Hallo,
ich arbeite mit Demenzerkrankten, in einer Tagespflege, verbringe also oft mehr als 8 Stunden täglich mit ihnen, Frühstück, Bewegung, Denkspiele, gemeinsames Singen, Mittagessen, zur Mittagsruhe bringen, verschiedene Einzel- und Gruppenaktivierungen, Auslenken bei Unruhe / Unsicherheit, auf die Toillette begleiten ... das volle Programm... ich habe auch schon stationär gearbeitet, viele saßen schon im Rollstuhl, manche habe ich beim Sterben begleitet ...
Was am Anfang des threads geschrieben wurde .... da stehen mir die Haare zu Berge. Jeder Demenzerkrankte hat seine eigene Krankheitsgeschichte. Es gibt verschiedene Ursachen, es gibt hochgradig aggressiv verlaufende Krankheitsgeschichten, und wiederum andere, die stabil in einer gewissen Demenenzform bleiben. Es gibt solche, dei nur um sich selbst kreisen (und dabei ähnlich hilfsbedürftig sind wie Kleinkinder, die ebenfalls nur um sich selbst kreisen), und wieder andere, die sich ganz rührend um andere kümmern, total hilfsbereit ...
Da Demenz vor Allem das Großhirn betrifft, und dieses eben die Gefühle steuert, Impulse filtert, kommt meiner Ansicht nach der Grundcharakter, der Wesenskern in einer bestimmten Phase der Demenz besonders deutlich zu Tage. Wer sehr egoistisch war, wird nun fatal egoistisch, vielleicht auch ungehalten ... wer immer für andere da war, braucht genau dieses Gefühl und Felder, dies auszuagieren, jetzt umso mehr ...
Demenz ist eine Krankheit, die jeden treffen kann. Ich denke da nicht im Ursache-Wirkungs-Komplex, sondern in Parallelitäten. Bei einer Frau wurde die Demenz offensichtlich (lange Zeit schleicht sie nämlich ungesehen daher), als ihr Sohn auszog und sie nun alleine war ... ich empfinde es schon auch als eine körperliche Bewältigungsstrategie vor zu viel Schmerz ... seitdem sie in der Tagespflege wieder in einer Gemeinschaft ist, haben sich sogar manch dementielle Defizite ein Stück weit zurück gebildet - eben weil durch die Aktivierung das Gehirn wieder etwas zu tun bekommt.
Bei einem anderen Fall war die Demenz so aggressiv wie schlimmer Krebs, innerhalb von einem Jahr ist diese Person gestorben ... als sie zu uns kam, war kognitiv noch total viel da, Essen und Toillette funktionierten selbständig ... nach einem Jahr war das Sprachvermögen stark dezimiert, Bewegungen unkoordiniert usw... es war ein äußerst sympathischer Mensch, und sein schnelles Sterben hat das ganze Team sehr betroffen gemacht.
Ich denke, bei den Menschen, die an schleichender Demenz leiden, also einem allmählichen Abbau bestimmter Hirnregionen, ist dies einfach ihre Art, sich vom Leben zu verabschieden - früher oder später endet die Demenz (wie jedes Leben) mit dem Tod ... manchmal ganz schnell, manchmal über Jahre hinweg. Es ist eine Form, sich aus dem Leben zurück zu ziehen, mit dem gelebten Leben abzuschließen (wobei frühere Erinnerungen noch sehr lange bestehen bleiben, oftmals Vergessenes aus der Kindheit z.B. zurück kommt). Die Krankheit fordert, all die schon einmal gelebten Gefühle nochmals (ungefiltert, und hoffentlich mit liebevoller kompetenter Begleitung) zu durchleben, und dann - wenn die Demenz so gnädig ist, das fortgeschrittene Stadium zu erreichen - seinen Frieden damit zu finden.
Ich kannte eine demente Frau, die war eigentlich nur noch am Träumen ... sie war zu keinen selbständigen Handlungen (z.B, Essen) mehr fähig. Aber wenn Du sie freundlich angesprochen hast, hat sie langsam den Kopf gehoben, mir in die Augen geschaut, gelächelt, "Ja" gesagt und gelacht. Und dabei immer noch die Würde ausgestrahlt, die sie in ihrem Leben aufgebaut hat...
Liebe Grüße
ich arbeite mit Demenzerkrankten, in einer Tagespflege, verbringe also oft mehr als 8 Stunden täglich mit ihnen, Frühstück, Bewegung, Denkspiele, gemeinsames Singen, Mittagessen, zur Mittagsruhe bringen, verschiedene Einzel- und Gruppenaktivierungen, Auslenken bei Unruhe / Unsicherheit, auf die Toillette begleiten ... das volle Programm... ich habe auch schon stationär gearbeitet, viele saßen schon im Rollstuhl, manche habe ich beim Sterben begleitet ...
Was am Anfang des threads geschrieben wurde .... da stehen mir die Haare zu Berge. Jeder Demenzerkrankte hat seine eigene Krankheitsgeschichte. Es gibt verschiedene Ursachen, es gibt hochgradig aggressiv verlaufende Krankheitsgeschichten, und wiederum andere, die stabil in einer gewissen Demenenzform bleiben. Es gibt solche, dei nur um sich selbst kreisen (und dabei ähnlich hilfsbedürftig sind wie Kleinkinder, die ebenfalls nur um sich selbst kreisen), und wieder andere, die sich ganz rührend um andere kümmern, total hilfsbereit ...
Da Demenz vor Allem das Großhirn betrifft, und dieses eben die Gefühle steuert, Impulse filtert, kommt meiner Ansicht nach der Grundcharakter, der Wesenskern in einer bestimmten Phase der Demenz besonders deutlich zu Tage. Wer sehr egoistisch war, wird nun fatal egoistisch, vielleicht auch ungehalten ... wer immer für andere da war, braucht genau dieses Gefühl und Felder, dies auszuagieren, jetzt umso mehr ...
Demenz ist eine Krankheit, die jeden treffen kann. Ich denke da nicht im Ursache-Wirkungs-Komplex, sondern in Parallelitäten. Bei einer Frau wurde die Demenz offensichtlich (lange Zeit schleicht sie nämlich ungesehen daher), als ihr Sohn auszog und sie nun alleine war ... ich empfinde es schon auch als eine körperliche Bewältigungsstrategie vor zu viel Schmerz ... seitdem sie in der Tagespflege wieder in einer Gemeinschaft ist, haben sich sogar manch dementielle Defizite ein Stück weit zurück gebildet - eben weil durch die Aktivierung das Gehirn wieder etwas zu tun bekommt.
Bei einem anderen Fall war die Demenz so aggressiv wie schlimmer Krebs, innerhalb von einem Jahr ist diese Person gestorben ... als sie zu uns kam, war kognitiv noch total viel da, Essen und Toillette funktionierten selbständig ... nach einem Jahr war das Sprachvermögen stark dezimiert, Bewegungen unkoordiniert usw... es war ein äußerst sympathischer Mensch, und sein schnelles Sterben hat das ganze Team sehr betroffen gemacht.
Ich denke, bei den Menschen, die an schleichender Demenz leiden, also einem allmählichen Abbau bestimmter Hirnregionen, ist dies einfach ihre Art, sich vom Leben zu verabschieden - früher oder später endet die Demenz (wie jedes Leben) mit dem Tod ... manchmal ganz schnell, manchmal über Jahre hinweg. Es ist eine Form, sich aus dem Leben zurück zu ziehen, mit dem gelebten Leben abzuschließen (wobei frühere Erinnerungen noch sehr lange bestehen bleiben, oftmals Vergessenes aus der Kindheit z.B. zurück kommt). Die Krankheit fordert, all die schon einmal gelebten Gefühle nochmals (ungefiltert, und hoffentlich mit liebevoller kompetenter Begleitung) zu durchleben, und dann - wenn die Demenz so gnädig ist, das fortgeschrittene Stadium zu erreichen - seinen Frieden damit zu finden.
Ich kannte eine demente Frau, die war eigentlich nur noch am Träumen ... sie war zu keinen selbständigen Handlungen (z.B, Essen) mehr fähig. Aber wenn Du sie freundlich angesprochen hast, hat sie langsam den Kopf gehoben, mir in die Augen geschaut, gelächelt, "Ja" gesagt und gelacht. Und dabei immer noch die Würde ausgestrahlt, die sie in ihrem Leben aufgebaut hat...
Liebe Grüße