten.
Mit manchem Dollar werden Iraker und Afghanen getötet. Die meisten freilich dürften in den Tresoren und schwarzen Kassen derer verschwunden sein, die jene Wetten gewonnen haben, die die Banken um ihr Kapital brachten. Viel Geld jedenfalls wird dem Wirtschaftskreislauf entzogen, weil es, hervorgeholt, deren Besitzer ins Gefängnis brächte. Einige Billionen Dollar überdies hortet der chinesische Staat, vielleicht als Faustpfand dafür, dass die USA Taiwan nicht länger schützen.
Das geparkte Geld ist nicht ohne Brisanz. Es stellt eine ständige Bedrohung dar. Denn würden die zurück behaltenen Scheine auf den Markt geworfen, führte das zu einer Hyperinflation.
Einstweilen also muss noch mehr Geld auf den Markt gebracht werden, damit die Kaufkraft anspringt. Das Fed vergibt es zu null Prozent, die EZB zu einem Prozent Zinsen. Noch nie waren Kredite so billig.