Becher: An dem Tag, an dem man ins Krankenhaus, das nennen wir mal den Zeitpunkt null, also in dem Moment, an dem der Erreger in der Lunge ist und tatsächlich die Krankheit beginnt, an dem Tag kann man es schon messen. Praktische Implikationen sind vor allen Dingen dann, wenn die Anzahl an Intensivbetten eng wird. Heute ist es in den meisten europäischen Ländern, ich will nicht sagen, die Lage ist entspannt, aber zumindest erheblich entspannter, als sie mal war vor zwei, drei Monaten.
Aber in einigen Ländern ist es tatsächlich so, dass man eine Art Triage machen muss – das heißt, man kommt ins Krankenhaus, und der Arzt muss entscheiden, was mache ich mit dir. Und wenn wir mit einer hohen, hohen prozentigen Sicherheit voraussagen können, da hast du einen Patienten, der wird sehr krank werden, und hier hast du einen Patienten, der mit größter Wahrscheinlichkeit leicht davonkommt, die man aber von außen nicht so leicht unterscheiden kann.
Der Arzt nutzt ja subjektive Parameter: "mir geht es nicht gut", "ich kann nicht gut atmen", ... vielleicht hat man noch Fieber, dann geht auch die Anzahl von Blutzellen, insbesondere von weißen Blutzellen runter im Verlauf dieser Erkrankung, dann kann man eben doch relativ früh entscheiden, das ist in Ordnung, dich müssen wir nicht beatmen, und jemanden anders vielleicht dann viel, viel schneller entweder mechanisch beatmen oder tatsächlich auch mit den neueren Medikamenten behandeln.
Auch da gibt es neue Erkenntnisse dazu, die sehr spannend sind, glaube ich, dass wir Medikamente anwenden können, die halt spezifisch diese Botenstoffe, die diese Überreaktion auslösen, bekämpfen beziehungsweise neutralisieren kann – und das, ohne dass man dabei die Immunantwort gegen das Virus allgemein eliminiert, sondern wirklich sehr spezifisch diese schlechte Immunantwort wegnimmt. Das war der Hauptgrund, warum wir die Studie eigentlich gemacht haben, und der prädiktive Marker war eine Art Nebeneffekt.