DDR - ausgelagert aus "Russland greift Ukraine an"

Dann kommt halt automatisch auch das wieder hoch, was man verloren hat. Und das was man verloren hat ist sehr persönlich. Der ganz spezielle Zusammenhalt der Ossies zum Beispiel. Das hat sich aus den Umständen so ergeben. Die Generation nach dir weiss schon gar nicht mehr wie sich das anfühlt.

Das nochmal anschauen müssen ist auch ein nochmal anschauen dürfen. Dann kommt die Trauer und wenn die Tränen versiegt sind, erinnert man sich wieder an die schönen Momente und an die Bekannten von früher und wie man zusammen gelacht hat, aber auch dass man vielleicht diese Bekannten von damals wieder mal kontaktieren könnte.


Vereinzelte werden das gemacht haben. Vereinzelte. Aber das Gefühl, dass man jetzt erniedrigt wird oder herablassend behandelt wird, ist in den Menschen selber gewachsen. Ihnen wurde bewusst, dass sie nur bedingt auf den Westen vorbereitet waren und einiges lernen müssen, was für die anderen selbstverständlich ist. Nicht alles was sie lernen mussten war schön. Dazu ein kleines Beispiel:

Ein, zwei Jahre nach der Wende waren wir auf den Kanarischen in Urlaub. Wir freundeten uns mit ein paar Deutschen an und auch wenn mir die Ohren weh taten weil sie so gesächselt haben, hatte ich nicht auf dem Schirm, dass das ein Ossie-Dialekt ist. Für mich waren sie Deutsche. Dann fing der Mann an zu jammern: "Ständig werden wir übers Ohr gehauen. Die Kellner berechnen zu viel, dieser macht das, jener macht dieses. Ja mit uns können sie das ja machen. Wir sind für die ja eh zu blöd und haben keine Ahnung von nichts. Was können wir dafür, dass wir nie ins Ausland durften? Die merken, dass wir aus dem Osten kommen und nutzen uns aus. Das ist sowas von scheisse. Für die sind wir doch alle nur bettelnder Dreck... blabla."

Das ist sowas von nervtötend. Wo ist denn hier die Logik? Jeder wird auf den Kanaren mindestens einmal übers Ohr gehauen. Dann lernt man daraus. Der Unterschied ist, dass er es mit 40 lernen musste, wir halt schon mit 20. Aber er war tatsächlich der Überzeugung, dass 'die da' sowas nur mit den Ossies machen. Wenn sich so ein Denken mal festgesetzt hat, wird man es nur schwer wieder los.


So ist es. Objektiv betrachtet und mal von Einzelschicksalen abgesehen, ist die Wiedervereinigung doch eigentlich recht passabel abgelaufen. Das war auch für die unvorbereitete BRD ein Gewaltsakt.
So entstand das Bild der Jammerossis und der Besserwessis. Schlimm und beschämend. Dazu kommt noch, dass ich Sächsin bin.
 
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So entstand das Bild der Jammerossis und der Besserwessis. Schlimm und beschämend.
Dafür hast du den Besserwessis etwas voraus: Deine Erfahrungen, mit denen du dich in die Menschen, die heutzutage ihre Heimat verlieren, besser einfühlen kannst. Mit diesem Wissen kannst du für sie etwas tun, womit sie ihre Situation nicht als ganz so schlimm und beschämend empfinden.
 
Ich habe Menschen gesehen, die von heute auf Morgen nichts mehr wert waren ...
... bzw. sich so fühlten.


Die Selbstmorde übrigens - und solche gab es natürlich nicht nur von Ex-Stasi-Mitarbeitern o.ä. - begannen bereits mit der Wende - nicht erst mit der Wiedervereinigung.
Und das ist ein Phänomen, das sehr verständlich ist, nämlich sobald es einen gravierenden Umbruch in einem Staat gibt bzw. sobald ein staatliches System in seiner Gänze zusammenbricht, dann gehen gewisse Sicherheiten und Selbstverständlichkeiten plötzlich verloren und Menschen müssen einer teilweise sehr ungewissen Zukunft ins Auge blicken.
Dann kommen so einige mit so einem Umbruch einfach nicht klar und nehmen sich das Leben - besonders dann, wenn sich das ganze Leben zuvor noch nach vielen Vorgaben des Staates richten musste.

Das gab es nach dem Ende des zweiten Weltkrieges (siehe auch >hier<) genau so wie nach dem Ende der Sowjetunion ... und das gibt es auch in allen Ländern, in denen ein Krieg ausbricht oder deren Regierungsform plötzlich gänzlich verändert wird.

Das, was Du erlebt hast, tut mir sehr leid ...
 
Zuletzt bearbeitet:
Das, was Du erlebt hast, tut mir sehr leid ...
Mir auch, @east of the sun.
Aber für mich war auch noch diese Scheiß-Treuhand schuld an der ostdeutschen Verzweiflung. Die rasierte ja auch noch gute, erhaltenswerte Betriebe ab wie nix. Furchtbar!

Und dann kamen auch noch die kleinen ( privaten) und die etwas größeren Haie aus dem Westen, die Autos, deren Ersatzteile, Elektroartikel, und komplett unsinnige Versicherungen verkauften!
Dann gab es Immobilienspekulationen. Das war ein Geschäft der deutlich größeren Haie. Im Westen wurden Anteile an Plattensiedlungen angeboten wie trocken Brot...

Dazu kommt noch, dass ich Sächsin bin.
Ach, komm. Es ist vielleicht nicht der klangvoll schönste Dialekt, aber wer weiß, vielleicht wird er irgendwann mal ausgesprochen modern. Dann darfst DU lachen, über alle, die nicht so schwätzen können. *zwinker*
Ich habe mich recht früh daran gewöhnt. Mit 18 habe ich mal ein breitgefächertes Praktikum bei den Dortmunder Bühnen gemacht, und mein Chef im Malersaal war Sachse. Ein total guter und klasse Mensch!
Er hatte schon beim Beginn des Mauerbaus 'rübergemacht', und war inzwischen im Ruhrgebiet gesellschaftlich fest verankert. Mit seinem Sohn hatte ich eine Liebschaft. Also, ich habe "Vater Schwarzer" sehr gern gemocht, denn er war innerlich total gerade und aufrecht.

Deshalb hängt unser Wert in der Welt nicht davon ab, wo wir herkommen und wie wir sprechen, sondern wer wir sind.

Schaut mal ( okay, passt jetzt nicht richtig...), für alle stelle ich jetzt mal ein Gedicht ein, von Nelly Sachs, was mich als junge Frau sehr berührt hat, denn es prägte meine zukünftige Weltsicht - und mir deshalb immer noch präsent ist:


Kommt einer
von ferne
mit einer Sprache
die vielleicht die Laute
verschließt
mit dem Wiehern der Stute
oder
dem Piepen
junger Schwarzamseln
oder
auch wie eine knirschende Säge
die alle Nähe zerschneidet —


Kommt einer
Von ferne
mit Bewegungen des Hundes
oder
vielleicht der Ratte
und es ist Winter
so kleide ihn warm
kann auch sein
er hat Feuer unter den Sohlen
(vielleicht ritt er
auf einem Meteor)
so schilt ihn nicht
falls dein Teppich durchlöchert schreit —


Ein Fremder hat immer
seine Heimat im Arm
wie eine Waise
für die er vielleicht nichts
als ein Grab sucht.


Nelly Sachs

aus:
https://lyricstranslate.com

Geli
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn wir um die Krim eine Mauer bauen, dann ist sie weder russisch, noch ukrainisch, es ist 3 Staaten geholfen und wer will kann ausreisen um seine (alten) Träume erfüllen.

Und alles was man tun muss, ist so zu tun, als ob es die letzten 30 Jahre nicht gegeben hätte. Fällt vielen eh nicht schwer. 🤷‍♂️
 
Ich konnte mich noch nie für Ostalgie oder sächsisch sonderlich erwärmen.
Gruseligster Dialekt überhaupt.
Ich kann mich noch an Zeiten erinnern, da hörte der Wetterbericht an der deutsch-deutschen Grenze auf.
Als Kind war mir einzig die Mauer ein Begriff und das meine Eltern eine zeitlang Pakete in die DDR geschickt haben.
Die DDR wirkte auf uns Kinder irgendwie unwirklich.

1996 war ich mit meinem Mann beruflich in Leipzig unterwegs. Schicke neue Autobahnen, massenhaft ausgeschriebene Industriegebiete im Nirgendwo entlang der Autobahn, eine tolle Stadt Leipzig, wenn man im Zentrum unterwegs war.
An einem anderen Termin mussten wir nach Halle. Schlaglöcher und zerschossene graue Häuserfassaden sind mir in Erinnerung geblieben. Als wäre der Krieg gerade erst beendet worden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Und während in Leipzig die Straße vergoldet wurden, sind Städte wie Gelsenkirchen, Duisburg, etc. Pp bis heute dem Untergang geweiht.
 
Ich konnte mich noch nie für Ostalgie oder sächsisch sonderlich erwärmen.
Gruseligster Dialekt überhaupt.
Gruseliger Dialekt :ROFLMAO:. (sorry @east of the sun)

In der Schweiz gibt's auch so einen Dialekt, den keiner hören mag. Dann hat das Fernsehen mal einigen Touristen verschiedene Schweizer Dialekte vorgespielt und alle, aber auch alle haben gesagt, dass eben dieser gruselige Dialekt für sie am angenehmsten und melodischsten klingt. :(

Schlaglöcher... Als wäre der Krieg gerade erst beendet worden.
Daran erinnere ich mich auch noch lebhaft. Insbesondere, weil ich eine volle Blase hatte (ging nicht anders; diese Stehklos mit dem Loch am Boden und der Sauerei drum herum waren nichts für mich). Wenn man auf der Autobahn mehr als 60 fuhr, war das Auto kaputt.
 
Gruseliger Dialekt :ROFLMAO:. (sorry @east of the sun)

In der Schweiz gibt's auch so einen Dialekt, den keiner hören mag. Dann hat das Fernsehen mal einigen Touristen verschiedene Schweizer Dialekte vorgespielt und alle, aber auch alle haben gesagt, dass eben dieser gruselige Dialekt für sie am angenehmsten und melodischsten klingt. :(


Daran erinnere ich mich auch noch lebhaft. Insbesondere, weil ich eine volle Blase hatte (ging nicht anders; diese Stehklos mit dem Loch am Boden und der Sauerei drum herum waren nichts für mich). Wenn man auf der Autobahn mehr als 60 fuhr, war das Auto kaputt.
Es gab eine Zeit, da sprach man sächsisch weil die Gelehrten aus Sachsen kamen. Aber das ist lange her. Bach wird auch gesächselt haben.:)
Wenn ich mit Nichtsachsen zu tun habe versuche ich so weit es geht hochdeutsch zu reden. Aber am wohlsten fühle ich mich immer noch wenn ich so reden kann wie mir der Schnabel gewachsen ist.
Übrigens gibt es auch 2 Dialekte die ich nicht erhören kann. ;)
 
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