naglegt
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Träume, Fertigkeiten, Kindereien und Pläne.
Er setzte sich auf seinen Hosenboden und sann, so sehr es ihm möglich war, darüber nach, wie er aus seinem Dilemma denn herauskäme. Er hörte die Worte wohl und ja, er war so wach geworden, so fühlend geworden, dass ihn die Worte trafen, diese Worte »Du hast keinen Plan.« - aus allen Ecken und jeder schien dies zu ihm zu sagen, nicht nur seine Freundin oder sein Trainer.
Im Kind ist ein Traum, der Traum von einem bestimmten Leben. Er ging davon aus, dass dieser Traum das Seelenwollen ist und dem Kind in großen oder groben Zügen klar wird. Was dem Kind allerdings nicht möglich ist, ist einen Weg zu finden, wie sich der Traum realisieren läßt. Er kannte die Wachstumsphasen der Kindheit, die in wissenschaftlicher Weise von Joseph Chilton Pearce beschrieben wurden, sich aber mit den Entwicklungszyklen deckten, die er aus mystsichen Schulungen kannte. So konnte er also den Traum und das Potential des Menschen der er war, bereits im Kindesalter erkennen, doch musste er in diesen Traum hineinwachsen, sein Potential herausschälen, damit es Fähigkeiten und Fertigkeiten werden würden, mit denen er diesen ominösen Plan würde erstellen können - zuerst - und dann auch würde umsetzen können - zu guter Letzt - und als eigentliches Ziel des Planes.
Als Schwierigkeit kam neuerdings hinzu, dass alle Menschen, er eingeschlossen so zwischen 1 und 5 Jahren in der Entwicklung versagten, feststeckten - nicht weil sie zu dumm waren, keineswegs, sondern weil die Eltern und die Eltern der Eltern in einem verhängnisvollen Programm hingen, das immer mehr menschliche Fähigkeiten verkümmern lies, statt sie zu trainieren, die Verkümmerung wurden genannt: »Du sollst es einmal besser haben.«, große und immer größere Vereine wurden gegründet, die begründeten, warum immer mehr Menschen geschont, verschont und - wie sie es nannten - geschützt werden müssten. Alle schonten sich zu Tode, zu einem Tod, der oft bereits mit ein zwei Lebensjahren eintrat, der Mensch in ihnen erstarb, übrig blieb ein Bioroboter, eine leere mechanische Hülle, die unwillig und fehlerhaft irgendwelche Befehle ausführte.
Fast niemand schien diesen Umstand zu bemerken. Nur manche besonders hellen Wissenschaftler und manch ganz normale Hausfrau hatten noch Fetzen des echten Menschseins hinüberretten können. Mehrere hundert Jahre waren seit jener fürchterlichen Geschichte vergangen, an die er sich nun erinnerte: eine Geschichte, die der Graf von St. Germain der französischen Königin am Vorabend der französischen Revolution erzählte. Nein, sie erschien auch ihm grausam, diese Geschichte, nur wusste er zu gut, dass alles wahr wurde, dass er aufwuchs zwischen den Nachfahren von Sklaven, die keinerlei Ahnung mehr hatten, was Menschsein wirklich bedeutet.
Er war stark geworden, das Grauen auszuhalten, das über ihn hereinbrach, jedesmal, wenn ihm bewußt wurde, wie dünn die Schicht einer nett wirkenden Realität die unerledigten Hausaufgaben vertuschte - und die Hausaufgaben hatte die Menschheit nicht erst seit der - mißlungenen - französischen Revolution nicht gemacht. Der zweite Weltkrieg war erst 60 Jahre vergangen und keinerlei substantiellle, nachhaltige, wirksame Lehren für das Leben der Menschheit waren daraus gezogen worden. Oberflächliche Retusche und Schminke war auf das hässliche, höhnische Gesicht des Krieges gekippt worden, aber bearbeitet, integriert war diese grausame Macht von niemandem.
Niemand schien zu wissen wie wirklich, wie echt diese - als Märchen verunglimpften - Geschichten sind, wo der Drache, der das Leben zu bedrohen scheint, durch einen Sieg zu einem Freund wird, der fortan das Leben beschützt. Die Kraft hinter dem Drachen (also hinter dem Krieg) ist neutral. Die Auswirkung und die Bewertung sind nicht die Kraft selbst. Was ist nun diese neutrale Kraft, die es wohl so dringend braucht, um das Leben zu leben?
Darüber sann er nach.