Ich danke auf jeden Fall mal für die ausführliche Antwort
Und selbst der Eremit in deiner Geschichte brauchte die Öffentlichkeit vielleicht nicht unbedingt, aber ich bin überzeugt sie hat ihm gutgetan. Er hatte es allerdings wirklich gut gehabt. Er mußte sich nur zurückziehen und dann nichts mehr tun außer warten dass die Welt in Scharen zu ihm kommt. Wo sich mir dann zwangsläufig die Frage stellt ob er dann überhaupt noch ein Eremit war?
Manchmal denk ich mir, dass in einem jeden so etwas wie ein innerer Eremit steckt, aber das weiß ich natürlich nicht. Ich kenne einige Leute, die sehr gesellig erscheinen, viel lachen, reden, aus Mücken Elefanten machen und in ihren Augen hab ich schon manchmal eine große Einsamkeit gesehen.
Ich glaube, ein Eremit ist man nicht nur, wenn man in einer abgelegenen Hütte im Wald wohnt, ein Eremit ist man vielleicht auch, wenn man mit dieser inneren Einsamkeit angefreundet ist, nicht darunter leidet. Ich war 19 und beim Bundesheer, da nannte mich in einem verhältnismäßig ernsthaften Dialog ein Kollege "einen Eremiten". Er bezeichnete mich so, aber ich verstand damals nicht warum, denn ich selbst hielt mich für sehr gesellig. Er hat da wohl irgend etwas in mir erkannt, was ich selbst nicht sah.
Gibt es denn nur zwei Öffentlichkeiten für dich? Das Wirtshaus (das dir wenigstens nicht ausreicht) und das Internet? Für mich gibt es außer der Arbeit noch mehr Öffentlichkeiten: gestern der Weihnachtsmarkt, die Bibliothek, Fitneßcenter, selbst das Einkaufen im Supermarkt, Friseur, Spaziergang am See, Cafebesuch, Kino.
Im Moment schon. aber ich sag nicht "leider", denn es ist wie es ist. Ich suche nicht zwanghaft einen Weg, dieser Einsamkeit, diesem inneren Eremiten zu entfliehen. Eher suche ich danach, mich mit ihm anzufreunden. Ja, in der Bibliothek bin ich schon auch eingeschrieben. Diese Möglichkeit nutze ich in der Tat zu wenig. Das werde ich ändern.
Siehst du.... Cafebesuch.... du gehst also auch in die Kneipe
Spaß bei Seite.... wenn ich am Vormittag nach dem Einkaufen in diese Stammkneipe geh und einen Kaffee trink, spricht da nichts dagegen. Die Kellnerin da kenn ich schon recht lange und die is nicht unbedingt doof, nur weil sie dort arbeitet. Mit der kann ich mich schon mal ganz gut gedanklich austauschen. Solang die Atmosphäre noch nicht alkoholträchtig ist und alle wie wild durcheinander schreien. Gefährlich wird`s erst, wenn ich Nachmittag oder gegen Abend nochmal weg geh.
Allerdings glaube ich nicht dass der kommunikative Austausch im Wirtshaus gerade der Renner ist.
Wie gesagt.... zu fortgeschrittener Stunde geh... nein, ging ich dann da hin um meine Emotionen rauszulassen, abzutanzen... was auch immer. Tja, und dazwischen trink... nee, trank ich eben recht schnell und viel.
Warum suchen wir denn die Öffentlichkeit? Um der Einsamkeit zu entfliehen, um neue oder andere Eindrücke zu haben als immer nur dasselbe Zuhause mit denselben Gesichtern, Anregungen zu erfahren oder einfach nur Teil einer Gemeinschaft zu sein.
Ja, mein Verhältnis zur Einsamkeit hab ich ja schon weiter oben beschrieben. Ich will dem inneren Eremiten nicht zwanghaft entfliehen, ich will mich ja mit ihm anfreunden. Nur bin ich es eben noch nicht zu 100%.
Eine Öffentlichkeit ist für mich jedoch nicht mehr erfahrbar wenn sie mit einem sinnlosen Alkoholkunsum gekoppelt ist.
Ich habe kein Problem mit Alkoholkonsumenten, nicht das geringste. Aber ich weiß, dass meine Art, Alkohol zu konsumieren nicht vertret- und verantwortbar ist. Das weiß ich sehr wohl. Es gibt durchwegs Leute, die vollbringen mit einem gewissen Alkoholspiegel noch Dinge, das krieg ich nüchtern in 1000 Jahren nicht hin. Die verlieren nicht so ihr Bewusstsein, wie es mir immer wieder passiert. Aber an diesen will ich mich weder messen noch orientieren, weil ich habe einen anderen Bezug zu dieser Rausch-Droge. Ich nenn es jetzt einfach mal Rausch-Droge.
Ich begebe mich beim Konsumieren von Alkohol in eine Lebenslüge. Der Alkohol macht mich zunächst geselliger, als ich in Wirklichkeit bin. Das schafft in mir einen Widerspruch zu meiner Ausrichtung im nüchternen Zustand. Denn nüchtern will ich mich ja mit dem inneren Eremiten, mit der Einsamkeit anfreunden. Dann hadere ich mit mir selbst und werde zunehmend aggressiver. Gegen mich selbst... und gegen Dinge, die mir im Weg stehen. Auf dem Heimweg von der Kneipe schimpfe und fluche ich oft vor mich hin, was ich doch für ein verfl... A...Loch bin. Das wurde mir schon oft von Bekannten berichtet, die zufällig aus dem Fenster guckten.
Na und so komm ich hier an, schalt den Computer ein und logg mich im Forum ein. Da kann man sich dann denken, wie es zu manchen Beiträgen kommt.
Die Aussage "ich erwarte nichts von meinem ganzen Leben" finde ich traurig.
Ich nicht. Was sollte mir das Leben schenken, wo es sich mir doch bereits geschenkt hat, durch mich, in mir in Erscheinung getreten ist? Ich lebe bereits, was will ich mehr? Was soll ich mir von dem erwarten, das mich vorwärts treibt? Und es schenkt sich mir weiter. Jeden Morgen, an dem ich erwache und selbst nach jedem Vollrausch, den ich gesund überstanden habe schenkt sich mir das Leben aufs Neue, gibt mir die Möglichkeit und Kraft, wieder aufzustehen und weiter zu gehen.
Ich hab mir schon manchmal gedacht: vielleicht ist das ein unbewusster Grund, dass ich immer wieder meine Sinne im Vollrausch abgetötet habe... um im Anschluss daran meine Wiedergeburt zu feiern. Ich sag das nicht nur so zum Spaß. Manchmal kommt`s mir wirklich so vor.
Außer du bist da angekommen wo du sein willst.
Ich weiß nicht, wo ich sein will.... ich bin wo ich bin. Aber ich denk mal drüber nach, wo ich sein wollen könnte. Hmmmm.... was gäb`s da.... mit einer Familie in einem Haus im Grünen vielleicht, auf einem Bauernhof als weitgehender Selbstversorger.... mit einem Fallschirm in einem Flugzeug, kurz vor dem Absprung.... mit Seil und Haken an einer Steilwand.... solche und ähnliche Sachen fielen mir schon ein. Aber für vieles ist es zu spät und außerdem fehlt mir die Zeit, mich mit meinen Wunschträumen zu beschäftigen.
Aber das glaube ich nicht. Allerdings kann ich mir jetzt vorstellen warum du an deiner Situation nichts ändern und wohl nie von dem Alkohol loskommen wirst. Warum solltest du in irgendeiner Weise etwas tun wenn du keine Erwartungen, Wünsche oder Träume hast?
Siehe oben

Das ich nie vom Alkohol loskommen werde, das stimmt mich allerdigs ein wenig traurig. :-(
Du hast ja noch nicht mal die Erwartung an ein Leben ohne Alkohol.
Doch. Das hab ich sehr wohl und das krieg ich auch hin. Das ist einer der wenigen Wünsche, die ich in diesem Leben noch verwirklichen kann. Nüchtern zu bleiben.
Warum dann die Qual des Entzugs auf dich nehmen?
Der physische Entzug dauert bei mir ein paar Tage. Mit der Qual bin ich immer noch fertig geworden.
Du hast dich meiner Meinung nach selbst Schachmatt gesetzt. Und solange das so ist kann man (ich) mir wahrscheinlich den Verstand mit guten Ratschlägen wegquasseln. Aber immerhin willst Du nicht dass dir nach dem Mund geredet wird. Und in einem hast Du recht: nur Du kannst dich reparieren. Aber manchmal braucht man dafür das eine oder andere Werkzeug. Und ich bin mir nicht sicher ob du dieses Werkzeug hier findest.
Hier? Doch, sehr wohl. Hier habe ich das bisher beste Werkzeug zur Ordnung meiner Gedanken gefunden. Vielleicht finde ich noch mal ein anderes, das mag sein. Aber im Moment gibt es kein besseres Werzeug. Für mich wohlgemerkt. Für manche mag es ein Sitzungssaal sein, wo man Weltprobleme oder esoterische Fragen diskutiert, für andere ein Spielzeug, mit dem man sich die Zeit vertreibt.... für mich ist es in erster Linie ein Werkzeug zur Ordnung meiner Gedanken.
Der Heilige vom Berg hat mit Sicherheit nicht gejammert. Der war ja schließlich heilig! Hats überhaupt mal nen jammernden Heiligen gegeben?
Ja, wer heilig ist ist gesund und heil, ich spreche vom Seelenheil... und der hat wohl keinen Grund zu jammern. Das heißt aber sicher nicht gleichzeitig, dass einer, der nicht jammert, automatisch heilig ist. Denk ich mir zumindest.
Wenn das Jammern nur dir dient dann ist es meiner Meinung nach unnötig darauf einzugehen. Denn du kannst dich ja nicht durch unsere Antworten und Reaktionen spüren oder erfassen wo du gerade stehst. Sondern nur durch Jammern. Was soll man sich da den Mund fusselig reden?
Das sollte jeder halten wie er/sie will. Ich hab ja im letzten Posting erwähnt, dass manche Kommentare durchaus zum weiterdenken anregen. Das kann nie ein Fehler sein.
Das ist gut. Dann kann man dich also ruhig jammern lassen und braucht dich nicht zu trösten.
Man darf auch mit mir schimpfen, wenn ich schlimm bin.
Es ist sogar viel wichtiger als die Grenzen des anderen zu erkennen. Nein, das stimmt nicht ganz. Wenn man eine Grenze beim anderen erkannt zu haben glaubt sollte man schon innehalten. Aber ich muß primär auf mich achten damit ich meinem Gegenüber sagen kann jetzt ist es genug oder dass ich mich zurückziehen kann.
Hmmm... das klingt nicht schlecht, wenn ichs richtig verstehe. Ich arbeite da auch ständig an mir und werd wohl nie fertig.... nie richtig perfekt.
Dazu kann ich wenig sagen außer dass pure und bedingungslose Ernsthaftigkeit auf mich bedrückend und lähmend wirkt.
Ja... und trotzdem passieren auch mir hier immer wieder Fehler, ich krieg was in den falschen Kragen, nehm mich zu wichtig, zu ernst und kipp rein in einen Groll. Aber es wird besser, da glaub ich dran.
Natürlich kann man in einem Forum keine Probleme lösen, aber man kann Impulse zur Problemlösung bekommen. Die Antworten kommen ja schließlich von ganz realen Menschen mit ganz realen Problemen. Wenn mir ein Gespräch mit einem Freund bei meiner Problemlösung helfen kann dann kann es auch das Gespräch in einem Forum. Die Lösung selbst passiert natürlich woanders. Die passiert erst immer in mir selbst und ich bin nicht die Person im Forum sondern die im täglichen Leben.
Seh ich schon auch so. Nur muss man wahrscheinlich ein Gefühl entwickeln, in was für einer Art Thread man gerade gelandet ist. Diese Form hier deckt ja eine sehr breite Bereichspalette zwischen Fun und Ernst, aber auch zwischen weltlich und spirituell ab. Ich meine jetzt nicht die verschiedenen Themenbereiche, sondern was sich entwickeln kann.
Ich schreibe mich auch oft frei, kann aber auch durch erhaltene Antworten weiteren Trost empfinden. Das Schreiben macht aus ungeordneten Gefühlen geordnete Gedanken.
So ähnlich seh ich das auch. Und es gab auch schon Situationen, wo mir Trost ganz gut tat. Ein Todesfall im April.... da fand ich hier doch auch Trost. Die Betreuung meiner Mutter betreffend, da suche ich keinen Trost. Hier gehts mir darum, in meine Mitte zu finden und Gleichgewicht zu erlangen. Das gelingt mir durchs Schreiben.
Mit nicht interessiert meinte ich dass es doch dem realen und virtuellen Umfeld erst einmal egal ist ob du arbeitest oder zu Hause bleibst und deine Mutter pflegst. Diese deine Situation wird erst dann interessant wenn Du dich beklagst.
Das versteh ich jetzt besser.
Und da fand ich dich hin und her springend. Erst dachte ich oh der arme Mann muß zu Hause seine Mutter pflegen. Und dann beklagst du dich plötzlich dass du im Fall der Nichtpflege sowas ödes wie evtl. Fabrikarbeit machen mußt.
Klar muss ich springen. Wenn ich in einem Tief bin, muss ich nach Oben springen. Wenn ich durch ein dunkles Tal gehe und auf einen sonnigen Gipfel will, dann muss ich Berg an gehen, werde vielleicht viel schwitzen, aber mein Gemüt wird sich auf dem Weg verändern. Ich bin früher gern mit dem Mountainbike Berg an gefahren. Fast lieber als Berg ab, weil die Abfahrt war gefährlicher. Heute ist es mir fast schon egal, in welche Richtung die Fahrt gerade geht. Bin ich unten, will ich nach oben. bin ich oben, dann fahr ich nach unten. Und immer verändert sich dabei mein Gemüt und das merkt man natürlich auch in der Außenwelt.
Aber jetzt würde ich gern mal eine Weile Oben bleiben. Sofern ich oben ankomm... noch bin ich es ja nicht. Mein letzter Absturz liegt noch zu kurz zurück. Aber ich bin müde vom vielen Auf und Ab.
Und da hörte dann das anfängliche Mitgefühl auf. Wenn arbeiten schlimmer als Pflege erachtet wird kann die Pflege nicht so schlimm sein.
Auch Pflege ist mit Arbeit verbunden.
Ich selbst rede ja nie von der Pflege meiner Mutter sondern nenne es Betreuung. Pflege erinnert mich zu sehr an allerschwerste Fälle, wie ich sie wohl schon gesehen habe, aber wirklich nicht erleben möchte.
Aber gut, das ist Wortglauberei meinerseits.
Also warum dann überhaupt das Klagen? Und sich beklagen dass man dann ja arbeiten müsse, stößt mir sowieso übel auf. Das müssen viele. Ich auch. Mein Mitleid oder Verständnis hält sich da in Grenzen.
Und ob die Arbeit dann mal nicht Spaß macht ist auch irrelevant.
Ich muß mir meine Brötchen und meine Miete verdienen. Wer das nicht kann tut mir Leid und wer das nicht möchte ist für mich ein Schmarotzer.
Darüber will ich jetzt nicht streiten. Ich bin in gewisser Weise ein Idealist und fände es gut, wenn jeder die Arbeit finden und machen könnte, die ihm Spaß macht, Freude bereitet und er trotzdem davon leben kann. Das halte ich für gesünder, aber das ist ein Ideal, ich weiß.
Mein Beitrag ist auch zu lang, darum kommt noch eine kurze Fortsetzung....