Auf Raten der Experten hin beschloss die Regierung von Ministerpräsident Naftali Bennett daher im Juli als weltweit erstes Land mit
Boosterimpfungen zu starten. Nachdem zunächst ältere Bürgerinnen und Bürger priorisiert wurden, sind inzwischen vier Millionen Menschen drittgeimpft – knapp die Hälfte der Bevölkerung. "Es steht außer Frage, dass der dritte Impfstoff, der Booster, Israel gerettet hat", sagte der Epidemiologe Gabriel Barbash, einer der wichtigsten Gesundheitsexperten des Landes, der "
Deutschen Welle". "Ich glaube, das Leben wird wieder normal werden, aber zu ein neues normal."
Organisiert wird die Impfaktion von den vier großen Krankenkassen des Landes. Um die Menschen zur Boosterimpfung zu motivieren, greifen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mancher Kassen sogar
selbst zum Hörer: "Hallo, ich rufe an, um Ihren Termin für Ihre dritte
Impfung zu vereinbaren."
Doch auch in Israel geht die dritte Impfrunde nicht geräuschlos vonstatten. Zwar ist die Impfskepsis in dem jüdischen Staat längst nicht so verbreitet wie in
Deutschland oder einigen osteuropäischen Ländern, viele hatten dennoch gehofft, dass sich der Corona-Spuk mit den ersten beiden Impfungen erledigen würde.
Wer sich nicht impfen lässt, wird ausgeschlossen
Besonders wuchs die Unzufriedenheit als die Regierung festlegte, dass nur noch diejenigen als vollständig geimpft gelten, die bereits die dritte Dosis bekommen haben – oder deren zweite Impfung weniger als ein halbes Jahr zurückliegt. Nur diese Menschen können den sogenannten Grünen Pass erneuern, der Zutritt zu Restaurants, Kinos, Fitnessstudios und Museen gewährt. Damit stellt die Regierung die Bürgerinnen und Bürger vor die Qual der Wahl: Wer sich nicht boostern lässt, wird von einem Großteil des öffentlichen Lebens ausgeschlossen.
Gegen den wachsenden Druck auf Ungeimpfte wehrt sich eine kleine, aber lautstarke Minderheit. In Tel Aviv und anderen Städten gibt es Samstagabends kleinere Demonstrationen gegen die Impfpolitik der Regierung. Dennoch ist die deutliche Mehrheit der Bevölkerung dem erneuten Impfaufruf Bennetts – wenn auch unter Zähneknirschen – gefolgt. Die Freiheit wieder alles zu machen wiegt für die meisten doch schwerer, als sich dagegen zu sträuben.
Doch das Problem bleiben diejenigen, die sich auch bisher nicht haben impfen lassen – vor allem ultraorthodoxe Juden und arabische Israelis. Seit Monaten steckt die Impfquote deswegen bei knapp über 60 Prozent fest.