Liebe Leute,
ich akzeptier ja, dass Ihr mein Angebot, mit zirkulären Fragestellungen an die Ressourcen hinter so einem Gefühl zu kommen nicht annehmen wollt oder könnt. Ist ja schon gut....
Also sag ich was zum "Hass". Kann sein, dass es sich in dem einen oder anderen Beitrag schon wieder findet. Dann sorry. Vielleicht ist dieses Bild vom Hass aber auch eine Ergänzung und Erweiterung.
*klugscheißermodus an*
Der Hass ist - ebenso wie Wut - kein Primärgefühl. Ein dem Hass oder der Wut ähnliches Primärgefühl wäre der Zorn. Der ist nur kurz, heftig und verraucht wieder. Zudem ist er meist Sitautionsangemessen.
Der Hass hingegen ist ein Gefühl (wie auch die Wut, das Leiden und andere Sekundärgefühle), das vom Hassenden "gepflegt" wird. Er ist wie alle Sekundärgefühle ein mittelbares und nicht unmittelbares Gefühl. Er wird erst gelernt. Primärgefühle müssen nicht gelernt werden.
Wenn der Hass lang genug gepflegt (oder unterdrückt, statt in das dahinter liegende Primärgefühl rückverwandelt) wird, kann er auch systemisch von Nachfahren übernommen werden. Oft über mehrere Generationen. Dies wird dann noch unterstützt durch entsprechende Glaubenssysteme (über die Berechtigtheit des Hasses und über das so genannte "Böse" das dem zu Hassenden innewohnt), welche die Wahrnehmung ersetzen sollen. Dies führt zu und schürt fast alle ethnischen Konflikte auf der Welt. Oft wird dabei noch "Gott" in der einen oder anderen Form zuhilfe genommen um den Hass und die dem gegenüber stehende eigene "Auserwähltheit" zu begründen.
Wer hasst, fühlt sich meist als Opfer. Und er glaubt, dass er, weil er das Opfer und der zu Hassende der Täter seien, mehr Rechte habe, als der zu Hassende. Unter Anderem kann dies das Recht beinhalten, dem anderen etwas Schlimmes anzutun bis hin zum Mord.
Oft erleben Menschen, in deren Familien schon lange jemand mit Hass ausgegrenzt wird, den Hass selbst nicht mehr, sondern haben auch ihn durch ein Sekundärgefühl ersetzt: dies kann zwanghaft "positives Denken", Gutmenschentum oder ein Engelsgeliches Selbstgefühl, "Heiligkeit" und entsprechednes "Fühlen" ebenso sein, wie ein Gefühl, nichts derartiges wie Hass fühlen zu "können" oder auch "Ich liebe doch alle".
Ein krasses Beispiel für solche (vielleicht tertiären Gefühle) mag der letzte Minister für Staatssicherheit der DDR, Erich Mielke gewesen sein.
Wer ein Sekundärgefühl hat (wie den Hass z.B.) ist bestrebt, ständig in sich selbst oder von anderen die Bestätigung für die Berechtigung seines Gefühls abzufragen (weil er im Grunde irgendwo ahnt, dass es nicht berechtigt ist). Dazu kann ein Hassender vor allem dazu neigen, auch andere dazu bewegen zu wollen, die gehasste Person ebenfalls zu hassen - womit er dann ja "nachweislich" im Recht wäre. Und das ist ein wesentliches Merkmal für Hass als instrumentelles Sekundärgefühl: man fühlt sich im Recht!
Gleiches gilt für alle über den Hass "gelegten" Ersatzgefühle.
Ersatzgefühle/Sekundärgefühle sollen den, der sie "nutzt"/entwickelt u.a. vor den darunter liegenden Primärgefühlen "schützen" oder Andere (ähnlich wie beim gepflegten Leiden und Jammern) zu (Täter-) Handlungen bewegen/manipulieren, die sie ohne den geschürten Hass nicht ausführen würden und könnten. Hass ist insofern also immer ein Teil eines Drama-Dreiecks von Opfer-Retter-Verfolger wobei eine Funktion sein kann, von den Täterimpulsen abzulenken oder sie zu rechtfertigen.
Ein häufiges Beispiel: Jemand hat Dich verlassen. Eine große Liebe ist zuende und Du liebst aber irgendwie immer noch. Der Schmerz über das zerstörte Glück und das "Verbrechen" der Trennung ist übermächtig. Trennungs-Schmerz wäre hier das angemessene Gefühl/Primärgefühl. Dieser Schmerz wird umso stärker sein, je tiefer die Bindung geht. (Mit der Zunahme der Anzahl an Beziehungen nimmt dies zumeist ab, weil mit jeder Beziehung/Bindung die Bindungsfähigkeit <nicht die Liebesfähigkeit! Die wird mehr!> abnimmt - es gibt also Licht am Ende des Tunnels!).
Der Trennungsschmerz, zumal wenn er noch einen anderen, früheren unverarbeiteten Trennungsschmerz aus der Kindheit "triggert", wird als lähmend und übermächtig erlebt. Man kann ihn nur erleiden und so die Trennung ver-schmerzen. Irgendwann, wenn man sich ihm stellt, wäre er zuende. Das Leid (so es nicht aufgehalten wird) will vorbei sein.
Aber da der Schmerz oft so derart fies und lähmend ist, sucht sich der Mensch etwas, das er meint "in die Hand bekommen" zu können, etwas Kontrollierbares. Schmerz geht zudem in seiner Bewegungsrichtung bei den meisten Menschen von außen nach innen.
Jetzt sucht der Mensch, suchst du, nach etwas, das nach außen gerichtet sein kann und das Du "los werden" kannst. Ein geeignetes Gefühl wäre da die Wut. Wut geht auf den Anderen los und hat eine Bewegung von innnen nach außen. Da wir oft nicht unterscheiden können zwischen Wut und Zorn, erleben wir diese Ersatzwut zunächst als völlig angemessen. Wer wütend ist, klagt an, findet die Fehler und Untaten des Anderen, sammelt seine Vergehen und sucht das Bild vom und die Liebe zum Anderen damit abzutöten, weil er glaubt, damit den Schmerz abtöten zu können. Da Wut sich nach außen richtet, wirkt sie subjektiv und scheinbar "erleichternd". Jetzt kann man sich im Recht fühlen und nach Herzenslust auf dem Anderen herumhacken. Am liebsten würden wir ihn umbringen - zumindest in der Fantasie. De Schmerz wurde scheinbar durch die Wut "verdrängt". Je mahr Wut, desto weniger Schmerz scheint da zu sein - eine Wahrnehmungstäuschung.
Wir müssen nun wissen, dass unser unbewusstes Gewissen und die Seele, in der wir aufgehoben sind, nicht zwischen geplanten, fantasierten und ausgeführten Taten unterscheiden (können). Unbewusst ist das alles vom gleichen Stellenwert.
Da wir zudem ein unbewusstes Bedürfnis nach Ausgleich von Geben und Nehmen (eben auch im Bösen) haben, wird die Wut irgendwann ein Problem. Wenn wir den Anderen oft genug im Geist ermordet (und ihm vielleicht sogar tätlich im Außen etwas angetan haben - vielleicht eine neue Beziehung von ihm zerstört oder etwas in seinem Leben - z.B. beruflich - zerstört) und uns gerächt haben, stellen wir fest, dass wir über das Maß des "gemäßen Ausgleichs" gegangen sind. Dieses Maß wäre erreicht, wenn wir ihm einen ähnlichen Schmerz zugefügt hätten, wie er uns.
Das Übermaß darf aber für das Gewissen nicht sein. Schon aus Überlebensgründen, denn jetzt wäre der Andere ja im recht, uns verlassen zu haben oder könnte uns zu Recht etwas Schlimmeres antun.
Also finden wir neue Gründe, wieso die schlimmsten Taten gegen den Anderen gerechtfertigt seien und setzen sie fort. Wir beginnen (vor allem, wenn wir gut trainierte "Opfer" sind) andere davon zu überzeugen (die sich nur allzu oft in vermeintlichem Mitgefühl, das wir auch von ihnen fordern, ergehen), dass wir zu Recht eine Wut auf den Verlassenden haben.
Wenn wir Pech haben, machen die Anderen an dieser Stelle mit.
Und wenn wir nun lange und intensiv genug unsere Wut gepflegt haben. so steigert sie sich in Hass. Wenn wir Nachkommen haben, kannes sein, dass diese die Schwäche und den Schmerz unter dem Hass spüren und "helfen" wollen - wie Kinder nun mal sind. Sie übernehmen - ebenso wie vermeintlich "helfende" Freunde z.B. - die Hassgefühle, weil sie unbewusst spüren, dass der Schmerz darunter liegt und das für eine (weil ihnen ja vorgelebte) praktikable Bewältigungsstrategie halten.
Hinzu kommen dann noch die bereits lange bekannten Verwechslungen, auch Übertragung genannt. Das "Objekt" der/s Wut/Hasses wechselt, weil z.B. die Originalperson nciht mehr verfügbar ist. Es wird generalisiert. Dies passiert interessanterweise nicht nur individuell, sondern auch systemisch.
So kann es sein, dass im Laufe der Zeit sich nicht nur das Hassgefühl (eigentlich der Trennungsschmerz), sondern auch das Objekt den "Besitzer wechselt". (=Doppelte Verschiebung) Keiner der Beteiligten wird sich dessen aber bewusst.
Allerdings sind die Hassenden nicht mehr bereit, dem Gehassten (mitunter wird der später dann auch mit dem Hass gleich gesetzt) in die Augen zu schauen. Das würde nämlich dazu führen, dass die inneren Bilder zerstört werden könnten, yaus denen sich die vermeintliche Berechtigung zum hassen herleitet. Nicht umsonst ist es in allen Armeen der Welt üblich, den "Feind" nicht als Individuum mit eigenen Zügen darzustellen sondern als Stereotyp. Das soll Übertragung und Projektion erleichtern.
Hat der Hass erst einmal systemische Dimensionen oder gar welche von etnischen Gruppen erreicht, so wird er oft auch dazu benutzt, die ZUgehörigkeit zu regeln. Wer den/die Gehassten ebenfalls hasst, der darf dazu gehören, wer dies nicht zu tun bereit ist, der gehört zwangsläufig zu den Anderen und wird ebenfalls ausgeschlossen und mit Hass (und Schlimmerem) bedacht. Eine ungute Regelung für Zugehörigkeit. Sehr oft vertreten in Volksgruppen, die sich "auserwählter" als andere und überlegen fühlen. Terroristen aller Richtungen fühlen sich oft "auserwählt" und einer Gottesinstanz vermeintlich näher als andere.
Was hilft nun, solche Gefühle aufzulösen um an die darunter verborgenen eigentlichen Gefühle (oder mitunter Fakten) zu kommen und sich von diesen lösen zu können?
Hat es noch keine Verschiebung gegeben und geht es beim Hassenden um den, der eigentlich Betroffen wäre, so kann man Mehreres machen. Das richtet sich je danach ob...
- der Hass in erster Linie Ersatz für Schmerz ist
- der Hass eigene "Schuld(igkeit)" oder Ausgleichsschulden gegenüber dem Anderen verdecken soll.
- der Hass schon ein systemischer oder etnnischer Hass ist, der sich aus dem irrigen Versuch des Ausgleichs im Böse zwischen Völkern und Volksgruppen herleitet
Im ersten Fall hilft das Anschauen, das In-die-Augen-schauen. Dabei kann hilfsweise jemand Drittes den Gehassten vertreten. Wichtig ist, dass der Hassende nicht handelt (!!!) sondern nur schaut, bis er die andere Person klar sehen kann. Es kann sein, dass der zuvor Hassende dabei an den großen verdectenSchmerz gerät. dann hilft es, den zuzulassen und zu ver-schmerzen.
Im zweiten Fall hilft die Frage:
"Was hab
ich dir nur angetan, dass ich dich so hassen muss?"
Stellt sich der Betreffende der Antwort, so kann er erkennen, welchen Ausgleich er dem Anderen vielleicht schuldet und seine Schuld begleichen. Erst dann ist er frei.
Im Dritten Fall hilft der Mut, sich gemeinsam mit dem gehassten Täter den Opfern und ddem Schmerz zu stellen und sie gemeinsam zu betrauern und den vermeintlichen Täter als zugehörig und ebenbürtig anzuerkennen. Das ist der schwerste Weg.
Wie kam es - in Foren ist das immer ein gefährliches Thema - dazu, dass Millionen Menschen "Heil" geschrien haben und den Genozid gerechtfertigt fanden (oder ausblenden konnten)? Sie fühlten sich im Recht! Und sie fühlten sich als Opfer! Und sie übernamen einen Hass, der schon tausende von Jahren alt war! Einer, der ganz anderen gehörte. Einer zu dem die Mneschen natürlich keine Berechtigung hatten. Aber das war niemandem bewusst. Sollte es auch damals nicht sein. Heute ist das weiter gegangen. Der Hass hat sich weiter verschoben.
So weit erst mal.
*Klugscheißermodus aus*
A.