Eigentlich versuche ich das Thema Corona zu vermeiden, weil es ungewollt in mir Panikattacken auslöst, dennoch wollte ich kurz mal aus der Sicht eines Kollateralschadens berichten , obwohl ich schlussendlich sagen muss, das ich denke, das sich für mich alles zum Besten war. Ich habe viel gelernt.
Dennoch ist mir nach wie vor nicht klar, wie man den psychisch Aspekt der von den Massnahmen Geschädigten so ausblenden kann und es gesellschaftlich nicht akzeptiert ist überhaupt darüber zu reden.
Als Inhaberin einer Veranstaltungsagentur (spezialisiert für Kinder und Familien) habe ich von einem Tag alles verloren, was ich mir jahrelang mühsam aufgebaut habe (und ich stand immer finanziell am Abgrund da ich nie Kredite oä bekommen habe). Das Business lief 2019 endlich soweit gut.
Dann war von heute auf morgen von einem Tag Schluss. Das Schlimme dabei ist ja nichtmal der finanzielle Verlust, sondern der zwischenmenschliche. Ich musste mir von Freunden und Fremden ständig Vorwurfe anhören wo denn meine Rücklagen seien oder dann könnte ich doch mal was Anständiges machen und/oder lernen. Ich bin übrigens diplomierte Soz. Päd mit Auszeichnung. Ich musste ALG2 beantragen, ich habe noch nie staatliche Hilfe in Anspruch genommen zuvor. Ich musste mich vom Amt schikanieren und demütigen lassen. Ich hab nach Lösungen und Alternativen gesucht, die Firmen kosten laufen ja weiter. Ich hab rund um die Uhr gearbeitet, ich hab Politikern Bettelschreiben geschickt. Ich hab Zeitungen angeschrieben, ich hab heulend Menschen angebettelt, ich hab Merkel einen Brief geschrieben.
Meine Kollegin liess mich nach 15 Jahren sitzen, kurz nachdem wir einen gemeinsamen Firmenhilfskredit aufgenommen haben. Sonstige Hilfen kamen nicht an, oder wurden abgelehnt. Jetzt endlich im März kam nach langem Kampf die Nov. Hilfe.nach - für mich - 1 Jahr Lockdown.
Kleinere Aufträge kamen. Aber meisten wurden daraus wieder Stornos. Freiberufliche Mitarbeiter riefen mich verzweifelt an und heulten, Kunden riefen verzweifelt an, ich wurde zusätzlich zum Kummerkasten.
Für mich auch hart in Dland war der Moment als unsere Politiker in Sommerpause gegangen sind. Und ich stand da vor dem Nichts mit Perspektive ins Nichts.
Die Erlebendwelt ist ja je nach Umständen völlig anders. Meine Freundin arbeitet im Ministerium, da grillte man zusammen und mietete sich ein Floss etc. Man gönnte sich im Dez einen Corona Boni, meine Freundin hat sich so geschämt, sie gab mir ihren.
Seit März 2029 schlaf ich generell schlecht, Anfangs gar nicht, mir sind die Haare ausgefallen, ich hatte einen durchgängigen Tinitus und ständige Ohnmachtsanfälle. Wunden heilten nicht mehr, ich konnte kaum noch atmen. Im Dez meinte ich zu meinem Freund, ich hab vergessen wie sich Glück anfühlt. Ich kanns eigentlich immer noch nicht richtig spüren. Ich hab den Namen Sonne, weil ich von Natur aus eigentlich immer strahle.. Tjaa. Vorbei. Ich könnte jetzt eher vonne.tonne heissen.
Oft meinten ja Leute zu mir, es ginge allen viel schlechter, ich solle mal nach Brasilien schauen und doch lieber ein Kollateralschaden als tot. Ich wäre lieber tot gewesen. Ich war vorher nie suizidal.
Ich leugne Corona nicht, wir als Firma haben unglaublich gute Hygienekonzepte entwickelt. Ich mach Kleinevents zb Kinderschminken im Einkaufszentrum. Du kannst aber nirgends schminken wo es ein Aufenthaltsverbot gibt. Meine Nachbarn und co feiern weiter Partys, nur Dienstleister mietet man nicht, es könnte ja auffallen.
Im Februar musste ich den Notarzt rufen. Mein Puls war inzwischen regelmäßig weit über 100, als er kam 165, ist nachts beim Schlafen passiert. Und er wollte nicht mehr runter. Vermutlich wollte ich einfach mal gesehen werden und mir nicht ständig anhören müssen, ich solle nicht so übertreiben. Ich hatte zuvor immer wieder Erstickungsanfälle und - aussetzer. Das ist schlimm, wenn du nicht mehr atmen kannst, pure Panik entsteht, was alles schlimmer macht. Er meinte sie kommen immer öfter zu Menschen wie mir. Dann musste ich zum Kardiologen und hab Pillen bekommen, ich hatte offensichtlich vorher schon allerhand Attacken und co, ohne es zu merken (die Wochen davor), auch er meinte es kommen immer mehr wie ich. Einige überleben es gar nicht erst.
Ich kenn das auch von vielen Selbständigen, die sind mittlerweile richtig krank. Existenzangst und fehlende gesellschaftliche Unterstützung macht mürbe, ob man nun will oder nicht.
Die Oma von meinem Freund ist Nov20 gestorben. Sie hat die Pillen abgesetzt, sie hatte keine Lust mehr. Bei uns im Dorf sterben die Alten unnormal häufig derzeit. Es gibt nichts mehr derzeit, wofür es sich lohnt zu leben. Das sagen hier viele ganz offen.
Ich hab noch nie soviele Suizide erlebt in meinem Bekanntenkreis wie in letzter Zeit, häufig Musiker. Denn was viele Leute vergessen, ein Künstler nährt sich nicht nur von dem Geld, sondern auch und vorrangig vom Applaus, von der Anerkennung des Publikums.
Ich könnte noch ewig schreiben und ich hoffe, dass nicht der Eindruck entsteht ich wäre verbittert. Ich bin desillunisiert und ja auch entsetzt was abging.
Ich kann es bis jetzt nicht verstehen, warum man nicht auch offen darüber reden kann. Denn hier gehts vor allem um Versagen der Politik. Es hatte durchaus Möglichkeiten gegebenen zu stützen (zb Unternehmerlohn, Live Streams für Musiker.. Keine Ahnung was).
Und auch negative Meinungen und Stimmen müssen zugelassen werden, damit man sich in der Mitte trifft oder eben auch mal über Alternativen nachdenkt. ying yang, tag nacht, sonne mond oder.. Wieso geht das hier nicht? Wieso gibt es hier nur dieses eine richtig.
Ich sehe mit Besorgnis den Umgang mit der menschlichen Psyche oder aber auch mit der Gesundheit der Menschen. Der Durchschnittsdeutsche hat im letzen Jahr 10 Kilo zugenommen. Ich auch.Die Folgen von Übergewicht sind Todesursache Nr 1 in Dland. Als ehemaliger Soz. Päd mit Schwerpunkt psych Erkrankungen sehe ich mit Besorgnis was auf uns zukommen wird. Auch hier kann ich einfach nicht verstehen wie wenig fur die psych Gesundheitsfürsorge der Menschen getan wird.
Ausserdem finde ich nochmal, das die Leute in ihrer Angst teils eine sehr hässliche Fratze gezeigt habe. Egal welche Positionierung. Und dieses Gefinger Gezeige auf andere Länder. Die Korruption in der Politik die ungestraft bleibt, grosse Firmen die sich sanieren, während Lieschen Müller krachen geht. Wie wenig Wertschätzung Kunst und Kultur erfahren habe, obwohl es geschichtlich eine so lange Tradition hat.
Ich wünsche mir, dass das alles mal irgendwann aufgearbeitet wird. Ich wünsche mir, dass zukünftig der Umgang achtsamer ist, das jedes Leben und jeder Schmerz seinen Wert hat.
Jeder Tote sollte betrauert werden dürfen, auch öffentlich, auch der Künstler, der sich das Leben genommen hat oder der Selbständige, dessen Herz es nicht mehr durchgehalten hat hat Wert und Angehörige.
Noch was zum Schluss, was mich auch wahnsinnig betrübt. Ein "bleib gesund", ohne denjenigen zuvor zu fragen, wie es ihm überhaupt geht. Zeigt für mich einmal mehr, wie oberflächlich und ignorant unsere Gesellschaft mittlerweile geworden ist
